Nikolaus „Claus“ Selzner, auch Nikolaus „Klaus“ Selzner (* 20. Februar 1899 in Groß-Moyeuvre, Diedenhofen; † 20. Juni 1944 in Heidelberg) war ein deutscher SS-Führer und Generalkommissar von Dnjepropetrowsk im Reichskommissariat Ukraine.
Leben
Nach Abschluss einer Schlosserlehre wurde der 15-jährige Selzner 1915 Ordonnanz in Metz. Im weiteren Verlauf des Ersten Weltkriegs wurde er als MG-Schütze und Flugzeugschlosser eingesetzt. Ab 1919 arbeitet er in Bayern als Schlosser und Techniker. Dort kam er schon vor seiner Übersiedlung von Ansbach nach Worms im Jahr 1924 in Kontakt zur NSDAP.
Selzner gehörte seit der Wiederzulassung der NSDAP 1925 der Partei (Mitgliedsnummer 24.137) und der von ihm in Worms aufgebauten SA an. Vermutlich ab Februar 1926 bis Juni 1928 war er Ortsgruppenleiter der NSDAP in Worms, wo er im selben Jahr auch die erste Hitlerjugend-Gruppe gründete. 1927 wurde Selzner zum Bezirksleiter der NSDAP für den Kreis Worms ernannt; vorrangige Aufgabe war der Aufbau von Ortsgruppen im ländlichen südlichen Rheinhessen. Im August 1927 rückte er in die Stadtverordnetenversammlung von Worms nach.
Nach einer Auseinandersetzung um die von Selzner seit April 1927 herausgegebenen Zeitung Die Faust und um die Gliederung der Partei in Rheinhessen wurde er im Februar 1928 aus der NSDAP ausgeschlossen. Nach heftigen Protesten der Ortsgruppe Worms wurde der Ausschluss im März 1928 durch Adolf Hitler gegen den Willen der Gauleitung für Hessen-Darmstadt aufgehoben, Selzner wurde wieder in seine Parteiämter als Ortsgruppenleiter und Bezirksleiter eingesetzt.
Im Jahr 1929 war er Adjutant der SA-Standarte Darmstadt. Nach parteiinternen Konflikten zog er 1930 nach Ludwigshafen am Rhein, wo er Ortsgruppen- und Kreisleiter wurde und in der BASF (damals IG Farben) eine NS-Betriebszelle gründete.
1932 wurde er Mitglied des Reichstags, 1934 stellvertretender Leiter der NS-Betriebszellenorganisation (NSBO), Leiter des Organisationsamtes der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude (KdF). In der DAF war er Reichsamtsleiter im Amt Ordensburgen. Seit 1936 war er Mitglied der SS (SS-Nummer 277.988). 1938 war er maßgeblich am Aufbau der Deutschen Arbeitsfront im Reichsgau Sudetenland beteiligt.
Am 2. Dezember 1936 wurde er zum SS-Oberführer und 1941 zum Hauptbefehlsleiter im Hauptschulungsamt der NSDAP ernannt.
Am 1. September 1941 wurde er zum Generalkommissar von Dnjepropetrowsk ernannt und war in dieser Funktion auch für die Ermordung der jüdischen Bevölkerung im Generalbezirk Dnjepropetrowsk verantwortlich. Nach sowjetischen Angaben war er direkt verantwortlich für die Ermordung von 17.000 Juden Ende 1941 in der Nähe des jüdischen Friedhofs in Dnjepropetrowsk. Im April 1942 wurde er zum SS-Brigadeführer befördert. Zuletzt lebte er in Einsiedlerhof bei Kaiserslautern. Er starb noch am 20. Juni 1944 (kurz vor Mitternacht) in der Chirurgischen Universitätsklinik in Heidelberg an Ösophagusvarizen (auf dem Boden einer Leberzirrhose). Nicht zutreffend ist damit die Variante, er sei angeblich einer Fischvergiftung erlegen. Sein Leichnam wurde am Folgetag nach Kaiserslautern überführt.
Nach Kriegsende wurden sämtliche Schriften Selzners in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.
Literatur
- Joachim Lilla, Martin Döring, Andreas Schulz: Statisten in Uniform: Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4, S. 613–614.
- Erich Stockhorst: 5000 Köpfe. Wer war was im 3. Reich. Arndt, Kiel 2000, ISBN 3-88741-116-1 (Unveränderter Nachdruck der ersten Auflage von 1967).
- Andreas Zellhuber: „Unsere Verwaltung treibt einer Katastrophe zu…“. Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941–1945. Vögel, München 2006, ISBN 3-89650-213-1.
- Franz Maier: Biographisches Organisationshandbuch der NSDAP und ihrer Gliederungen im Gebiet des heutigen Landes Rheinland-Pfalz (= Veröffentlichungen der Kommission des Landtages für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz. Band 28). v. Hase & Koehler, Mainz/Zarrentin 2007, ISBN 978-3-7758-1407-2; 2., (erg.) Auflage. Ebenda 2009, ISBN 978-3-7758-1408-9.
Weblinks
- Literatur von und über Claus Selzner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Claus Selzner in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Zeitungsartikel über Claus Selzner in den Historischen Pressearchiven der ZBW
Einzelnachweise
- 1 2 3 Markus Würz: Kampfzeit unter französischen Bajonetten. Die NSDAP in Rheinhessen in der Weimarer Republik. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-515-10288-9, passim, insbesondere S. 134–146.
- 1 2 3 4 5 Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 567.
- ↑ Hans Fenske: Der Aufstieg der pfälzischen NSDAP zur Massenbewegung 1928–1933. In: Gerhard Nestler, Stefan Schaupp, Hannes Ziegler (Hrsg.): Vom Scheitern der Demokratie. Die Pfalz am Ende der Weimarer Republik. Braun, Karlsruhe 2010, ISBN 978-3-7650-8541-3, S. 199–228, hier: S. 204.
- ↑ Deutsches Biographisches Archiv. Neue Folge bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. K. G. Saur, München 1988, Bl. 222–224.
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2., aktualisierte Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 578: Bezug auf Aktenzeichen ZST 114 AR-Z 67/67.
- ↑ vgl. Abschrift der Sterbeurkunde Nr. 1577 des Standesamtes Heidelberg vom 17.10.1950 (im Archiv des Internationalen Suchdienstes Bad Arolsen), Online unter: https://collections-server.arolsen-archives.org/G/wartime/02020202/0185/140996110/001.jpg
- ↑ vgl. Bescheinigung der Friedhofverwaltung Heidelberg vom 18.10.1950. Online unter: https://collections-server.arolsen-archives.org/G/wartime/02020202/0185/140994957/001.jpg
- ↑ Buchstabe S. In: Liste der auszusondernden Literatur. Herausgegeben von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone. Vorläufige Ausgabe nach dem Stand vom 1. April 1946. Zentralverlag, Berlin 1946, S. 347–414 (polunbi.de [abgerufen am 30. Juli 2019, Transkript Buchstabe S; Nr. 11040]).