Das Carltheater war das 1847 eröffnete Nachfolgehaus des Leopoldstädter Theaters, eines Altwiener Vorstadttheaters in der Praterstraße 31 (damals Jägerzeile) im 2. Wiener Gemeindebezirk Leopoldstadt.

Geschichte

Nach längeren finanziellen Schwierigkeiten wurde das Leopoldstädter Theater 1838 an den Theaterdirektor Carl Carl verkauft. Parallel zu seinem Theater an der Wien leitete es Carl bis 1845 selbst.

1847 wurde das ältere Gebäude teilweise abgerissen und nach Plänen der Architekten August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll, der späteren Erbauer der Wiener Hofoper, neu errichtet.

Eröffnet wurde das Theater von Direktor Carl dann am 10. Dezember 1847 unter dem neuen Namen, k.k. priv.(ilegiertes) Carltheater. Der Abend wurde eingeleitet mit einer Fest-Ouvertüre (des mit Carl befreundeten Stuttgarter Hofkapellmeisters Peter Joseph von Lindpaintner). Den Höhepunkt der Veranstaltung bildete die Uraufführung der Burleske Die schlimmen Buben in der Schule von Johann Nestroy, mit diesem in der Hauptrolle des „Willibald“. Zwei Drittel der Einnahmen wurden den Armen zugewendet.

Hier erlebten viele Stücke von Nestroy sowie des Alt-Wiener Volkstheaters ihre Uraufführung. In den Jahren 1854 bis 1860 fungierte Nestroy zugleich als Darsteller und Direktor des Theaters. Auch in den Folgejahren schrieben bekannte Wiener Bühnendichter Stücke für das Carltheater und führten seinen Ruf als beliebtes Haus des Wiener Volksstückes und der Wiener Operette fort.

Von 1908 bis 1922 leitete Siegmund Eibenschütz, der auch Eigentümer des Carltheaters war, die Bühne und setzte sehr erfolgreiche Operetten auf den Spielplan.

Nach einem häufigen Wechsel der Direktoren geriet das Theater wieder in finanzielle Schwierigkeiten. Am 31. Mai 1929 wurde es endgültig geschlossen und nur für Filmaufzeichnungen in den späten 1930er und frühen 1940er Jahren noch herangezogen.

Bei einem Bombenangriff 1944 wurde der Zuschauerraum des Theaters fast völlig zerstört. Die künstlerisch wertvolle und unter Denkmalschutz stehende Fassade wirkte selbst nach dem Krieg noch erstaunlich intakt. Wegen umgebungsbedingter Einsturzgefahr wurde sie jedoch Mitte 1951, wie auch das im Krieg unbeschädigt gebliebene rechte Nachbargebäude, abgerissen und nicht mehr aufgebaut. Heute steht an dieser Stelle der Galaxy Tower. Bis vor wenigen Jahren erinnerte an der Praterstraße eine Gedenktafel an die traditionsreiche Theaterstätte, heute fehlt auch diese.

Uraufführungen

Literatur

  • Leopold Rosner: Fünfzig Jahre Carl-Theater. 1847–1897. Ein Rückblick. Schworella & Heick, Wien 1897. Volltext online.
  • Franz Hadamowsky: Das Theater in der Leopoldstadt von 1781 bis 1860. Höfel, Wien 1934.
  • Birgit Peter: Nestroytheater am Nestroytheater – Das Singspiel Johann Nestroy am Wiener Carltheater. In: Julia Danielczyk (Hrsg.): Nestroy – weder Lorbeerbaum noch Bettelstab. Österr. Theatermuseum, Wien 2000, ISBN 3-9501379-0-4, S. 69–80.
  • Andrea Harrandt: Carltheater. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, ISBN 3-7001-3043-0.
  • Nora Kirchschlager: Das Carltheater von 1860 bis 1872. Band 1: Die Direktionen Brauer, Lehmann, Treumann und Ascher. Band 2: Spielplan. Ungedr. Dipl.-Arb. Wien 2002.
  • Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien – Ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte. LIT, Wien 2005, ISBN 3-8258-7754-X.
  • W. Edgar Yates (Hrsg. mit Birgit Pargner): Briefe des Theaterdirektors Carl Carl und seiner Frau Margarethe Carl an Charlotte Birch-Pfeiffer, 2004.
  • Attila Oliver Láng: Carl Binder und sein Wirken am Wiener Carl-Theater, Diss. Universität Wien (2017)

Einzelnachweise

  1. Rosner: Fünfzig Jahre Carl-Theater. S. 6.
  2. Die Zukunft des Carl-Theaters. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt (Nr. 23243/1929), 31. Mai 1929, S. 8, unten links. (online bei ANNO).
  3. V. M.: Verklungenes Spiel. Das Carl-Theater wird abgetragen. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 28. Juni 1951, S. 3, Mitte rechts.
  4. Eröffnung der Schauspiele im Carl-Theater. In: Arbeiter-Zeitung, (Nr. 265/1928), 20. September 1928, S. 17, unten rechts. (online bei ANNO).

Koordinaten: 48° 12′ 54″ N, 16° 23′ 4″ O

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