Convolvulus scammonia

Convolvulus scammonia, Illustration

Systematik
Asteriden
Euasteriden I
Ordnung: Nachtschattenartige (Solanales)
Familie: Windengewächse (Convolvulaceae)
Gattung: Winden (Convolvulus)
Art: Convolvulus scammonia
Wissenschaftlicher Name
Convolvulus scammonia
L.

Convolvulus scammonia ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Winden (Convolvulus) in der Familie der Windengewächse (Convolvulaceae). Sie heißt auch Orientalische Purgierwinde, „Purgierwinde“ wegen ihrer abführenden Wirkung und „orientalisch“ zur Unterscheidung von Jalape, der Mexikanischen Purgierwinde.

Beschreibung

Convolvulus scammonia ist eine ausdauernde Pflanze, deren dünne, krautige Stängel bis zu 75 cm lang werden können und kriechen oder sich winden. Die Pflanze ist unbehaart. Die Laubblätter sind gestielt, dreieckig-eiförmig oder -lanzettlich, pfeilförmig und ganzrandig.

Die Blütenstandsstiele stehen in den Achseln, sind meist deutlich länger als die Tragblätter und tragen meist mehr als drei Blüten. Die Kelchblätter sind zugespitzt und ausgerandet. Die Krone ist etwa 25 bis 45 mm lang und hellgelb gefärbt.

Vorkommen

Convolvulus scammonia kommt auf der Krim, den Ostägäischen Inseln, im äußeren und südöstlichen Anatolien, in West-Syrien und im Nord-Irak vor. Sie besiedelt Eichenwälder auf Kalk, Macchien, Schutthänge, Schotterflächen, Ruinen, Äcker und Brachland bis in 1350 m Höhe.

Nutzung

Der getrocknete Milchsaft der Wurzel der Purgierwinde (lateinisch scammonia, auch scammonea) wurde unter der Bezeichnung Skammonium oder Scammonium bzw. als Diagridium oder Dyagridion als stark (drastisch) wirkendes Abführmittel benutzt, als Drastikum, nach dem zweiten Band von Jonathan Pereiras (1804–1853) und Rudolf Buchheims Handbuch der Heilmittellehre vielleicht schon vor Hippokrates. Die Indikation entsprach damit dem Jalapenharz, dem getrockneten Milchsaft der Wurzel von Ipomoea purga, ebenfalls einem Windengewächs. Die Wirkstoffe sind harzartige Glykoside. Einige (wie zum Beispiel Scammonin I, Purginosid I und II und Purgin I) sind in ihrer Struktur aufgeklärt. Der Pharmakologe Paul Trendelenburg nennt in seinen 1926 erschienenen Grundlagen der allgemeinen und speziellen Arzneiverordnung die Pflanze Convolvulus scammonia und das Skammonium nicht mehr, wohl aber die Jalapenwurzel. Er kommentiert: „Alle drastischen Abführmittel sind mit großer Vorsicht anzuwenden. Bei stärkeren Dosen kann die Darmschleimhautentzündung so heftig werden, daß gehäufte, den Patienten stark schwächende dünnflüssige Entleerungen, die mit starken Kolikschmerzen verbunden sind, eintreten, nach hohen Dosen tritt schwerste blutige Gastroenteritis auf.“ Als Surrogat für Scammonium fand früher der Milchsaft (in getrockneter Form Euphorbium genannt) der Zypressen-Wolfsmilch Verwendung.

Merck’s Warenlexikon erwähnt 1920 Aleppo in Syrien und Izmir in der Türkei als hauptsächliche Produktionsorte des Skammoniums, beklagt die zunehmende Verfälschung der Ware und verweist auf die alternative Herstellung von Patent-Skammonium. Hierbei wurden getrocknete Wurzeln importiert und mit Ethanol extrahiert.

Heute ist die Verwendung aus den von Trendelenburg genannten Gründen obsolet. Der Satz „It has been superseded by less toxic purgatives“ – „Es ist durch weniger giftige Laxantien verdrängt worden“ bezieht sich auf Skammonium und Jalapenharz.

Literatur

  • Clive A. Stace: Convolvulus. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 3: Diapensiaceae to Myoporaceae. Cambridge University Press, Cambridge 1972, ISBN 0-521-08489-X, S. 82 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Einzelnachweise

  1. 1 2 Jonathan Pereira, Rudolf Buchheim: Handbuch der Heilmittellehre. Band 2, Leopold Voß, Leipzig 1848, S. 339 ff., Volltext in der Google-Buchsuche
  2. B. S. Parris: Convolvulus. In: Peter Hadland Davis (Hrsg.): Flora of Turkey and the East Aegean Islands. Vol. 6 (Campanulaceae to Scrophulariaceae). Edinburgh University Press, Edinburgh 1978, ISBN 0-85224-336-7, S. 217 (englisch).
  3. Georges, 1913.
  4. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 141 (Diacrydium = Diagridium: Gekörntes oder gepulvertes Scammonium, das mit Saft zu einer emulsionsartigen Lösung bereitet wurde) und S. 155 (Scammonea: Saft von Convolvulus scammonia, so Scammonea Antiochiana aus Antiochia und z. B. auch Scammonea aus Aleppe und Smyrna.); sowie Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 30 (Dyagridion „[a]in saft also genant“).
  5. Jonathan Pereira, Rudolf Buchheim: Handbuch der Heilmittellehre. Band 2, Leopold Voß, Leipzig 1848, S. 344 ff., Volltext in der Google-Buchsuche
  6. R. Magnus: Convulvulin, Jalapin (Scammonin), Turpethin, Ipomoein. In: A. Heffter (Hrsg.): Handbuch der experimentellen Pharmakologie. Zweiter Band, 2. Hälfte. Julius Springer, Berlin 1924, S. 1664–1669.
  7. John Castañeda-Gómez, Rogelio Pereda-Miranda: Resin glycosides from the herbal drug jalap (Ipomoea purga). In: Journal of Natural Products. Band 74, 2011, S. 1148–1153, doi:10.1021/np200080k.
  8. Paul Trendelenburg: Grundlagen der allgemeinen und speziellen Arzneiverordnung. Vogel, Leipzig 1926.
  9. Georg Dragendorff: Die Heilpflanzen der verschiedenen Völker und Zeiten. Ihre Anwendung, wesentlichen Bestandtheile und Geschichte. Ein Handbuch für Ärzte, Apotheker, Botaniker und Droguisten. Ferdinand Enke, Stuttgart 1898; Neudruck: Werner Fritsch, München 1967; Reprographischer Nachdruck: München 1968, S. 390 f.
  10. Skammonium (Memento vom 2. Januar 2015 im Internet Archive). In: Adolf Beythien, Ernst Dressler (Hrsg.): Merck’s Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe. 7. Auflage. Gloeckner, Leipzig 1920 (Nachdruck: Manuscriptum, Recklinghausen 1996. ISBN 3-933497-13-2)
  11. Ainley Wade (Hrsg.): Martindale – The Extra Pharmacopoeia. 27. Auflage. The Pharmaceutical Press, London 1977, S. 1337–1338.
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