Klassifikation nach ICD-10
G60.0 Hereditäre sensomotorische Neuropathie
- Déjerine-Sottas-Krankheit
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Déjerine-Sottas-Krankheit gehört zu den hereditären motorischen und sensiblen Neuropathien, einer Gruppe vererbter Krankheiten der peripheren Nerven. Sie wird häufig als HMSN Typ III bezeichnet.

Synonyme sind: Déjerine-Sottas-Syndrom, Hypertrophe neurale Muskelatrophie Typ Déjerine-Sottas, Hypertrophe rezessiv-autosomal vererbte motorisch-sensible Neuropathie. Charcot-Marie-Tooth-Krankheit Typ 3, Hypertrophe Neuropathie der Kindheit.

Die Erkrankung ist nach den Erstbeschreibern von 1893, den französischen Neurologen Joseph Jules Déjerine (1849–1917) und Jules Sottas (1866–1943) benannt.

Verbreitung

Es handelt sich um eine sporadisch auftretende Erbkrankheit, sie kann autosomal-dominant und rezessiv vererbt werden.

Ursachen

Anscheinend liegen Mutationen verschiedener Gene zugrunde.

Berichtet wurde über Veränderungen in mehreren Genlokalisationen:

  • MPZ Gen auf Chromosom 1q22, welches das Myelin protein zero enkodiert
  • PMP22 Gen auf Chromosom 17p11 (Peripheral myelin protein 22)
  • PRX Gen, welches das Periaxinprotein enkodiert
  • EGR2 Gen (Early growth response protein 2)

Klinische Erscheinungen

Das klinische Bild entspricht der hereditären motorisch-sensiblen Neuropathie Typ I, die Erkrankung beginnt allerdings früher und ist in der Ausprägung stärker.

Diagnostische Kriterien sind:

  • Beginn in der frühen Kindheit mit verzögerter motorischer Entwicklung (Gehvermögen)
  • Zunehmende Verschlechterung ab dem jungen Erwachsenenalter mit Verlust des Gehvermögens
  • Weitgehend symmetrische beinbetonte Polyneuropathie mit Atrophie der Muskulatur an Unterschenkel, Fuß und Hand mit Bewegungsstörung der Hände und Finger
  • Missempfindungen, Krämpfe, Beinschmerzen und Faszikulationen

Zusätzlich können Fehlbildungen wie Klumpfuss, Skoliose oder Trichterbrust vorliegen, im Verlauf sich dystrophische Störungen wie Sudeck entwickeln.

Diagnose

Neben aufgehobenen Reflexen findet sich eine ausgeprägte Verzögerung der Nervenleitgeschwindigkeit mit erheblich verminderten sensiblen Nervenpotentialen in der Elektromyographie.

Im Liquor cerebrospinalis kann die Proteinkonzentration auf bis 2000 mg/l erhöht sein, allerdings können die verschiedenen HMSN Typen nicht aufgrund der Liqourdiagnostik unterschieden werden. Die Extremitätennerven sind verdickt, was mitunter bereits klinisch getastet werden kann, sonst bildgebend im MRT erkennbar ist. Histologisch liegt eine ausgeprägte Hypertrophie der Schwann-Zellen vor, verminderte Markfasern mit Zwiebenschalenformationen.

Differentialdiagnose

Abzugrenzen sind andere Formen der Hereditären sensomotorischen Neuropathie.

Therapie

Eine ursächliche Behandlung ist derzeit nicht bekannt.

Literatur

  • Peter Reuter: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin u. a. 2004, ISBN 3-540-20412-1, S. 458.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 B. Leiber: Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Herausgegeben von G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7. Auflage. Urban & Schwarzenberg 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  2. 1 2 Dejerine-Sottas-Krankheit. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  3. J. J. Déjerine, J. Sottas: Sur la névrite interstitielle hypertrophique et progressive de l'enfance. In: Comptes Rendus des Séances et Mémoires de la Société de Biologie. 1893, 45, S. 63–96.
  4. Dejerine-Sottas-Krankheit. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  5. K. Hayasaka, M. Himoro, Y. Sawaishi u. a.: De novo mutation of the myelin P0 gene in Dejerine-Sottas disease (hereditary motor and sensory neuropathy type III). In: Nature Genetics. 1993, 5 (3), S. 266–268. doi:10.1038/ng1193-266. PMID 7506095
  6. B. B. Roa, P. J. Dyck, H. G. Marks, P. F. Chance, J. R. Lupski: Dejerine-Sottas syndrome associated with point mutation in the peripheral myelin protein 22 (PMP22) gene. In: Nature Genetics. 1993, 5 (3), S. 269–273. doi:10.1038/ng1193-269. PMID 8275092
  7. D. Kabzinska, H. Drac, D. L. Sherman u. a.: Charcot-Marie-Tooth type 4F disease caused by S399fsx410 mutation in the PRX gene. In: Neurology. 2006, 66 (5), S. 745–747. doi:10.1212/01.wnl.0000201269.46071.35. PMID 16534116
  8. C. F. Boerkoel, H. Takashima, C. A. Bacino, D. Daentl, J. R. Lupski: EGR2 mutation R359W causes a spectrum of Dejerine-Sottas neuropathy. In: Neurogenetics. 2001, 3 (3), S. 153–157. doi:10.1007/s100480100107. PMID 11523566
  9. Zettl: Klinische Liquordiagnostik. Walter de Gruyter, 2004, ISBN 3-11-018169-X, S. 452.

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