Die Bunjewatzen (kroatisch Bunjevci, serbisch-kyrillisch Буњевци, ungarisch bunyevácok) sind eine südslawische Ethnie von überwiegend römisch-katholischer Konfession. Sie leben vornehmlich in der historischen Region Batschka, welche in der heutigen Vojvodina im nördlichen Serbien, in Kroatien (u. a. Senj und Umgebung, Ost-Slawonien, West-Srijem: Ilok, Vukovar, Županja, Vinkovci) und einem Teil von Ungarn liegt (Dreieck Baja-Subotica-Sombor), und sprechen die bunjewakische Mundart, einen ikavisch-štokavischen Dialekt des Serbokroatischen. Nach der Volksbefragung 2002 in Serbien lebten damals 20.012 Bunjewatzen mehrheitlich in der Vojvodina.

Zu Zeiten der Habsburgermonarchie gehörte die Batschka zum Königreich Ungarn. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde 1918 der größte Teil dieses Gebiets Serbien angegliedert und ab 1974 Teil der autonomen serbischen Provinz Vojvodina.

Bogoslav Kosović vermutete, der Name sei von der Bunje abgeleitet, einem Kraggewölbebau, in dem das anfänglich von der Transhumanz lebende Hirtenvolk zu übernachten pflegte. Laut Petar Vuković (2020) könnte der Name Bunjevac aus dem Verb „bunjati“ (Unsinn reden) stammen, das von orthodoxen Vlachen verwendet wurde, um ihre Verachtung für katholische Vlachen auszudrücken, und sich auf ihren Gebrauch der lateinischen Sprache in der Kirche bezieht.

Ethnische Einordnung

Viele Wissenschaftler (Matija Poljaković, Ante Sekulić,Lajčo Budanović, Ivan Evetović, Petar Pekić, Rudolf Horvat, Matija Evetović, Geza Kikić) nehmen anhand der Sprache, Religion, Familiennamen, Kulturverbindungen und anderer Kriterien an, dass die Bunjewatzen ursprünglich aus den Regionen Dalmatien (Zadar, Ravni kotari, Cetinska krajina), Podgorje (primorski Bunjevci: Senj, Krivi Put, Jablanac, Krasno), der Lika und aus der Herzegowina (das Gebiet um die Buna, Čitluk, Međugorje) stammen und sich im 18. Jahrhundert in Südungarn angesiedelt haben.

In Ungarn und Kroatien werden die Bunjewatzen als Kroaten zusammengefasst, soweit sie sich nicht selbst als Kroaten o.a. deklarieren. Vor allem in Serbien wollen jedoch einige Zehntausend als eine eigene Volksgruppe anerkannt werden. Vor und während der Zeit des Königreichs Jugoslawien und in der jüngeren Geschichte versuchten serbische Ethnologen, die Bunjewatzen der eigenen Volksgruppe zuzurechnen und als „katholische Serben“ zu bezeichnen.

Kulturelles Zentrum der Bunjewatzen aus der Batschka Region ist die Stadt Subotica in Serbien. Kulturelles Zentrum der primorski Bunjewatzen ist die Stadt Senj. In Senj gibt es ein Bunjewatzen-Museum, einen Fußballklub Bunjevac und eine Bunjevačka ulica (Bunjewatz-Straße).

Geschichte

Die Bevölkerunggrupe von Bunjewatzen stammt vermutlich von Vlachen oder Illyrern ab, die im Laufe der Zeit meist zum Katholizismus, Islam oder orthodoxen Christentum konvertierten und sich dem aktuellen albanischen, bosnisch-herzegowinischen, kroatischen, griechischen, ungarischen, montenegrischen und serbischen Nationalkorpus anschlossen. Es wird geschätzt, dass Bunjewatzen sich an neue Herrscher anpassten und über Jahrhunderte kroatisiert, magyarisiert, romanisiert, serbisiert, slawisiert wurden, aufgrund häufiger Massenmigration (u. a. Awaren, Kelten, Goten, Slawen), religiöser Verfolgung, Verschiebung der Landesgrenzen, Aufstieg und Fall von Kaiser- und Königreichen (u. a. Rom, Dalmatien, Osmanen, Habsburg), lokaler Hegemoniekriege, die zu weitreichenden Völkerverschmelzungen führten und zur Verbreitung des štokavischen Dialekts in der Balkanregion.

In den aktuellen kroatischen und ungarischen Bevölkerungsstatistiken taucht die Kategorie „Bunjewatzen“ nicht auf. In Ungarn lehnte es das Parlament 2006 ab, die Bunjewatzen als eigenständige Nationalität anzuerkennen, sodass sie weiterhin als Teil der kroatischen Minderheit gelten.

Verfolgt man die Erwähnungen der Bunjewatzen in historischen Volkszählungen Österreich-Ungarns und später Jugoslawiens, so tauchen diese nur am Rande in einzelnen Vermerken auf und werden von Beginn mit den Serben als Illyrer, Dalmatiner, Serben und Serbokroaten zusammengefasst. Der Beginn der Kroatisierung katholischer Raszier, wie sie aufgrund ihrer Herkunft ebenso genannt wurden, wurde in verschiedenen Sitzungen der kommunistischen Partei schon während des Zweiten Weltkriegs festgelegt. In den kommenden Volkszählungen der Volksrepublik Jugoslawien ab 1945 wurden die Bunjewatzen aufgrund der unterstellten Nichtexistenz einer eigenen Volkszugehörigkeit (narodnost) mit den Schokatzen den Kroaten zugezählt. Hierzu gab es offene Briefe, die eindeutige Anweisungen zur „Korrektur“ der gesammelten Daten aus Volksbefragungen enthalten. Weiterhin machte sich der spätere Staatspräsident Josip Broz Tito in einer Rede am 8. Mai 1945 persönlich für die Kroatisierung der Bunjewatzen stark, indem er dem serbischen Chauvinismus in der Vojvodina die Schuld gab, „wieso dem Kroaten nicht anerkannt wird, dass er Kroate sei“ und als Bunjewatze bezeichnet wird. Erst in der Volksbefragung 1991 nach der Machtübernahme von Slobodan Milošević werden die Bunjewatzen erstmals und nur in Serbien als eigenständige Ethnie in den Volkszählungen aufgeführt. Ihr besonderer Werdegang, der sie zum ersten Mal beim Anschluss mit den Serben der Vojvodina an das Fürstentum Serbien und das zweite Mal nach dem Sturz des titoistischen Erbes 1989 erscheinen lässt, wie auch eine starke Lobbyarbeit Kroatiens verhindern die Thematisierung der Frage der Standardisierung und Anerkennung auf europäischer Ebene.

Persönlichkeiten

Wissenschaftler:

Schriftsteller:

  • Ivan Antunović
  • Aleksa Kokić
  • Ante Evetović-Miroljub
  • Matija Poljaković
  • Ivan Kujundžić
  • Petar Šarčević (1935–2001)
  • Petko Vojnić Purčar
  • Ante Sekulić (1920–2016)
  • Vojislav Sekelj (1946)
  • Tomislav Žigmanov (1967)

Politiker:

  • Ivan Antunović
  • Ambrozije Šarčević (1820–1899)
  • Pajo Kujundžić (1859–1915)
  • Ante Pavelić (1889–1959)
  • Blaško Rajić (1878–1951)
  • Josip Đido Vuković (1890–1950)

Einzelnachweise

  1. Zbornik za narodni život i običaje južnih slavena, Jugoslavenska akademija znanosti i umjetnosti, 1986
  2. Vuković, Petar: The Bunjevci of Bačka: identities and language practices (P.9) (Linguistic Minorities in Europe Online). 2020, abgerufen am 22. Januar 2023.
  3. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 suboticadanas.info: Donesen nastavni program „Bunjevački govor sa elementima nacionalne kulture“ (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) (kroatisch)
  4. Matija Poljaković: Pregled povijesti Hrvata Bunjevaca
  5. Petar Pekić: Povijest Hrvata u Vojvodini : od najstarijih vremena do 1929. godine, Matica hrvatska, Zagreb, 1930.
  6. Rudolf Horvat: Hrvati u Bačkoj, Bunjevci i Šokci, 1922.
  7. Matija Evetović: Kulturna povijest bunjevačkih i šokačkih Hrvata, 1941.
  8. 1 2 3 Geza Kikić: Antologija poezije bunjevačkih Hrvata, Matica hrvatska, Zagreb, 1971.
  9. 1 2 Bunjevci posjetili svoju pradomovinu. (Nicht mehr online verfügbar.) In: suboticadanas.info. 24. September 2008, archiviert vom Original am 22. Mai 2011; abgerufen am 11. März 2023.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. Hrvatska riječ Bezuspješno su nam pokušavali "otvoriti oči", 26. November 2004
  11. Novo zastrašivanje vojvođanskih Hrvata. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) In: vjesnik.com. 23. Juli 2005, ehemals im Original; abgerufen am 11. März 2023. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
  12. Republika Hrvatska – Državni zavod za statistiku Population by ethnicity, by towns/municipalities, census 2001
  13. Republika Hrvatska – Državni zavod za statistiku Population by ethnicity, detailed classification, by towns/municipalities, census 2001
  14. Népszámlálás 2001 – Központi Statisztikai Hivatal (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2023. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Population by national/ethnic groups 2001
  15. Archiv Novi Sad
  16. bunjevci.com: Hrvatstvo Bunjevaca (Memento vom 8. Mai 2016 im Internet Archive) (bosnisch)
  17. Katholische Enzyklopädie; Bunjewatzen als katholische Serben
  18. bio.bg.ac.rs: Reliquiae Pancicianae (Memento vom 22. Februar 2012 im Internet Archive)
  19. 1 2 croatia.ch: Povijest hrvatskog plemstva u Bačkoj (Memento vom 3. März 2008 im Internet Archive) (kroatisch)
  20. Bunjevci Croats in Bačka
  21. 1 2 3 4 5 6 7 Geza Kikić: Antologija proze bunjevačkih Hrvata, Matica Hrvatska, Zagreb, 1971.
  22. matos-tovarnik.hr: Antun Gustav Matoš – Biografija (Memento vom 11. Juni 2008 im Internet Archive)
  23. Globus Nr. 818/2006. (Nicht mehr online verfügbar.) In: globus.com.hr. Archiviert vom Original am 28. September 2007; abgerufen am 11. März 2023 (Bunjevci su Hrvati kao i Ličani, Dalmatinci, Slavonci …).
  24. Zvonik br. 137 Kojim Bunjevcima je stalo da budu Hrvati, a kojima nije?, März 2006.
  25. Matija Poljaković: Pregled povijesti Hrvata Bunjevaca, Subotička Danica, 1971.
  26. Ante Pavelić: Putem hrvatskog državnog prava : poglavnikovi govori, izjave i članci prije odlaska u tuđinu. Zagreb 1942 (2. Auflage, Putem hrvatskog državnog prava (članci – govori – izjave 1918. – 1929.), Buenos Aires-Madrid, 1977, S. 537).
  27. Zvonik (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) Kojim je jezikom govorio Blaško Rajić
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