Das zwischen 1771 und 1785 erbaute Château de Purnon ist ein ehemaliges Jagdschloss im französischen Département Vienne und gehört zu der 400 Einwohner zählenden Gemeinde Verrue. Wahrscheinlich stand an dieser Stelle zuvor eine andere Schlossanlage. Es steht nach seiner Klassifizierung 1985 seit 1992 unter Denkmalschutz Monument historique Inscrit MH und wird von privater Hand umfassend renoviert.

Objekt

Zum zentralen, zweigeschossigen Baukörper gehören eine Reihe von symmetrisch darum angelegten Nebengebäuden. Dazu gehören Stallungen, eine Kapelle, eine Mühle und ein 24 ha großer Park. Das Gebäude und seine Nebengebäude zeichnen sich durch Symmetrie und Harmonie aus und sind im typischen Stil seiner Zeit unmittelbar vor der Französischen Revolution angelegt. Laut Direction Régionale des Affaires Culturelles (DRAC) gilt es als das Schönste im Département. 1812 wurde die 3 km lange Allee, die Terrassen und das monumentale Tor angelegt sowie die beiden, 100 Meter langen Wirtschaftsgebäude, die in ihrer Gesamtheit dem Schloss eine „große Erhabenheit verleihen“.

Geschichte und Bauzustand

Das Schloss wurde im Auftrag von Antoine-Charles Achard, Markgraf von Den Haag (1737–1816) aus hellem Sandstein errichtet. Er war Ritter des Ordre royal et militaire de Saint-Louis, 1773 Kavalleriehauptmann, dann Feldmarschall und Generalstabsadjutant der Armee der Prinzen. In einem Protokoll vom 13. Germinal II (2. April 1795) wurde festgehalten, dass das Land und der Meierhof, auf dem zuvor das bereits abgerissene Schloss Petit-Brisay gestanden hatte und deren Herrschaft 1608 ausgestorben war, an neue Besitzer verkauft und das „Material für den Wiederaufbau des Schlosses Purnon verwendet“ worden war. Besonderes Gepräge verleiht der aufwändig gestaltete Dachstuhl in Form eines umgedrehten Schiffsrumpfes im Stil Philibert de l’Ormes, der mit Schiefer eingedeckt ist. 105 Räume dienten neben der Familie und ihren Bediensteten auch größeren Jagdgesellschaften, die im Wald von Scévolles gute Bedingungen vorfanden.

Bereits aus dem 17. Jahrhundert ist die zum Besitz gehörende, Moulin-Bijard genannte Mühle, der der Gemüsegarten vorgelagert ist. An seiner Seite steht die 1900 in der Nachfolge Auguste Bollées von E. Lebert errichtete Eolienne, ein Windgenerator, der zur Bewässerung von Schloss und Gemüsegarten diente. Der Generator ruht auf einer gusseisenernen, zentralen Säule, die durch eine spindelförmige Wendeltreppe bis zu ihrer fast 15 Meter hohen Spitze zugänglich ist. Der ganz oben angebrachte Windrotor „treibt drei Kolbenpumpengehäuse an, die sich in einer runden Ädikula am Fuß des Bauwerks befinden. Die Pumpen saugen und fördern das Wasser“, das in den 9000 Liter fassenden Tank des benachbarten, gemauerten Turms gepumpt wurde. Auch diese Anlage steht unter Denkmalschutz.

Mehrere Generationen nach Antoine-Charles Achard ging der Besitz an Daniel Jérôme Robineau, Marquis de Rochequairie (1856–1919), der mit einem Bollée-Windgenerator die Bewässerung der Nutzgärten einführte, eine damals hochmoderne Anlage, von denen heute nur noch wenige Exemplare existieren. Seine Nachkommenschaft wohnte bis in die 2010er Jahre im Schloss. 2020 hat ein australisches Paar das Anwesen für 800.000 Euro gekauft mit dem Ziel, den aktuell beklagenswerten Zustand in den Originalzustand wiederherzustellen. Der immense Investitionsaufwand wird weitgehend durch öffentliche Mittel gefördert oder durch Spenden finanziert. Als Liebhaber der französischen Architektur des 18. Jahrhunderts ist es ihre Vision, das Schloss zu retten, zu renovieren und Besuchern zugänglich zu machen. Viele Gebäude oder Gebäudeteile sind bereits eingefallen oder sehr baufällig. Weiteren Schäden durch Witterungseinflüsse wird durch ihre Maßnahmen begegnet. Die DRAC leistet ihnen dabei technische und finanzielle Unterstützung, die bis zu 60 % der Kosten abdeckt. Jährlich zum Tag des Denkmals kann sich die Öffentlichkeit über den Baufortschritt vor Ort informieren.

Begleitet werden die neuen Eigentümer von Château Purnon auch von dem Kunsthistoriker und Chefarchitekten für historische Bauwerke von Schloss Versailles, Frédéric Didier (* 1960), der Purnon und die Familie Rochequairie schon zuvor kannte. „Große Angst“ vor dem Verfall des Gebäudes trieb ihn an. Sein Enthusiasmus veranlasste die beiden Australier, ihn für die Gesamtleitung dieses Renovationsprojekts auszuwählen.

Trotz der gewaltigen Schäden, die vor allem durch eindringendes Regenwasser entstanden sind, und der Vegetation, die in die Nebengebäude eingedrungen ist, stellt das Gebäude einen außergewöhnlichen Schatz dar, weil in den knapp 250 Jahren seit seiner Erbauung nur wenig verändert wurde. Zwar sind viele Möbel von Wert verschwunden, doch andere Einrichtungsgegenstände, die Baudokumentation samt Schriftverkehr und selbst die blaue Tapete der berühmten Pariser Manufaktur Réveillon des Jean-Baptiste Réveillon (1725–1811) sind nicht nur noch vorhanden, sondern in einem sehr guten Erhaltungszustand. Jeder Restaurierungsschritt erfolgt „nach den Regeln der Kunst“. Im Laufe des Jahres 2025 werden die Außenarbeiten abgeschlossen sein.

Unterstützt wird die Arbeit auch von dem populären Fernsehmoderator Stéphane Bern (* 1963), der mit der Kulturerbe-Stiftung Mission Patrimoine eine Plattform geschaffen hat, Finanzierungsquellen zu erschließen. Hauptgeldgeber war 2023 beispielsweise die Lottogesellschaft, mit deren Geldern das Dach fertiggestellt und die Fassade begonnen werden konnten.

Commons: Château de Purnon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Château de Purnon auf Ministère de Culture, PM86000679, 1992
  2. An AUSTRALIAN Couple Bought a FRENCH CHATEAU. Tour During RESTORATION with the Owner, Tim Holding. Aufnahme: 22. April 2022, Veröffentlichung: 18. Oktober 2022, So Châteeau TV, Youtube
  3. 1 2 3 4 Restaurierung des Schlosses von Purnon (Vienne): eine große Baustelle für ein Meisterwerk des 18. Jahrhunderts. Direction Régionale des Affaires Culturelles, 9. September 2020
  4. Famille Achard de Bonvouloir. Private genealogische Seite, 2. Januar 2015
  5. René-Achille-Joseph de Brisay: Histoire de la maison de Brisay, depuis le IXe siècle jusqu’à nos jours / par le marquis de Brisay. G. Fleury et A. Dangin (Mamers) 1889–1890, Seite 250
  6. Melissa Fyfe: Maison d’être: the Aussie MP who swapped politics for a grand French château. The Sydney Morning Herald, 16. Oktober 2021

Koordinaten: 46° 52′ 14″ N,  10′ 50″ O

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