Die Cohors XXXIII [Voluntariorum] civium Romanorum (deutsch 33. Kohorte [der Freiwilligen] der römischen Bürger) war möglicherweise eine römische Auxiliareinheit. Sie wird aufgrund einer unsicheren Lesung einer zweisprachigen griechisch-lateinischen Inschrift erschlossen, ihre Existenz ist also nicht gesichert.
Quellenlage
In der kleinasiatischen Stadt Amasra, dem antiken Amastris, wurde auf der Frontseite eines antiken Grabbaus die Grabinschrift eines Soldaten namens [–––]onacianus Severus gefunden (der erste Teil des Namens ist auf dem Stein nicht erhalten). Sie wird auf das 2. Jahrhundert n. Chr. datiert. Von dem Text existieren lediglich drei Abschriften, der Stein selbst war bereits im 19. Jahrhundert verloren. Die Inschrift bestand aus einem lateinischen und einem griechischen Teil, die jedoch beide denselben Inhalt hatten. Dem zufolge war [–––]onacianus Severus Tribun einer Kohorte der römischen Auxiliartruppen, dann Tribun in einer Legion – wohl der Legio III Gallica – und schließlich Präfekt der Ala Veterana Gallica. Sein Grabmal habe er zu Lebzeiten anlegen lassen.
Die zweite Zeile des lateinischen Textes, in der der Posten als Tribun einer Auxiliarkohorte aufgeführt wurde, wird in den drei Abschriften unterschiedlich zitiert: Durch Eugène Boré als „[–––]oihos XXXIII Car[–––]“, durch D. de Saint-Martin als „[–––]ohor XXX[.]II C R“ und durch einen gewissen Bsheschkian als „O • HOV • XXX •“ (alle drei hier nach dem Leidener Klammersystem wiedergegeben). Der griechische Text ist bedeutend schlechter erhalten als der lateinische und trägt damit zur Rekonstruktion des Textes nichts bei. Johannes Franz und ihm folgend Theodor Mommsen rekonstruierten die fragliche lateinische Zeile als „[trib(unus) c]ohor(tis) XXXII c(ivium) R(omanorum)“ (übersetzt: „Tribun der 32. Kohorte römischer Bürger“). Diese Kohorte, die Cohors XXXII Voluntariorum, ist auch aus anderen Zeugnissen bereits bekannt und war im 2. Jahrhundert n. Chr. in der Provinz Germania superior stationiert. Dass Boré als einziger Forscher, der diese Stelle auf dem Stein vollständig lesen zu können meinte, die Ordnungsnummer der Kohorte als 33 notiert hat, wäre demnach als Fehler des französischen Forschers zu erklären.
Conrad Cichorius zweifelte die Rekonstruktion von Franz und Mommsen an. Seiner Ansicht nach deuteten die drei bekannten Abschriften des Textes stark darauf hin, dass auf dem Stein tatsächlich „XXXIII“ gestanden habe. Daher geht er davon aus, dass eine 33. Kohorte römischer Bürger existiert habe, von der anderweitig schlicht noch keine Zeugnisse bekannt geworden seien. Dies sei keineswegs unwahrscheinlich – viele römische Hilfstruppen sind tatsächlich nur durch sehr wenige Quellen bekannt. Dieser Lesung schließt sich Christian Marek in seiner Edition der Inschrift an.
Hubert Devijver, der umfassende prosopographische Studien zur Geschichte der ritterlichen Offiziere im römischen Heer vorgelegt hat, übernahm anfänglich die Rekonstruktion durch Franz und Mommsen und zählte [–––]onacianus Severus zur Cohors XXXII Voluntariorum. Später dagegen schloss er sich Cichorius an und ging – allerdings mit einem Fragezeichen versehen – von der Existenz einer Cohors XXXIII Voluntariorum aus. Auch in der sonstigen prosopographischen und militärgeschichtlichen Forschung gehen die Ansichten auseinander: Während Hans-Georg Pflaum und John E. H. Spaul in der Inschrift aus Amastris einen Hinweis auf die bereits bekannte Cohors XXXII Voluntariorum sehen, gehen Marcel Le Glay und implizit auch Arthur Stein davon aus, dass dort eine bisher unbekannte Cohors XXXIII Voluntariorum bezeugt ist. Emil Ritterling dagegen legt sich in dieser Frage nicht fest. Die Lesart von Cichorius ist auch in die Epigraphik-Datenbank Clauss-Slaby und die Epigraphische Datenbank Heidelberg eingegangen.
Namensbestandteile
Auf der Inschrift aus Amastris ist nur der Beiname „c(ivium) R(omanorum)“ („[Kohorte] römischer Bürger“) verzeichnet. In Analogie zu anderen Hilfstruppen ist jedoch auch von dem Beinamen „Voluntariorum“ („[Kohorte] der Freiwilligen“) auszugehen. Es handelte sich demnach um eine Truppe, deren Soldaten bei Aufstellung der Einheit aus römischen Bürgern rekrutiert worden waren. Insgesamt wurden möglicherweise bis zu 44 (oder 48) Kohorten aus römischen Bürgern gebildet, von denen aber nur 18 sicher belegt sind (die Cohors XXXIII Voluntariorum nicht eingerechnet).
Solange es keine Hinweise auf die Namenszusätze milliaria (1000 Mann) und equitata (teilberitten) gibt, ist bei solchen Auxiliartruppen davon auszugehen, dass es sich um eine Cohors (quingenaria) peditata, eine reine Infanterie-Kohorte, handelt. Die Sollstärke der Einheit lag demnach wohl bei 480 Mann, bestehend aus sechs Zenturien mit jeweils 80 Mann.
Angehörige der Kohorte
Außer dem Grabstein des [–––]onacianus Severus liegen keine antiken Quellen für die Cohors XXXIII Voluntariorum vor; dieser Tribun ist also (sofern die Kohorte tatsächlich existierte) ihr einziges derzeit bekanntes Mitglied.
Einzelnachweise
- 1 2 Hubert Devijver: De Aegypto et Exercitu Romano sive Prosopographia Militiarum Equestrium quae ab Augusto ad Gallienum seu statione seu origine ad Aegyptum pertinebant (= Studia Hellenistica. Band 22). Universitaire Stichting van België, Lovanii 1975, S. 94, Nr. 109.
- ↑ August Boeckh, Johannes Franz: Corpus Inscriptionum Graecarum. Band 3, Georg Reimer, Berlin 1853, S. 117, Nr. 4152.
- ↑ Theodor Mommsen (Hrsg.): Inscriptiones Asiae Provinciarum Europae Graecarum Illyrici Latinae (= Corpus Inscriptionum Latinarum. Band 3,1). Georg Reimer, Berlin 1873, S. 58, Nr. 320 (mit Nebeneinanderstellung aller drei vorhandener Abschriften des Textes).
- 1 2 Conrad Cichorius: Cohors. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV,1, Stuttgart 1900, Sp. 231–356, hier Sp. 356.
- ↑ Christian Marek: Stadt, Ära und Territorium in Pontus-Bithynia und Nord-Galatia (= Istanbuler Forschungen. Band 39). Ernst Wasmuth, Tübingen 1993, ISBN 3-8030-1760-2, S. 168, Nr. 40.
- ↑ Hubert Devijver: Prosopographia Militiarum Equestrium quae fuerunt ab Augusto ad Gallienum. Band 2: Litterae L–V. Ignoti – Incerti (= Symbolae. Serie A, Band 3). Universitaire Pers Leuven, Leuven 1977, ISBN 90-6186-056-3, S. 771, Nr. 104.
- ↑ Hubert Devijver: Equestrian Officers from the East. In: Philip Freeman, David Kennedy (Hrsg.): The Defence of the Roman and Byzantine East (= BAR International Series. Band 297). Band 1, British Archaeological Reports, Oxford 1986, ISBN 0-86054-381-1, S. 109–225, hier S. 155, Nr. 9.
- ↑ Hans-Georg Pflaum: Les carrières procuratoriennes équestres sous le haut-empire Romain (= Bibliothèque archéologique et historique. Band 57). Band 1, Paul Geuthner, Paris 1960, S. 417, Anm. 1, Nr. 8.
- ↑ John Spaul: Cohors². The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army (= BAR International Series. Band 841). British Archaeological Reports, Oxford 2000, ISBN 978-1-84171-046-4, S. 47 f.
- ↑ Marcel Le Glay: Le commandement des Cohortes Volvntariorvm de l'armée romaine. In: Ancient Society. Band 3, 1972, S. 209–221, hier S. 215.
- ↑ Arthur Stein: Die kaiserlichen Beamten und Truppenkörper im römischen Deutschland unter dem Prinzipat (= Beiträge zur Verwaltungs- und Heeresgeschichte von Gallien und Germanien. Band 1). L. W. Seidel & Sohn, Wien 1932, S. 232, Anm. 514.
- ↑ Emil Ritterling: Fasti des römischen Deutschland unter dem Prinzipat (= Beiträge zur Verwaltungs- und Heeresgeschichte von Gallien und Germanien. Band 2). L. W. Seidel & Sohn, Wien 1932, S. 148.
- ↑ Eintrag zur Inschrift in der Epigraphik-Datenbank Clauss-Slaby, abgerufen am 10. Februar 2019.
- ↑ Eintrag zur Inschrift in der Epigraphischen Datenbank Heidelberg, abgerufen am 10. Februar 2019.
- ↑ John Spaul: Cohors². The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army (= BAR International Series. Band 841). British Archaeological Reports, Oxford 2000, ISBN 978-1-84171046-4, S. 19 f.
- ↑ Siehe die Aufschlüsselung der bekannten ritterlichen Offiziere: Hubert Devijver: Prosopographia Militiarum Equestrium quae fuerunt ab Augusto ad Gallienum. Band 6: Laterculi Alarum – Cohortium – Legionum (= Symbolae. Serie A, Band 3). Universitaire Pers Leuven, Leuven 2001, ISBN 90-5867-162-3, S. 132.