Chalasmenos (griechisch Χαλασμένος), auch Chalasmeno, ist eine archäologische Ausgrabungsstätte im Nordosten der griechischen Insel Kreta. Sie befindet sich in der Gemeinde Ierapetra des Regionalbezirks Lasithi etwa 600 Meter nordöstlich des Ortes Monastiraki. Die auf einer Höhe von 230 Metern freigelegten Siedlungsreste vor dem Ausgang der Cha-Schlucht stammen aus spätminoischer Zeit am Ende des 2. Jahrtausends v. Chr.

Geschichte

Chalasmenos liegt ungefähr 3,35 Kilometer Luftlinie von der Nordküste Kretas bei Pachia Ammos entfernt. 350 Meter nordöstlich der Ausgrabungsstätte wurde eine weitere minoische Siedlung entdeckt, Katalymata (Καταλύματα). Letztere am Nordhang des Ausgangs der Cha-Schlucht wird als Vorgängersiedlung von Chalasmenos angesehen. Dabei stammen die Funde von Katalymata aus verschiedenen Epochen, während Chalasmenos größtenteils nur im Abschnitt SM III C der spätminoischen Zeit, der frühen Eisenzeit oder dunklen Jahrhunderte, besiedelt war. Chalasmenos gehörte in dieser Phase zu den größten Siedlungen im nördlichen Bereich des Isthmus von Ierapetra. Systematische Ausgrabungen begannen 1992 unter der Leitung von Metaxia Tsipopoulou und William Coulson.

Die Ausgrabungsstätte besteht aus drei Sektoren mit einem offenen, etwa quadratischen Platz im Zentrum. Insgesamt wurden fünf Megara ausgegraben, mit Hinweisen auf ein sechstes Megaron. Als Megaron bezeichnet man einen Haustyp von rechteckigem Grundriss mit einem Hauptraum, meist mit Herd, und einem Vorraum. Drei der Megara standen im nördlichen Teil des Sektors A im Westen der Siedlung parallel aneinandergereiht. Auch die weiteren Häuser von Chalasmenos im Sektor B im Südosten und Sektor C im Nordosten wurden in aneinandergereihter Bauweise errichtet. Einziges fast freistehendes Gebäude war der 5,5 × 13 Meter große Schrein der „Göttinnen mit den erhobenen Armen“ im Norden. Ein gleichartiges findet sich in der Ausgrabung von Vronda (Βρόντα) bei Kavousi. In spätgeometrischer Zeit (6. Jahrhundert v. Chr.) entstand im Südosten des südlichen Megarons in Sektor A von Chalasmenos ein als Oikos bezeichnetes Wirtschaftsgebäude, das an den zentralen Platz der Siedlung grenzte.

Die Verbindung zweier Architekturstile in Chalasmenos, der aneinandergereihten minoischen Bauweise mit der Form des mykenischen Megaron, führte seitens der Grabungsleiterin Metaxia Tsipopoulou zu der These, dass die Siedlung von einer Bevölkerung gemischter ethnischer Herkunft bewohnt worden sein könnte. Eine ähnliche Stilmischung aus diesem Zeitraum findet sich auch in der Höhensiedlung Karphi (Καρφί). Die mykenisch geprägte Keramik der Funde beinhaltete etwa 57 % der Zubereitung von Nahrung, 26 % zu deren Einnahme und 17 % der Lagerung dienende Gefäße sowie unter 1 % spezialisierte Vasen. Trotz des spätgeometrischen Oikos auf und neben dem größten Megaron der Siedlung stellt die Ausgrabungsstätte von Chalasmenos einen weitgehend ungestörten Befund aus der spätminoischen Zeit III C dar.

Literatur

  • Metaxia Tsipopoulou: Chalasmenos, Ierapetra: „Mycenaeanizing“ or Not at the End of the Bronze Age. In: Kevin T. Glowacki, Natalia Vogeikoff-Brogan (Hrsg.): Στέγα: The Archaeology of Houses and Households in Ancient Crete (= Hesperia Supplement. Band 44). American School of Classical Studies at Athens, 2011, S. 333–347 (englisch, Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. S. Paragamian, K. Paragamian: Ha Gorge. Exploring a spectacular hidden landscape. Hellenic institute of speleological research, Heraklion 2015, ISBN 978-618-82232-1-9, S. 26–27 (online).
  2. Krzystof Nowicki: Monastiraki Katalimata and Cretan History. In: Monastiraki Katalimata: Excavation of a Cretan Refuge Site, 1993–2000. INSTAP Academic Press, Philadelphia 2008, ISBN 978-1-931534-24-6, S. 85 (englisch, Digitalisat).
  3. Krzysztof Nowicki: Settlement in Crisis: The End of the LM/LH IIIB and Early IIIC in Crete and Other South Aegean Islands. In: A. Mazarakis Ainian (Hrsg.): The „Dark Ages“ Revisited. Acts of an International Symposium in Memory of William D. E. Coulson. University of Thessaly, Volos 2011, S. 442 (englisch, Digitalisat).
  4. 1 2 3 4 Anastasia Christophilopoulou: Domestic Space and Community Identity in the Aegean Islands and Crete 1200–600 BC. In: Maria Kristina Lahn, Maren-Grischa Schröter (Hrsg.): Raumdimensionen im Altertum (= MOSAIKjournal. Band 1). Aegeus Society for Aegean Prehistory, 2010, ISBN 978-1-61143-955-7, Chalasmenos, S. 91–97 (englisch, mosaikjournal.com [PDF; 3,0 MB]).
  5. Metaxia Tsipopoulou: A New Late Minoan IIIC Shrine at Halasmenos, East Crete. In: Robert Laffineur, Robin Hägg (Hrsg.): POTNIA. Deities and Religion in the Aegean Bronze Age (= Aegaeum. Band 22). Université de Liège, Lüttich 2001, S. 99 (englisch, Digitalisat).
  6. David Rupp: Monastiraki Katalimata. Excavation of a Cretan Refuge Site, 1993–2000 (review). In: Mouseion: Journal of the Classical Association of Canada. Band 8, Nr. 2, 2008, S. 296–298 (englisch, online).
  7. Metaxia Tsipopoulou: The economics of monumental buildings: A View from Crete. In: Parallel Lives: Ancient Island Societies in Crete and Cyprus (= British School at Athens Studies. Band 20). British School at Athens, 2012, S. 216–217 (englisch, petras-excavations.gr [PDF; 1,9 MB]).
  8. Krzysztof Nowicki: From Late Minoan IIIC Refuge Settlements to Geometric Acropoleis. In: Jean-Marc Luce (Hrsg.): Habitat et urbanisme dans le monde grec de la fin des palais mycéniens à la prise de Milet. Presses Universitaires du Mirail, Toulouse 2002, ISBN 2-85816-622-6, S. 168 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Commons: Archäologische Ausgrabungsstätte Chalasmenos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Chalasmenos – KAS 99. In: Digital Crete: Archaeological Atlas of Crete. Foundation for Research and Technology-Hellas (FORTH), Institute for Mediterranean Studies; (englisch).
  • Chalasmeno. (PDF) Lage und Plan. Universität Heidelberg, abgerufen am 28. Dezember 2016.
  • Matthew Haysom: Chalasmenos. American School of Classical Studies at Athens, 11. August 2014, abgerufen am 5. März 2018 (englisch).

Koordinaten: 35° 5′ 1,5″ N, 25° 49′ 53,9″ O

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.