Das Dampfkornbranntweinbrennereimuseum in Wildeshausen, Wittekindstraße 2, war ein von 1982 bis 2021 betriebenes Industriemuseum, in dem alte Verfahren zur Alkoholherstellung demonstriert wurden. Besonderheit war eine etwa 15 PS starke, noch funktionsfähige Einkolbenfliehkraftregulator-Dampfmaschine, erbaut 1887. Das Museum zeigte die Herstellung von Alkohol aus Getreide, seine Verarbeitung, das Abfüllen und Verkorken bis hin zum Etikettieren von Flaschen. Der etwa 150 Quadratmeter große Kornboden in der zweiten Etage wurde als Ausstellungsraum sowie für Kleinkunstveranstaltungen genutzt.

Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Geschichte

1857 gründete Johann Heinrich Kolloge die Brennerei Kolloge. Der Alkoholherstellung fand zunächst in einem kleinen, neu errichteten Brennhaus an der Huntestraße in Wildeshausen statt, vermutlich bereits mit Nutzung von Dampfenergie. 1887 wurde der Betrieb mit einem Einflammrohr-Dampfkessel vom Typ Galloway mit einer Dampfspannung von 6 atü sowie einer Einzylinder-Dampfmaschine ausgestattet. 1895 fiel das Brennhaus einem der großen Wildeshauser Stadtbrände zum Opfer.

Der Sohn des Firmengründers errichtete noch im selben Jahr das bestehende dreigeschossige verputzte trapezförmige Brennereigebäude mit Satteldach, dem Anbau mit Pultdach und daneben dem achteckiger Schornstein.
Einzelne Ausstattungsgegenstände und Maschinen des alten Brennhauses wie der Dampfkessel und die Dampfmaschine, die den Brand überstanden hatten, wurden wieder mit eingebaut. Der Betrieb firmierte jetzt unter Dampfkornbranntweinbrennerei und Hefefabrik.

1913 wurde der Galloway-Dampfkessel durch einen kohlebefeuerten Einflammrohr-Kessel mit 10 atü Betriebsdruck erneuert. Kessel und Dampfmaschine waren bis 1972 im Einsatz. Sie versorgten zum einen den Maschinenpark des Betriebes, zu dem zum Beispiel Dampfpumpen, Getreidemühle, Fahrstuhl, Flaschenzug oder Rührwerke gehören, mit Energie. Zum anderen lieferten sie den Kochdampf für das Dämpfen des Getreides sowie für die Destillation. Die Dampfmaschine ist eine der ältesten erhaltenen dieser Art, sie wird heute mittels eines Kompressors betrieben. Auch der Dampfkessel sowie der weitere Maschinenpark, Werkzeuge und Geräte sind im originalen Zustand erhalten und großenteils funktionsfähig.

Im November 1972 wurde durch den Orkan Quimburga der Schornstein des Brennereigebäudes teilweise zerstört. Die Destillerie, betrieben von Ulrich Kolloge, einem Urenkel des Firmengründers, beendete daraufhin ihre Arbeit. Seit dieser Zeit konnten nur noch Vorprodukte verschnitten und gemixt werden. 1978 wurde der Betrieb ganz eingestellt. In Privatinitiative wurde das viergeschossige Gebäude seit 1978 restauriert und 1982 von der Eigentümerfamilie zu einem symbolischen Preis an den Museumsverein für die Dampfkornbranntweinbrennerei in Wildeshausen e. V. verpachtet, der das Museum fortan betrieb. Das Museum hatte jährlich etwa 2000 Besucher. Es bildete eine Station der Route der Industriekultur im Nordwesten.

Im Juni 2021 wurde das Museum geschlossen, unter anderem finanzielle Gründe waren hierfür ausschlaggebend. Im November 2021 löste sich der Museumsverein auf. Das Gebäude wird heute privat genutzt.

Literatur

  • Heinrich Kreipe: Ein Besuch im Kornbrennerei-Museum Wildeshausen, in: Die Alkohol-Industrie (AI), 100. Jg., H. 6/1987, S. 133–135.
  • Eva-Maria Ameskamp: Aus bestem Malz und Hopfen, in: Wildeshauser Schriften für Heimat, Geschichte & Kultur, Band 14/2016, S. 13.
Commons: Dampfkornbranntweinbrennereimuseum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Liste der Baudenkmale in Wildeshausen
  2. Die Alkohol-Industrie (AI), 100. Jg., H. 6/1987, S. 133–135. und: Verzeichnis von Kraft- und Dampfmaschinen
  3. Denkmalatlas Niedersachsen: Kornbrennerei (Brennereimuseum)

Koordinaten: 52° 53′ 49,6″ N,  26′ 21,8″ O

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