Daniel Jositsch (* 25. März 1965 in Zürich; heimatberechtigt in Geroldswil und Stäfa) ist ein Schweizer Rechtswissenschaftler und Politiker (SP).
Beruf
Jositsch wuchs in Zürich und im Limmattal auf. An der Kantonsschule Stadelhofen absolvierte er 1984 die Matur Typus B. Von 1985 bis 1990 studierte er Rechtswissenschaft an der Universität St. Gallen (HSG) und schloss mit dem Lizenziat ab. Er ist Mitglied der Studentenverbindung AV Bodania.
Von 1991 bis 1995 war er Geschäftsführer der Schweizer Handelskammer in Kolumbien. Nach Erwerb des kolumbianischen Anwaltspatents 1992 war er ausserdem als selbständiger Rechtsanwalt in Bogotá tätig. Parallel dazu promovierte er 1993 an der Universität St. Gallen.
Wieder zurück in Zürich, war er zunächst (1995/96) als juristischer Mitarbeiter beim Versicherungsbroker Kessler & Co., danach (1996–1998) als Praktikant beim Anwaltsbüro Naegeli & Streichenberg tätig. 1998 erwarb er das zürcherische Anwaltspatent und war beim selben Anwaltsbüro bis 2000 als Rechtsanwalt tätig. Von 2000 bis 2004 war er selbständiger Rechtsanwalt, er prozessierte und war vorwiegend im Bereich Strafrecht aktiv. Gleichzeitig arbeitete er an seiner Habilitationsschrift.
2004 habilitierte er sich an der Universität Zürich. Noch im selben Jahr wurde er von der Universität Zürich zum ausserordentlichen Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und strafrechtliche Hilfswissenschaften berufen. 2012 wurde er vom Universitätsrat der Universität Zürich zum ordentlichen Professor befördert.
Politik
Jositsch gehörte in jungen Jahren der Grünen Partei an und wechselte dann zur SP. Von 2005 bis 2009 war er Präsident der Sozialdemokratischen Partei im Bezirk Meilen. 2006 wurde er zum Präsidenten der Zürcher Sektion der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz (NEBS) gewählt, der er bis 2008 vorstand. Im Frühling 2007 wurde er in den Zürcher Kantonsrat gewählt, aus dem er aber bereits im folgenden Herbst zurücktrat, da er in den nationalen Parlamentswahlen ein Mandat als Nationalrat gewonnen hatte. Im gleichen Jahr erregte ein von ihm gemeinsam mit Chantal Galladé veröffentlichter 12-Punkte-Plan zur Lösung von Jugendgewalt und Schulproblemen mediale Aufmerksamkeit. 2017 präsentierte er mit anderen Vertretern des rechten Flügels der SP eine sozialliberale Plattform innerhalb der SP. Bei der Ersatzwahl zum Zürcher Regierungsrat am 29. November 2009 unterlag er Ernst Stocker, der die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang erreichte. Bei den Parlamentswahlen vom 23. Oktober 2011 wurde er als Nationalrat bestätigt.
Am 9. November 2011 wurde Jositsch an der Delegiertenversammlung zum Präsidenten des KV Schweiz gewählt.
Am 18. Oktober 2015 wurde Jositsch als Vertreter des Kantons Zürich im ersten Wahlgang in den Ständerat gewählt. In diesem Amt wurde er bei den Wahlen am 20. Oktober 2019 bestätigt, ebenfalls im ersten Wahlgang. Jositsch kandidierte für die Bundesratswahl 2022 als Nachfolger der zurücktretenden Simonetta Sommaruga. Die SP-Fraktion beschloss aber an ihrer Sitzung vom 18. November 2022, dass sie der Bundesversammlung zwei Frauen für die Nachfolge von Simonetta Sommaruga vorschlagen werde. Sie folgte damit einem entsprechenden Antrag des Partei- und Fraktionspräsidiums. Nach der Fraktionssitzung erklärte Daniel Jositsch, dass er den Entscheid der Fraktion akzeptiere und für eine wilde Kandidatur nicht zur Verfügung stehe. Allerdings war er bis zur Wahl auch nie bereit öffentlich zu sagen, dass er nicht zur Wahl stehe oder eine allfällige Wahl nicht annehme. Am 5. September 2023 kündigte Jositsch seine Kandidatur für die Bundesratswahl 2023 an, als Nachfolger für Alain Berset.
Privates
Daniel Jositsch ist geschieden und hat einen erwachsenen Sohn.
Einer seiner vier Urgrossväter stammte aus der Ukraine. Die ursprüngliche Schreibweise seines Nachnamens Josselowitsch respektive Joselowitz geht auf seinen Urgrossvater, den Kaufmann Benjamin Josselowitsch-Lack, zurück, der sich 1913 in Geroldswil einbürgern liess. Er gehört dem Judentum an.
Jositsch war mehrere Jahre (bis 2014) mit der SP-Nationalrätin Chantal Galladé liiert. Er ist schweizerisch-kolumbianischer Doppelbürger.
In der Schweizer Armee trägt er den Dienstgrad Oberstleutnant.
Schriften
- Die Revision des Strafgesetzbuches im Hinblick auf einen Beitritt zum Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung. 1990 (Diplomarbeit, Hochschule St. Gallen, 1990).
- Strafrecht gegen Rassendiskriminierung: Rechtsvergleich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kolumbien mit Blick auf die Revision des schweizerischen Strafrechts. 1993 (Dissertation, Hochschule St. Gallen, 1993).
- Das Schweizerische Korruptionsstrafrecht: Art. 322ter bis Art. 322octies StGB. Schulthess, Zürich 2004, ISBN 3-7255-4840-4 (Habilitationsschrift, Universität Zürich, 2003).
- Grundriss des schweizerischen Strafprozessrechts. Dike, Zürich 2009, ISBN 978-3-03751-187-9.
- (Gesamtleitung) Schweizerische Jugendstrafprozessordnung (JStPO): Kommentar. Dike, Zürich 2010, ISBN 978-3-03-751287-6.
- mit Christian Schwarzenegger, Wolfgang Wohlers (Hrsg.): Festschrift für Andreas Donatsch. Schulthess, Zürich 2017.
Weblinks
- Literatur von und über Daniel Jositsch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Daniel Jositsch auf der Website der Bundesversammlung
- Website von Daniel Jositsch
- Die ersten hundert Tage von Daniel Jositsch als neugewählter Nationalrat (Memento vom 1. Dezember 2008 im Internet Archive). In: NZZ Folio. März 2008
- Gast: Daniel Jositsch. In: SRF, Schawinski. 25. März 2013 (Video; 27 min)
- Daniel Jositsch. In: Radio 1, Doppelpunkt. 11. November 2018 (Talksendung; Audio; 54 min)
Einzelnachweise
- ↑ Stefan Häne: Daniel Jositschs Vergangenheit im erzkonservativen Männerbund (Memento vom 13. März 2014 im Internet Archive). In: Tages-Anzeiger. 28. Oktober 2009, abgerufen am 21. März 2022.
- ↑ Aus den Verhandlungen des Universitätsrats. Beförderungen (Memento vom 12. März 2014 im Internet Archive). Website des Kantons Zürich, 24. Januar 2012, abgerufen am 21. März 2022 (Medienmitteilung).
- ↑ Jositsch zum ordentlichen Professor ernannt. In: NZZ Online. 24. Januar 2012, abgerufen am 12. März 2014.
- ↑ Matthias Scharrer: Martin Bäumle: «Ich habe mit Noser grosse Gemeinsamkeiten». In: Limmattaler Zeitung. 2. Februar 2015, abgerufen am 2. Januar 2016.
- ↑ 12-Punkte-Plan zur Lösung von Jugendgewalt und Schulproblemen (Memento vom 18. Oktober 2010 im Internet Archive). Website von Daniel Jositsch, abgerufen am 12. März 2014 (PDF; 84 kB).
- ↑ Simon Hehli: Die SP-Reformer demonstrieren Breite. In: Neue Zürcher Zeitung. 27. Februar 2017, abgerufen am 25. September 2019.
- ↑ Unterstützen. Website der Reformplattform, abgerufen am 25. September 2019.
- ↑ Ersatzwahl eines Mitgliedes des Regierungsrates. Amtliches Endergebnis. Website des Kantons Zürich, 29. November 2009, abgerufen am 12. März 2014 (PDF; 16 kB).
- ↑ Daniel Jositsch ist neuer Präsident des KV Schweiz. In: Neue Zürcher Zeitung. 9. November 2011.
- ↑ Wahlen15 Zürich. Daniel Jositsch schafft den Sprung in den Ständerat. In: SRF. 18. Oktober 2015, abgerufen am 25. Oktober 2015.
- ↑ Zürcher Ständeratssitze. Daniel Jositsch (SP) schafft ein Glanzresultat. In: SRF. 19. Oktober 2019, abgerufen am 20. Oktober 2019.
- ↑ Nachfolge von Sommaruga - Daniel Jositsch will Bundesrat werden. In: SRF. 8. November 2022, abgerufen am 9. November 2022.
- ↑ SP-Fraktion setzt keinen Mann aufs Bundesratsticket. srf.ch, 18. November 2022, abgerufen am 6. Dezember 2022.
- ↑ Ab sofort ein No-Go für den Bundesrat. Ringier, 6. Dezember 2022, abgerufen am 8. Dezember 2022.
- ↑ SP-Ständerat erklärt Kandidatur – «Lust und Wille»: Daniel Jositsch will Bundesrat werden. 5. September 2023, abgerufen am 5. September 2023.
- ↑ Daniel Binswanger: Ein Mann in der Offensive. In: Das Magazin. 5. September 2008, abgerufen am 19. Juni 2021 (archiviert auf der Website von Andreas Flückiger).
- ↑ Neue Zürcher Nachrichten. In: e-newspaperarchives.ch. 28. April 1958, abgerufen am 5. November 2022 (Urgrossmutter väterlicherseits).
- ↑ Neue Zürcher Nachrichten. In: e-newspaperarchive.ch. 19. September 1962, abgerufen am 5. November 2022 (Grossmutter väterlicherseits).
- ↑ Neue Zürcher Nachrichten. 30. Mai 1984, abgerufen am 5. November 2022 (Grossvater väterlicherseits).
- ↑ Neue Zürcher Nachrichten. In: e-newspaperarchive.ch. 2. August 1926, abgerufen am 5. November 2022 ('Joselowitz' von Geroldswil ZH (Abschluss ETH Zürich)).
- ↑ Historisches Lexikon der Schweiz. In: Familiennamenbuch der Schweiz. Abgerufen am 5. November 2022 (Nachweis betreffend „Josselowitsch“ von Geroldswil (ursprünglich SU = Sowjetunion)).
- ↑ Reza Rafi: Daniel Jositsch sucht neues Engagement. Der SP-Politiker kandidiert für den Vorstand der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (Memento vom 25. Oktober 2015 im Webarchiv archive.today). In: SonntagsZeitung. 25. Oktober 2015, abgerufen am 21. März 2022.
- ↑ Andreas Käsermann: Jositsch und Galladé: Liebes-Aus! In: Blick. 8. Februar 2014.
- ↑ Ruedi Baumann: Was es uns angeht, wenn Jositsch und Galladé ein Paar sind (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive). In: Tages-Anzeiger. 17. Oktober 2009.
- ↑ Kuno Gurtner: Daniel Jositsch – ein cleverer Blender. In: Neue Zürcher Zeitung. 29. Oktober 2009.
- ↑ Daniel Jositsch ist jetzt auch Kolumbianer. In: Tages-Anzeiger. 12. Januar 2017.