Certosa di Pavia

Fassade der Kirche Madonna delle Grazie
Lage Italien
Region Lombardei
Provinz Pavia
Liegt im Bistum Bistum Pavia
Koordinaten: 45° 15′ 25,2″ N,  8′ 53,8″ O
Patrozinium Madonna delle Grazie
Gründungsjahr 1396 durch Kartäuser
Jahr der Auflösung/
Aufhebung
1782
Jahr der Wiederbesiedlung 1968
Kongregation Kongregation von Casamari

Die Certosa di Pavia ist eine ursprünglich für den Kartäuserorden erbaute Klosteranlage in der Gemeinde Certosa di Pavia in der italienischen Provinz Pavia, Region Lombardei. Sie befindet sich etwa neun Kilometer nördlich der Stadt Pavia.

Die Anlage gehört zu den bedeutendsten Baudenkmälern Oberitaliens und ist seit 1866 ein Nationaldenkmal Italiens. Derzeit wird sie von Zisterziensermönchen bewohnt.

Geschichte

Die Certosa (deutsch Kartause) verdankt ihre Gründung dem Wunsch des Gian Galeazzo Visconti, Herzog von Mailand, im Park seines Schlosses ein Kloster zu errichten, das zugleich Grabstätte seiner Dynastie sein sollte. Der Park erstreckte sich einstmals vom Palast des Herzogs, dem Castello Visconteo im Stadtgebiet Pavias, über zehn Kilometer bis zur Kartause. Mit dem Bau wurde 1396 begonnen.

Die Kartäuser widmen sich besonders dem Gebet für das eigene und fremde Seelenheil. Daran hatten diktatorisch regierende Herrscher wie die Visconti offenbar Interesse. Es gibt mehrere Beispiele aus der Geschichte, dass tyrannische und gefürchtete Herrscher aus Angst vor der ewigen Verdammnis und zur Verbesserung ihres öffentlichen Leumunds die Errichtung von religiösen Stätten unterstützten, um ihr politisches Handeln gleichsam zu entschuldigen.

Die Vollendung des Klosters zog sich lange hin. Die Renaissancefassade der Kirche Madonna delle Grazie wurde erst 1549 abgeschlossen, 150 Jahre nach Beginn der Bauarbeiten. Der Entwurf der eindrucksvollen Fassade wird Giovanni Antonio Amadeo zugeschrieben. Ihr plastischer Schmuck mit zahlreichen Marmorfiguren stammt vermutlich von Cristoforo Mantegazza, dessen Bruder Antonio und Giovanni Antonio Amadeo selbst. Der Kulturhistoriker Jacob Burckhardt urteilte in seinem Cicerone über sie: „Neben derjenigen des Domes von Orvieto ist sie das erste dekorative Prachtstück Italiens und der Welt … Allein die unermeßliche Pracht und zum Teil der feine dekorative Geschmack, welche das Erdgeschoß beherrschen, haben ein in seiner Art unvergleichliches Ganzes hervorgebracht.“

Das Langhaus wurde in der Mitte des 15. Jahrhunderts vollendet. Der Innenraum der Klosterkirche ist ausgesprochen malerisch und farbenfreudig mit spätgotischen und Renaissanceelementen gestaltet und beherbergt mehrere Grabmale. Vor allem die lebensgroßen Marmorfiguren des Fürsten Ludovico il Moro und seiner im Alter von 22 Jahren verstorbenen Gattin Beatrice d’Este sind wegen ihrer realistischen Darstellung sehenswert. Gian Galeazzo Visconti ist im südlichen Querschiff begraben.

Die Seitenschiffe sind so hoch gezogen, dass der Eindruck einer Hallenkirche entsteht. Der Blick in die Gewölbezone zeigt, dass auch hier mit raffiniertem Farbsinn gearbeitet worden ist. Das Kirchenschiff hat jedoch nur sehr kleine Fenster und ist vergleichsweise dunkel, was die dekorative Farbigkeit nicht ganz zur Geltung kommen lässt. Es haben möglicherweise die Klosterideale der Kartäuser mit dem Prunkwillen der Visconti in Widerspruch zueinander gestanden.

Das Kloster ist eine ausgedehnte Anlage. Im kleinen Kreuzgang neben der Kirche krönt eine Heiligenfigur aus Terrakotta jede Säule. Darüber sind die Arkadengänge und Türme der Kirche. Um den großen Kreuzgang gruppieren sich die 23 Klosterzellen. Sie sind als identische Häuschen rund um den großen Kreuzgang angeordnet, jedes mit Zugang zu einem eigenen kleinen Garten. Sie sind heute teilweise zur Besichtigung zugänglich.

Das Kartäuserkloster wurde während der österreichischen Herrschaft über die Lombardei, durch die Reformen Josefs II. 1782 aufgelöst und später abwechselnd als Zisterzienser-, Karmeliten- und wiederum Kartäuserkloster genutzt. Erst seit 1968 leben in der Anlage wieder Zisterzienser.

Literatur

  • Gaetano Durelli / Francesco Durelli: La Certosa Di Pavia. Bettoni, Mailand 1823 (Digitalisat).
  • Paola Bernardi: Das Kartäuserkloster in Pavia. Klassische Reiseziele Italien. Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft, Herrsching 1989, ISBN 3-88199-598-6.
Commons: Certosa di Pavia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Legge 7 luglio 1866, n. 3036, PDF, italienisch
  2. Ralf Lusiardi: Stiftung und Seelenheil in den monotheistischen Religionen des mittelalterlichen Europa, Eine komparative Problemskizze, in Michael Borgolte (Hrsg.): Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam vor der Moderne, Auf der Suche nach ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden in religiösen Grundlagen, praktischen Zwecken und historischen Transformationen, Stiftungsgeschichten, Band 4, Akademie Verlag, 2005, S. 47–71.
  3. Zitiert nach Lydia L. Dewiel: Lombardei und Oberitalienische Seen. Köln 1987, S. 281. Link zur Erstausgabe 1855: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/223.
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