Das Pariser Konservatorium (französisch „le Conservatoire de Paris“, offizielle Bezeichnung: Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris, CNSMDP) gehört mit der gleichrangigen Institution in Lyon zu den beiden conservatoires nationaux supérieurs de musique et de danse (dt. „staatliche höhere Konservatorien für Musik und Tanz“) in Frankreich. Status und Zielsetzung sind vergleichbar mit denen einer deutschen Musikhochschule. Das Konservatorium nimmt nach einem Aufnahmewettbewerb (fr. „concours d’entrée“) etwa 1300 Studenten auf, das Lehrpersonal umfasst 400 Personen.

Von seinen Anfängen an umfasste das Konservatorium auch Schauspielklassen und trug ab 1806 den Namen Conservatoire de musique et de déclamation (ab 1934 Conservatoire national de musique et d’art dramatique). Im Jahr 1946 wurde die Schauspielabteilung ausgegliedert und zum Conservatoire national supérieur d’art dramatique.

Geschichte

Das Pariser Konservatorium wurde aufgrund eines Gesetzes vom 3. August 1795 als Conservatoire de musique gegründet. Es ersetzte zwei unabhängige Institutionen:

  • die am 3. Januar 1783 gegründete École royale de chant et de déclamation (dt. „Königliche Schule für Gesang und Deklamation“), die den Nachwuchs für die Pariser Oper (fr. „l’Opéra de Paris“) ausbildete. Direktor war der Komponist François-Joseph Gossec, der italienische Opernkomponist Niccolò Piccinni unterrichtete in Gesang.
  • die 1792 gegründete École de musique municipale (dt. „Städtische Musikschule“), die die Instrumentalisten der Musique de la Garde nationale (dt. „Musikkorps der Nationalgarde“) ausbildete. Aufgrund eines Dekretes des Nationalkonvents (fr. „Convention nationale“) vom 8. November 1793 wurde die Schule offiziell als Institut national de Musique (dt. „Nationales Institut für Musik“) anerkannt.

Das Conservatoire de musique wurde durch ein Direktorium (François-Joseph Gossec, Mehul und Cherubini) unter der Leitung von Bernard Sarrette, verwaltet.

Am 22. Oktober 1796 zog das Konservatorium in die rue Bergère (heutige Adresse: rue du Conservatoire), in die Gebäude der ehemaligen École royale de chant et de déclamation ein. Zum Lehrpersonal dieses Hauses gehörten in der Folge die besten Musiker Frankreichs. Zunächst wurde die Ausbildung im instrumentalen Bereich, insbesondere von Streichern und Cembalospielern favorisiert. So hat sich das Konservatorium international den Ruf einer speziellen Geigenschule erworben, die mit dem Namen seines Violinprofessors Rodolphe Kreutzer verbunden ist. Beethoven schrieb für ihn seine berühmte Kreutzersonate.

Ab dem Jahr 1800 war Bernard Sarrette der Direktor der Schule. Das Unterrichtsangebot wurde auf die Ausbildung der zukünftigen Künstler der Opéra-Comique, des Théâtre-Italien und der Comédie-Française erweitert. 1808 rief François-Antoine Habeneck das Orchester der Studenten ins Leben, mit dem er beispielsweise zum ersten Male in Frankreich Beethoven-Sinfonien aufführte.

Eine begehrte Auszeichnung des Instituts ist der Grand Prix de Rome, ein dreijähriger Studienaufenthalt in Italien auf Staatskosten mit der Verpflichtung, Kompositionen zu erstellen. Die dafür eingereichten und preisgekrönten Kompositionen werden in der Bibliothek des Konservatoriums aufbewahrt. Der Rompreis wurde erst ab 1908 auch für Frauen zugelassen.

Studenten und Studentinnen waren in der Fächerwahl gleichberechtigt und es gab für weibliche Studierende keine Beschränkungen. Schon 1795 wurden – damals noch eine absolute Ausnahme – zwei Professorinnen berufen: Für Klavier Hélène de Montgeroult und für Solfège (Gesangstechnik) Louise Rey.

1806 wurde das Conservatoire de musique durch die Einrichtung von Klassen für lyrische und dramatische Rezitation zum Conservatoire de musique et de déclamation.

In der Zeit der Restauration wurde das Conservatoire de musique et de déclamation offiziell geschlossen und ersetzt durch eine École royale de musique et de déclamation. Mit der Ernennung von Luigi Cherubini zum Direktor am 22. April 1822 wurde die alte Bezeichnung Conservatoire de musique et de déclamation wieder eingeführt. Cherubini, der bis 1842 die Schule leitete, versuchte durch die Einführung von Eintritts- und Abschlusswettbewerben (fr. „concours d’entrée et de sortie“) die Unterrichtsqualität zu steigern. Er förderte die Gesangsausbildung, richtete zahlreiche Lehrgänge für neue Instrumente ein und belebte wieder die Konzerte des Schülerorchesters, die zur Gründung der Société des Concerts du Conservatoire führte.

Unter den Direktoren der Folgezeit ragen besonders heraus: Daniel Aubert (1842–1871), Ambroise Thomas (1871–1896), Gabriel Fauré (1905–1920). Berühmte Professoren wie César Franck, Charles-Marie Widor, Alexandre Guilmant, Louis Diémer, Raoul Pugno, Marcel Dupré, Alfred Cortot und Marguerite Long festigten das europaweite Ansehen der Institution.

Unter der Direktorenschaft von Gabriel Fauré, der auch externe Persönlichkeiten, wie Claude Debussy und Maurice Ravel zur Mitarbeit heranzog und neue Klassen einrichtete, zog 1911 das Conservatoire de musique et de déclamation in das ehemalige Collège de jésuites in der 14 rue de Madrid.

1934 fand eine erneute Namensänderung in Conservatoire national de musique et d’art dramatique statt.

1946 wird die Schauspielabteilung des Konservatoriums ausgegliedert und zieht als Conservatoire national supérieur d’art dramatique in die Gebäude rue du Conservatoire (früher rue Bergère), die Musikabteilung erhält die Bezeichnung Conservatoire national supérieur de musique.

Unter den Direktoren Marcel Dupré (1954–1956), Raymond Loucheur (1956–1962) und Raymond Gallois-Montbrun (1962–1983) werden neue Fächer eingeführt und durch die Einrichtung von Meisterkursen große Instrumentalsolisten wie zum Beispiel Mstislav Rostropovich, Christa Ludwig und Wilhelm Kempff verpflichtet.

Da die Räumlichkeiten in der rue Madrid seit den Vierzigerjahren für den expandierenden Betrieb des Konservatoriums nicht mehr ausreichten, wurde der Bau eines neuen Gebäudes im Rahmen des Projektes der Cité de la musique beschlossen.

Am 7. Dezember 1990, nach einer sechsjährigen Bauzeit, wurden die neuen Räume des Conservatoire national supérieur de musique de Paris in der damals im Aufbau befindlichen Cité de la musique im Parc de la Villette, eingeweiht.

Das ehemalige Gebäude in der 14 rue de Madrid beherbergt heute das Conservatoire à rayonnement régional de Paris. Das Gebäude in der 2 bis rue du Conservatoire ist weiterhin Sitz des Conservatoire national supérieur d’art dramatique (CNSAD).

Persönlichkeiten

Chronologie dort tätiger Personen

Dauer Personen Tätigkeiten und Eigenschaften
1795–1826Rodolphe KreutzerProfessor für Violine
1795–?Pierre RodeProfessor für Violine
1795–?Pierre BaillotProfessor(?) für Violine
1795–?Georg Friedrich FuchsProfessor für Klarinette
1795–1797Hélène de MontgeroultProfessorin der Herrenklasse für Klavier
1795–?Hyacinthe JadinProfessor der Damenklasse für Klavier
1795–1797Louise ReyProfessorin für Solfège
1817 bis?François-Adrien BoieldieuProfessor für Komposition
1821–1832François-Joseph FétisProfessor für Komposition und Harmonielehre
1853–1854Ernest GuiraudSchüler von Fromental Halévy und Antoine François Marmontel
1868 bis?Martin MarsickSchüler von Lambert Massart
1871–1905Théodore DuboisProfessor für Harmonielehre
1872–1890César FranckOrgelprofessor
1876 bis?Ernest GuiraudProfessor für Harmonielehre, ab 1880 Komposition
1878 bis?Paul VidalSchüler von Jules Massenet und César Franck
1878–1893Jules MassenetProfessor für Komposition
1880 bis?Léo DelibesProfessor für Komposition
1884–1930?Paul VidalProfessur für Komposition
1890–1894Carl FleschSchüler von Eugène Sauzay und Martin Marsick
1890–1896Charles-Marie WidorProfessur für Orgel und Komposition (ab 1896)
1892–1900Martin MarsickProfessur für Violine
1893–1896Jacques ThibaudSchüler von Martin Marsick
1894 bis?Charles LenepveuProfessor für Komposition
1895–1899George EnescuSchüler von André Gedalge, Jules Massenet, Gabriel Fauré und Martin Marsick
1896–1911Alexandre GuilmantProfessur für Orgel
1896 bis?Xavier LerouxProfessur für Harmonielehre
1896–1900André CapletSchüler von Charles Lenepveu, Xavier Leroux und Paul Vidal
1902 bis?Marcel DupréSchüler von Louis Diémer, Alexandre Guilmant, Charles-Marie Widor
1905–1925?André GedalgeProfessur für Kontrapunkt und Fuge
1906 bis?Sarah BernhardtSchauspielprofessur
1907 bis?Camille ChevillardProfessur für Kammermusik
1908/09–1936Maurice EmmanuelProfessur für Musikgeschichte
~1910Lili BoulangerSchülerin von Georges Caussade und Paul Vidal
1910–1914Jacques IbertSchüler von Paul Vidal
1911–1925Eugène GigoutOrgelprofessur
1911Arthur HoneggerSchüler von Lucien Capet und André Gédalge
1913Enrique Mario CasellaSchüler von Paul Vidal und Foucher
1913Georges AuricSchüler von Georges Caussade
1919–1939Charles TournemireProfessur für Kammermusik
1919–1949Jean GallonProfessur für Harmonielehre
1919–1930Olivier MessiaenSchüler von Maurice Emmanuel, Marcel Dupré, Paul Dukas
~1919–1925Pierre FournierSchüler von Paul Bazelaire, Anton Hekking, Camille Chevillard, Lucien Capet
1920erAndré FleurySchüler von Eugène Gigout, Marcel Dupré, Paul Vidal
~1920–1940Henri RabaudProfessur für Orchesterleitung
1920 bis?Noël GallonProfessur für Solfège- und Kontrapunkt (seit 1926)
1921–1928?Henri BüsserProfessur für Komposition
1926–1954Marcel DupréOrgelprofessur
1927–1929Szymon LaksSchüler von Pierre (Paul?) Vidal, Henri Rabaud
1933–1938Henri DutilleuxSchüler von Jean Gallon und Noël Gallon, Henri Büsser, Maurice Emmanuel
1939Gabriel GrovlezProfessor für Kammermusik
1939–1941Charles MünchProfessur Orchesterleitung
1941/42–1977/78Olivier MessiaenProfessor für Analyse und Komposition
1944 bis?Maurice DurufléProfessor für Harmonielehre
1955–1986Rolande FalcinelliOrgelprofessorin
1956–1985Pierre SancanProfessor für Klavier
1958–1975Jeanne-Marie DarréKlavier
1966–1970André JolivetProfessor für Komposition
1986–1998Gérard GriseyProfessor für Komposition
1991–2000François Jeanneau(erster) Leiter der Jazzabteilung
1999–2006Marco StroppaProfessor für Komposition
DirektorZeitraum
Bernard Sarrette1795–1822
Luigi Cherubini1822–1842
Daniel Auber1842–1871
Francisco Salvador-DanielMai 1871
Ambroise Thomas1871–1896
Théodore Dubois1896–1905
Gabriel Fauré1905–1920
Henri Rabaud1921–1941
Claude Delvincourt1941–1954
Marcel Dupré1954–1956
Raymond Loucheur1956–1962
Raymond Gallois-Montbrun1962–1983
Marc Bleuse1984–1986
Alain Louvier1986–1991
Xavier Darasse1991–1992
Marc-Olivier Dupin1993–2000
Alain Poirier2000–2009
Pascal Dumay2009
Bruno Mantovaniseit 2010

Weitere bekannte Lehrer und Schüler

LehrerSchüler

Orgel

Im Konservatorium steht eine Orgel der österreichischen Firma Rieger Orgelbau aus dem Jahre 1991, die 2002 überholt und erweitert wurde.

Disposition
I Grand-Orgue C–c4
Montre16′
Bourdon16′
Montre8′
Bourdon8′
Gambe8′
Flûte harmonique8′
Prestant4′
Flûte4′
Doublette2′
Deuxième trompette8′
Fourniture V113
Cymbale V1′
Cornet V8′
Bombarde16′
Trompette8′
Clairon4′
II Positif (expr.) C–c4
Bourdon16′
Montre8′
Salicional8′
Bourdon8′
Prestant4′
Flûte à cheminée4′
Nazard223
Doublette2′
Tierce135
Larigot113
Sifflet1′
Plein Jeu IV1′
Trompette8′
Cromorne8′
Tremulant
III Récit C–c4
Quintatön16′
Gambe8′
Voix céleste8′
Flûte harmonique8′
Viole4′
Flûte octaviante4′
Nazard223
Octavin2′
Cornet V8′
Plein Jeu V2′
Basson16′
Trompette8′
Hautbois8′
Clairon4′
Voix humaine8′
Tremulant
Pédale C–g1
Soubasse32′
Contrebasse16′
Soubasse16′
Flûte8′
Violoncelle8′
Bourdon8′
Flûte4′
Bombarde16′
Trompette8′
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P.
  • Extras: Memory Card System

Siehe auch

  • Hochschullehrer des CNSMDP
Commons: Musée de la musique – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Aufgaben und der Rang der conservatoires nationaux supérieurs sind in dem Décret no. 2009-201 vom 18. Februar 2009 festgelegt, s. www.conservatoiredeparis.fr > missions
  2. Die Ausführungen folgen der Darstellung auf der Website des Pariser Konservatoriums www.conservatoiredeparis.fr > l'école > histoire.
  3. Konservatorium. In: Friedrich Blume (Hrsg.): Musik in Geschichte und Gegenwart. Bärenreiter Verlag, Kassel u. a. 1949, Bd. 7 (1958).
  4. Eva Weissweiler: Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 1999, S. 247.
  5. Eva Weissweiler: Komponistinnen vom Mittelalter bis zur Gegenwart 1999, S. 247/48.
  6. Claudia Schweitzer: „…ist übrigens als Lehrerin höchst empfehlungswürdig.“ Kulturgeschichte der Clavierlehrerin. S. 74 ff.
  7. Edith von Arps-Aubert: Das Arbeitskonzept von Elsa Gindler (1885 - 1961) dargestellt im Rahmen der Gymnastik der Reformpädagogik. In: Schriften zur Sportwissenschaft. Band 93. Verlag Dr. Kovač, Hamburg 2010, ISBN 978-3-8300-5233-3, S. 122.

Koordinaten: 48° 53′ 20″ N,  23′ 27″ O

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