Der Calliope mini ist ein Einplatinencomputer, der für Bildungszwecke entwickelt wurde und an deutschen Grundschulen eingesetzt wird. Ziel ist es, Schülern ab der dritten Klasse einen spielerischen Einstieg in das Programmieren und algorithmische Denken zu ermöglichen. Neben Schülern sollen auch Lehrkräfte und das Bildungssystem erreicht werden, damit langfristig mehr digitale Inhalte an Schulen vermittelt werden können. Die Programmierung des Mikrocontrollers ist über unterschiedliche webbasierte Entwicklungsumgebungen möglich.
Hintergrund
Der Calliope mini wurde im Jahr 2015 parallel zum BBC micro:bit und auf dessen Grundlage entwickelt und mithilfe von Lehrkräften erweitert. Im Vergleich zum micro:bit besitzt der Calliope mini zusätzliche Bauteile wie einen Lautsprecher, ein Mikrofon und eine RGB-Leuchtdiode, zwei Grove-Konnektoren, erweiterte In- und Output-Optionen und eine für Kinder kurzschlussvermeidende Sternenform. Seit Sommer 2017 ist der Mikrocontroller käuflich zu erwerben.
Hinter der Weiterentwicklung steckt die Calliope gemeinnützige GmbH. Gesellschafter sind die Professorinnen Gesche Joost und Franka Futterlieb, der Psychologe Stephan Noller, der Designer Jørn Alraun, der IT-Berater Maxim Loick und der Wirtschaftswissenschaftler Klaus Jürgen Buß.
Der Name „Calliope mini“ bezieht sich auf die griechische Muse Kalliope, eine Tochter des Zeus und Schutzgöttin der Wissenschaft, der Philosophie und der epischen Dichtung. Sie gilt unter Informatikern als die „Tabletmuse“, da sie früher häufig mit einer Schreibtafel dargestellt wurde. Informatiker bezeichnen sie als eine frühe Vorbotin digitaler Bildungsideale.
Verbreitung und Finanzierung
Zur ersten Finanzierung wurden eine Reihe von Sponsoren gewonnen, unter anderem der Beirat junge digitale Wirtschaft im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Im Herbst 2016 wurde der Calliope mini zum IT-Gipfel der Bundesregierung vorgestellt. Über den Jahreswechsel 2016/2017 fand eine Crowdfunding-Kampagne bei Startnext statt. Dabei kamen durch 1902 Unterstützer insgesamt 108.607 Euro zusammen.
Seit August 2017 ist der Calliope mini über den Cornelsen Verlag und diverse Versandhändler wie unter anderem Conrad Electronics SE und Amazon erhältlich. Der Einzelpreis beträgt etwa 40 Euro. Klassensätze sind über die Webseite zu einem für Bildungsinstitutionen reduzierten Preis erhältlich. In 13 der 16 Bundesländer gab es landesseitige Einführungsprojekte mit größtenteils kostenlosen Schulungen für die Lehrer.
Die Calliope gGmbH ist eine Open Educational Resources (OER)-Initiative. Dies bedeutet, dass Schaltpläne und Software des Calliope mini als Open Hardware beziehungsweise Open Source frei verfügbar sind. Frei verfügbar sind auch unzählige Handbücher, Projektideen und – eine Besonderheit im deutschen Schulbuchwesen – Lehrmaterialien vom Cornelsen Verlag.
Auszeichnungen
Dem Calliope mini wurde 2016 der Wolfgang Heilmann-Preis für humane Nutzung der Informationstechnologie verliehen. Ebenso erhielt das Bildungsprojekt den „The Innovation in Politics Awards 2017“ und den „Innovationspreis für digitale Bildung delina 2018“ in der Kategorie „Frühkindliche Bildung und Schule“.
Hardware
- Nordic nRF51822 Multi-protocol Bluetooth® 4.0 low energy/2,4 GHz RF SoC
- 32-bit ARM Cortex M0 processor (16 MHz)
- 32 kB RAM
- 256 kB Flash-Speicher
- Bluetooth Low Energy
- 5×5 LED-Matrix-Bildschirm
- Beschleunigungssensor, Gyroskop, Magnetometer (Bosch BMX055)
- MEMS-Mikrofon
- DC-Motortreiber (TI DRV8837)
- Piezo-Lautsprecher
- Programmierbare RGB-LED (WS2812b)
- 2 programmierbare Taster
- Serielle Schnittstelle (USB + konfigurierbare Anschlüsse)
- PWM-Ausgabe
- 4 Bananenstecker-/Krokodilklemmenanschlüsse
- 4 analoge Eingänge
- 8-11 Ein-/Ausgangsanschlüsse (je nach Softwarekonfiguration)
- SPI + I2C
- USB-Micro-B-Anschluss (Programmierung und Stromversorgung)
- JST-Batterieanschluss (3.3V)
- Bananen-/Krokodilklemmenanschluss für 3,3 V (Ausgang)
- 2 Grove-Steckverbinder (I2C + Seriell/Analog)
- NXP KL26z (USB und Stromversorgung)
- Flash-Programmspeicher (optional)
Programmierung
Der Calliope mini kann über den PC sowie drahtlos über Android und iOS programmiert werden. Nach Anschluss per USB-Schnittstelle oder per Bluetooth wird der Calliope mini als USB-Datenträger verwaltet, auf welchen die Programme übertragen werden. Diese starten unmittelbar nach dem Einschalten beziehungsweise dem Neustart des Systems.
Als Integrierte Entwicklungsumgebung existieren mehrere Editoren, die als Webanwendungen im Browser oder als herunterladbare Programme laufen. Ein einfacher Calliope-mini-Editor, das auf Scratch basierende Microsoft MakeCode, das Open Roberta Lab (NEPO) und der Calliope mini Swift Playground sind verfügbar. Neben der visuellen Softwareentwicklung werden die Programmiersprachen JavaScript, C++ und MicroPython unterstützt. Da der Calliope mini weitgehend mit dem BBC micro:bit kompatibel ist, können auch dessen Entwicklungswerkzeuge benutzt werden.
CalliopEO auf der Internationalen Raumstation
Der Calliope mini wird als Teil der Mission Cosmic Kiss Experimente auf der ISS durchführen. ESA-Astronaut Matthias Maurer wird die Einrichtung in der Raumstation vornehmen. Es werden dabei auch Programme von Schülerinnen und Schülern ausgeführt, die bei der Aktion CalliopEO eingereicht werden können.
Kritik
Calliope mini wird von Google und anderen Unternehmenssponsoren finanziell gefördert, das Einwerben der Spendengelder war laut Calliope wegen des geringen Budgets im Bildungsbereich notwendig gewesen. Die Einführung des Calliope mini steht deswegen teils in der Kritik. Befürchtetet wird, dass große Technologieunternehmen solche Förderungen als Türöffner nutzen, um ihren Lobbyeinfluss auf die Schulpolitik auszuweiten.
Siehe auch
Literatur
- Marco Bettner, Michael Körner: Programmieren mit dem Calliope mini – Sek I: Motivierende Aufgaben und kleine Projekte zum Tüfteln, Basteln und Programmieren (5. und 6. Klasse) (Medienkompetenz entwickeln), Persen Verlag, 2021, ISBN 978-3403206309.
- Marco Bettner, Michael Körner: Programmieren mit dem Calliope mini – Grundschule: Motivierende Aufgaben und kleine Projekte zum Tüfteln, Basteln und Programmieren (3. und 4. Klasse), Persen Verlag, 2019, ISBN 978-3403205777.
- Silke Kerscher-Hack: 20 x Programmieren für 45 Minuten – Klasse 3/4: Ausgearbeitete Stunden für einen digitalen Unterricht – keine Programmierkenntnisse nötig, Verlag an der Ruhr, 2019, ISBN 978-3834641489.
- Hans-Georg Schumann: Calliope mini für Kids: Programmieren lernen mit vielen spannenden Projekten (mitp für Kids), mitp Verlag, 2018, ISBN 978-3958458598.
- Alfred Schilken: Calliope Mini als Einstieg: Programmieren mit C und CLion (IoT Projekte mit Mynewt OS, Band 1), 2018, ISBN 978-1976208003.
- Burkhard Kainka: Calliope und Micro:bit in der Praxis, 2017, ISBN 978-1549701931.
- Coden mit dem Calliope mini – Programmieren in der Grundschule. Lehrermaterial für den Einsatz ab Klasse 3. Cornelsen Verlag, 2017, ISBN 978-3-06-600012-2.
- Coden mit dem Calliope mini – Programmieren in der Grundschule. Schülermaterial ab Klasse 3. Cornelsen Verlag, 2017, ISBN 978-3-06-600011-5.
- Philip Kiefer: Calliope mini – Coden, basteln, entdecken. Rheinwerk Verlag, 2018, ISBN 978-3-8421-0493-8.
- Christian Immler: Der kleine Hacker – Programmieren lernen mit dem Calliope mini, Franzis Verlag 2017, ISBN 978-3-645-60559-5.
- Nadine Bergner, Patrick Franken, Julia Kleeberger, Thiemo Leonhardt, Mario Lukas, Mario Pesch, Natalia Prost, Jan Thar, Lina Wassong: Das Calliope-Buch: Spannende Bastelprojekte mit dem Calliope-Mini-Board. dpunkt Verlag, 2017, ISBN 978-3-86490-468-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Oliver Gressieker: Programmieren geht kinderleicht. In: ndr.de. 3. April 2017, abgerufen am 17. November 2021.
- ↑ Sabine Klein: Minicomputer von Schülern aus Melle fliegt ins All. NDR, 5. November 2021, abgerufen am 17. November 2021.
- ↑ Dirk Lorenzen: Matthias Maurer und CalliopEO Kinder sollen auf der Raumstation experimentieren. In: deutschlandfunk.de. 4. September 2021, abgerufen am 17. November 2021.
- ↑ CalliopEO – Calliope Earth Observation. In: calliope.cc. Abgerufen am 23. November 2021.
- ↑ Sandra Pfister: Minicomputer im Klassenzimmer – An Calliope scheiden sich die Geister. Interview mit René Scheppler und Maxim Loick. In: deutschlandfunk.de. 27. Oktober 2017, abgerufen am 8. Februar 2021.