Falsches Weißes Stängelbecherchen

Fruchtkörper von Hymenoscyphus fraxineus
auf Blattspindeln der Esche

Systematik
Unterabteilung: Echte Schlauchpilze (Pezizomycotina)
Klasse: Leotiomycetes
Ordnung: Helotiales
Familie: Helotiaceae
Gattung: Nagelbecherchen (Hymenoscyphus)
Art: Falsches Weißes Stängelbecherchen
Wissenschaftlicher Name
Hymenoscyphus fraxineus
(T. Kowalski) Baral, Queloz, Hosoya

Das Falsche Weiße Stängelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus; vor der Rechtschreibreform: Falsches Weißes Stengelbecherchen) ist eine 2010 neu beschriebene Pilzart aus der Unterabteilung der Echten Schlauchpilze. Hymenoscyphus fraxineus lebt auf den Blattspindeln abgeworfener Eschenblätter. Seine Nebenfruchtform Chalara fraxinea löst das Eschentriebsterben an Gemeiner Esche und Schmalblättriger Esche aus.

Die Fruchtkörper des Falschen Weißen Stängelbecherchens sind weiße becherförmige Apothecien mit einer Größe von 2 bis 7 mm, die auf den Blattspindeln im Vorjahr abgefallener Blätter erscheinen. Die von den Asci freigesetzten Ascosporen sind klebrig und sollen größer sein (15–22 µm) als bei der verwandten Art Hymenoscyphus albidus mit einer Sporenlänge von 8–20 µm. Die freigesetzten Ascosporen werden über den Wind verbreitet, was die schnelle Ausbreitung des Eschentriebsterbens erklärt.

Nebenfruchtform Chalara fraxinea

Bei der Suche nach dem Erreger des Eschentriebsterbens wurde 2006 in Polen der Pilz Chalara fraxinea als Nebenfruchtform eines unbekannten Pilzes entdeckt. Seit 2008 hielt man ihn fälschlicherweise für die Nebenfruchtform des Weißen Stängelbecherchens (Hymenoscyphus albidus). Dieser Schlauchpilz ist seit 1851 bekannt, aber nie als schädigender Parasit in Erscheinung getreten. Seit 2010 ist bekannt, dass Hymenoscyphus fraxineus die Hauptfruchtform von Chalara fraxinea ist.

Chalara fraxinea lebt parasitär in den Geweben der Blätter, Triebe und verholzten Teilen von Eschen und ist nach Ansicht einiger Forscher am vermehrten Absterben dieser Bäume in Europa beteiligt.

Chalara fraxinea befällt junge wie alte Bäume. Ungewöhnlich im Vergleich zu den meisten anderen Baumparasiten ist, dass gesunde, vitale Individuen besonders schwer getroffen werden. Es gibt Vermutungen, dass sich der Pilz aufgrund der gestiegenen Durchschnittstemperaturen in Mitteleuropa durchsetzen konnte. Seine Verbreitung begann wahrscheinlich im Baltikum. Nachgewiesen ist er inzwischen in Skandinavien, Großbritannien, Polen, Tschechien, Slowenien, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Symptome des Befalls sind schüttere Kronen sowie vertrocknende Blätter und Zweige. Da der Pilz die Leitungsbahnen befällt, stirbt der Baum von oben her ab. An der Rinde bilden sich gelblich- oder rötlich-braune Nekrosen.

Das Eschentriebsterben durch den Befall mit Chalara fraxinea ist vom Typus zunächst eine Erkrankung der Blätter und grünen Triebe, später auch der verholzten Teile, wobei von den inneren Geweben nicht primär die Gefäße, sondern v. a. das Parenchym der Holzstrahlen und das Mark besiedelt werden. Die auffälligen Rindennekrosen, die mitunter auch an eine Rindenbranderkrankung erinnern, sind eher ein sekundärer Schaden durch das Absterben lebender Rinde und des Kambiums. Die Erkrankung wird auch als „Eschensterben“ oder „Eschenwelke“ bezeichnet.

Merkmale

In Kultur bildet der Pilz ein mäßig wachsendes Luftmyzel, das anfangs weiß ist, sich später aber rotbräunlich bis gräulich oder schwarz verfärbt. Die vegetativen Hyphen sind durchscheinend bis olivbraun mit nur wenigen Verdickungen. In älteren Kulturen treten verdickte, pigmentierte Zellen auf. Die Phialiden stehen solitär an den vegetativen Hyphen und sind 20 bis 40 µm lang.

Einzelnachweise

  1. Hans-Otto Baral, Valentin Queloz, Tsuyoshi Hosoya: Hymenoscyphus fraxineus, the correct scientific name for the fungus causing ash dieback in Europe. In: IMA Fungus. Band 5, Nr. 1, 1. Juni 2014, ISSN 2210-6340, S. 79–80, doi:10.5598/imafungus.2014.05.01.09, PMID 25083409, PMC 4107900 (freier Volltext).
  2. 1 2 Valentin Queloz, Christoph R. Grünig, Reinhard Berndt, Tadeusz Kowalski, Thomas N. Sieber, Ottmar Holdenrieder: Cryptic speciation in Hymenoscyphus albidus. In: Forest Pathology. Band 41, 2011, S. 133–142, doi:10.1111/j.1439-0329.2010.00645.x.
  3. Das Eschentriebsterben. In: Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Abgerufen am 27. Januar 2015.
  4. Thomas Cech, Ute Hoyer-Tomiczek: Aktuelle Situation des Zurücksterbens der Esche in Österreich. In: Forstschutz Aktuell. Band 40, 2007, S. 8–10 (bfw.ac.at [PDF; 134 kB]).
  5. Volker Mrasek: Pilz-Parasit: Eschensterben alarmiert Forstexperten. 6. November 2008, abgerufen am 27. Januar 2015.
  6. Roland Engesser: Eschenwelke. In: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Waldschutz Schweiz (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2022. Suche in Webarchiven.). 25. September 2014, abgerufen am 27. Januar 2015.
  7. Jörg Schumacher, Alfred Wulf, Sindy Leonhard: Erster Nachweis von Chalara fraxinea T. KOWALSKI sp. nov. in Deutschland – ein Verursacher neuartiger Schäden an Eschen. In: Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes. Band 59, Nr. 6, 2007, S. 121–123 (http://www.ulmer.de/Artikel.dll/nb2007_06_121_123_MzMzNTAw.PDF (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2022. Suche in Webarchiven.)).
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Wiktionary: Eschentriebsterben – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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