Concordia (#69) .. Der Rhein (#205)
Nummerierung: Fabriknummer 205
Anzahl: 1
Hersteller: Aktiengesellschaft Maschinenfabrik Carlsruhe
Baujahr(e): 1852
Achsformel: 1B
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Gesamtradstand: 3126 mm
Treibraddurchmesser: 1372 mm
Zylinderanzahl: 2
Zylinderdurchmesser: 406 mm
Kolbenhub: 610 mm
Kessellänge: 4080 mm
Kesselüberdruck: 5,48 atü (5,37 bar)

Der Rhein ist eine Dampflokomotive, die 1852 bei der Auslieferung in der Nähe von Germersheim in den namensgebenden Fluss fiel und seitdem verschollen ist.

Bau und Daten

Die Lokomotive wurde 1851/52 von Emil Keßlers Aktiengesellschaft Maschinenfabrik Carlsruhe gebaut, Auftraggeber war die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn-Gesellschaft. Die Lokomotive sollte dort die unter der Betriebsnummer 2 geführte und 1838 bei John Cockerill erbaute Lokomotive „RHEIN“ ersetzen, die bereits seit 1848 nicht mehr im regelmäßigen Betrieb stand.

Da zum Rhein kein Datenblatt existiert, wurde von einem Forscherteam hilfsweise auf die Angaben der Concordia zurückgegriffen, die 1847 ebenfalls bei Keßler als erste einer Reihe von Lokomotiven für denselben Auftraggeber gebaut wurde. Demnach wäre Der Rhein etwa 6 Meter lang und rund 20 Tonnen schwer, hätte die Achsfolge 1B und der Kessel einen Durchmesser von 99,4 Zentimetern bei einer Länge von etwas mehr als vier Metern gehabt.

Da es damals noch keinen geeigneten rostfreien Stahl gab, bestand die Lokomotive möglicherweise aus Schmiedeeisen.

Geschichte

Untergang

Nach Fertigstellung wurde die Maschine auf den Frachtsegler Stadt Coblentz verladen, um sie so rheinabwärts zu ihrem Bestimmungsort Deutz zu transportieren. Am 14. Februar 1852 geriet das Schiff bei Germersheim in ein Unwetter. Nachdem der Frachter den damals recht schmalen, dafür aber sehr tiefen Rheinsheimer Durchstich passiert hatte, stieß er in einem Abschnitt mit beachtlicher Strömung mit einem zum Schutz der Gemarkung von Mechtersheim errichteten Faschinendamm zusammen. Dabei stürzte die Lokomotive um und ging über Bord. Für den Untergangsort wurde die Tiefe des Rheins damals mit 50 badischen Fuß (15 Metern) angegeben.

Erste Bergungsversuche

Im März wurde ein Bergungsversuch unternommen. Dazu wurden Ketten auf dem Flussgrund abgelegt, die durch die Zugleistung von je rund 100 Männern auf beiden Uferseiten und mit Hilfe der Strömung unter das Schienenfahrzeug gezogen wurden. Nachdem man auf diese Weise mehrere Ketten verlegt hatte, wurde die Lokomotive mittels zweier Hubschiffe angehoben. Es gelang wiederholt, die Maschine ein beachtliches Stück hochzuheben. Doch rutschte diese immer wieder aus den Ketten und sank, ein Stück dem badischen Ufer genähert, erneut auf den Grund des Flusses. Am neuen Ort lag sie nun nur noch 30 Fuß (9 Meter) tief; dafür war die Strömung an dieser Stelle stärker.

Da es nicht gelang, erneut Ketten unter der Lokomotive zu verlegen, sollten diese von Tauchern befestigt werden. Doch konnten zwei aus England angereiste Taucher wegen der starken Strömung nicht zur Lokomotive hinabsteigen. Schließlich stellte die „Rheinische Assekuranz-Gesellschaft“ die Bergungsversuche ein und zahlte der Maschinenfabrik Kessler Ende Mai 1852 die Versicherungssumme in Höhe von 25.000 Gulden (dies entspricht heute ungefähr 361.000 EUR) aus.

In der Folge geriet die genaue Lage der Maschine in Vergessenheit. Ein 1925 unternommener Versuch eines Unternehmers, die Lokomotive zu lokalisieren und zu heben, um sie auf der Deutschen Verkehrsausstellung in München zu präsentieren, blieb erfolglos.

Erneute Suche nach der Lokomotive 1992 bis 2018

Seit sich Horst Müller, ein Lokomotivführer aus Cochem, ab den 1960er-Jahren für das Schicksal der Lokomotive interessierte, entstand 1992 in Zusammenarbeit mit dem hessischen Eisenbahnmuseum Darmstadt-Kranichstein ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, die Maschine zu lokalisieren und eventuell zu bergen. Die Leitungsgruppe besteht neben Müller aus Uwe Breitmeyer und Volker Jenderny vom Museum sowie dem Geophysiker Bernhard Forkmann von der TU Freiberg.

Da die Aktenlage dürftig ist und die Quellen teils widersprüchlich waren, dauerte es bis in die 2010er-Jahre, ehe es wiederentdeckte Originalunterlagen und Karten des um 1970 geschlossenen Straßen- und Flussbauamtes Speyer ermöglichten, die Suche nach der Maschine zu intensivieren. Erste Echolot-Messungen wurden im Juni 2015 vorgenommen, ein dabei entdecktes Objekt erwies sich bei einer Nachsuche durch Taucher als eine Ansammlung von Felsbrocken in Ufernähe. Erneute Messungen mit einem Bodenradar fanden im März 2016 statt. Nach Ansicht der Forscher sollte sich die Lokomotive im Bereich einer Buhne etwas nördlich der Zufahrt zum Germersheimer Rheinhafen bei einer Wassertiefe von gut zwei Metern unter einer fünf Meter dicken Kiesschicht befinden. Die Bergung sollte am 21. Oktober 2018 erfolgen.

Das SWR Fernsehen hat der Lokomotive vier aufeinander aufbauende Folgen der Reihe Eisenbahn-Romantik gewidmet.

Nachdem im Herbst 2018 an der bezeichneten Stelle der Kies ausgehoben und die Lok nicht gefunden worden war, wurde die Bergung der Lok am 2. Oktober 2018 für gescheitert erklärt. Bernhard Forkmann setzt seine Recherchen aber fort.

Im Juli 2019 wurde ein rostbedingtes Verschwinden der Lok für möglich gehalten.

Siehe auch

Literatur

  • Uwe Breitmeyer, Bernhard Forkmann, Volker Jenderny, Horst Müller: Lok im Rhein oder die Lok, die aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt wird. Herdam-Verlag, Gernrode 2017, ISBN 978-3-933178-38-1.

Anmerkungen

  1. Nach dem Untergang der Lok kam es im Bereich der Unglücksstelle zu keinen gravierenden Veränderungen der Flusslandschaft durch Baumaßnahmen, da die unter Johann Gottfried Tulla begonnenen Rheinbegradigung im Raum Germersheim bereits 1833 abgeschlossen worden war (siehe Elisabethenwörth).

Einzelnachweise

  1. Max Sprick: Der Eisenkörper, der Lebensträume platzen lässt. Süddeutsche Zeitung, 2. Oktober 2018, abgerufen am 1. Oktober 2021.
  2. 1 2 Christopher Drose: 10 Fragen und Antworten rund um die Lok „Rhein“. Südwestrundfunk, 17. April 2018, abgerufen am 17. April 2018.
  3. 1 2 Sebastian Raviol: Hat sich die Lok im Rhein längst aufgelöst? In: bnn.de. 4. Mai 2019, abgerufen am 19. Dezember 2022.
  4. Karlsruher Zeitung, 20. Februar und 14. März 1852; Westricher Zeitung (Kusel), 2. März 1852; Pfälzer Zeitung, 12. März 1852.
  5. Karlsruher Zeitung, 23. März 1852; Pfälzer Zeitung, 24. März 1852.
  6. Mannheimer Journal, 1. April 1852; Pfälzer Zeitung, 1. April 1852; Karlsruher Zeitung, 2. April 1852.
  7. Diese Zahl soll eine grobe Vorstellung vom heutigen Wert vermitteln. Ein süddeutscher Gulden entsprach im Jahre 1876 bei der Außerkurssetzung 157 Mark, d. h. 25.000 Gulden entsprachen etwa 43.000 Mark. Unter der Annahme, dass dieses Wertverhältnis auch 1882 noch ungefähr zutraf, wurde der EUR-Wert mit der (derzeit erst ab 1882 anwendbaren) Vorlage:Inflation ermittelt und auf 1000 EUR gerundet; er bezieht sich auf Januar 2023.
  8. Pfälzer Zeitung, 28. Mai 1852.
  9. Interaktiver Zeitstrahl zur Geschichte der Lokomotive. Südwestrundfunk, abgerufen am 14. April 2018.
  10. Christopher Drose: Das sind die Lok-Jäger. Südwestrundfunk, 9. April 2018, abgerufen am 17. April 2018.
  11. Interview mit Müller und Forkmann im Rahmen der Landesschau Rheinland-Pfalz, ab Minute 5:50, abgerufen am 17. April 2018.
  12. 1 2 'Diese Sendungen laufen im SWR Fernsehen zur Lok. Südwestrundfunk, 9. April 2018, abgerufen am 17. April 2018.
  13. Tim Niendorf: Das Rätsel der versunkenen Dampflok. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. August 2018, abgerufen am 13. September 2018.
  14. Suche nach versunkener Lok im Rhein gescheitert. Südwestrundfunk, 2018, abgerufen am 2. Oktober 2018.
  15. Alte Hasen diskutieren mit jungen Füchsen. Die versunkene Lok im Rhein. Vortrag am 16. Mai 2019. (tu-freiberg.de)
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