Ein Aluminiumfolien-Hut, kurz Aluhut (englisch tin foil hat), ist eine Kopfbedeckung, die aus einer oder mehreren Lagen Alufolie oder vergleichbarem Material hergestellt ist. Das Konzept wurde zuerst in der 1927 veröffentlichten Science-Fiction-Geschichte The Tissue-Culture King von Julian Huxley (Bruder des Schriftstellers Aldous Huxley) erwähnt. Darin entdeckt der Protagonist, dass Kappen aus Metallfolie benutzt werden können, um die Effekte von Telepathie zu blockieren. Obwohl die Kopfbedeckungen auch in der Realität getragen werden, wird der abwertende Begriff Aluhutträger metaphorisch und der Begriff Aluhut im übertragenen Sinne verwendet, um Anhänger von Verschwörungstheorien zu bezeichnen. Das Wort wurde 2020 vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in eine Liste von Neologismen der 2010er-Jahre aufgenommen.

Begriffsverwendung

Als Schimpfwort für Verschwörungstheoretiker

Seit Huxleys Buch wird der Begriff mit Paranoia und Verschwörungstheorien in Verbindung gebracht. Das Sprachbild muss nicht auf Personen festgelegt sein. Auch einzelne Argumente einer längeren Argumentationskette können als „sehr aluhut-artig“ bezeichnet werden.

Als selbstironisches Stilmittel

Der Ausdruck kann sowohl auf andere angewandt als auch selbstironisch gebraucht werden. Das Journal der American Bar Association berichtet vom Versuch einer bürgerlichen Rehabilitierung als dem Versuch, den Aluhut wieder loszuwerden. Kommentatoren der Washington Post benutzen den Ausdruck auch selbstironisch, um Zweifel an der Welt auszudrücken. Ähnlich taucht der Aluhut in Schriften des Cato Institute auf, in denen ein Autor schreibt, er habe gewisse Dokumente gleich unter seinem Aluhut versteckt. Der konservative Journalist Jan Fleischhauer setzte sich in seiner satirischen Wochensendung 9 Minuten Netto im Mai 2020 einen Aluhut auf.

Als Accessoire verschwörungstheoretischer Demonstrationen

Einzelne Teilnehmer der Proteste in Deutschland während der COVID-19-Pandemie tragen Aluhüte als Reappropriation des Schimpfworts, mit dem sie sich von etablierten Medien belegt sehen. Zahlreiche Artikel zu den Verschwörungstheorien um COVID-19 wurden mit Fotos von Demonstranten mit Aluhüten bebildert. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer wurde bei einer Demonstration in Pirna im Gespräch mit einem Mann mit Aluhut abgebildet. Eine Demonstrantin in Wien sagte dem Standard, sie trage den Aluhut, damit sie „frei denken könne“. Einige Demonstranten trugen Kugeln aus Alufolie, sogenannte „Alubommel“ oder „Querdenker-Bommel“, um ihre Kritik an dem Umgang der Regierung und der etablierten Medien mit der Pandemie zum Ausdruck zu bringen. Der Journalist Ken Jebsen trat mit dem Accessoire auf.

Als Metapher für RFID-Blocker

In Anspielung auf die verschwörungstheoretischen Konnotationen, aber mit tatsächlichem physikalischen Hintergrund wird der Ausdruck gelegentlich gebraucht, um die Funktion einer metallischen Abdeckung von RFID-Chips zu illustrieren. Diese Chips erlauben beispielsweise das berührungslose Auslesen von Daten aus Smartcards und offiziellen Personaldokumenten wie mit RFID-Chips versehenen Reisepässen. Eine Metallabdeckung verhindert das Auslesen.

Rezeption

  • Die Linux-Distribution Tinfoil Hat Linux legte besonderen Wert auf Sicherheit. Später kam ein WordPress-Plugin hinzu, das ebenfalls besonderen Wert auf Kontrolle legte und zusätzliche Datenschutzeinstellungen beinhaltete, während ein anderes Wordpress-Plugin desselben Namens die Versendung privater Daten verhindert.
  • Unter dem Namen Tinfoil for Facebook wird eine alternative App für Android-Mobiltelefone betrieben, mit der auf das soziale Netzwerk Facebook zugegriffen werden kann. Das Bildschirmsymbol der App zeigt die weiße Silhouette eines Kopfes mit einem Aluhut darauf. Die App wurde bis Juni 2019 über 500.000-mal aus dem Google Play Store heruntergeladen und wird nicht mehr weiterentwickelt.
  • Die amerikanische Zeitschrift für Literatur und Politik The Atlantic vergab zeitweise einen tinfoil hat award für die seltsamste E-Mail.
  • Im Futurama-Film Leela und die Enzyklopoden trägt der Protagonist Fry einen Aluminiumhut, um nicht die Gedanken seiner Mitmenschen lesen zu müssen.
  • Im Computerspiel Toy Story 3 besteht eine der Aufgaben darin, drei Personen einen Aluminiumhut aufzusetzen.
  • Der Ausdruck findet im Internet häufiger Verwendung: Es gibt den Blog The Tinfoil Hat, den Tinfoil Hat Sportsblog, die Tinfoil Hat Society ebenso wie den Blog Moms Tinfoil Hat, den Podcast Antenne Aluhut oder das Cloud Angebot TINFOILPHONE, um Android ohne Google-Konto zu nutzen.
  • Die Historikerin Charlotte Jahnz entwickelte für ZDFinfo das Format Aluhut ab, in dem sie sich in kurzen Videos, die auf Facebook und Twitter gepostet werden, gegen verbreitete Falschinformationen wendet.
  • Auf dem Titelblatt des vom Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung herausgegebenen Handbuchs zur Reichsbürgerbewegung ist ein Mann mit einem Aluhut abgebildet, der vor dem Reichstagsgebäude steht.
  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte im Zusammenhang mit den Hygienedemos und den von einigen Teilnehmern vertretenen Verschwörungstheorien, dass ein Mundschutz empfehlenswerter sei als ein Aluhut.

Negativpreis „Goldener Aluhut“

In Berlin wird seit 2015 von einer gleichnamigen Initiative der Negativpreis Goldener Aluhut in fünf Kategorien vergeben. Ausgezeichnet wurden u. a. Xavier Naidoo, Martin Lejeune, der „Volkslehrer“ Nikolai Nerling, der Kopp-Verlag, das Compact-Magazin, der Fernsehsender Astro TV, die Waldorfschulbewegung sowie Blogs und YouTubekanäle aus der Reichsbürger- sowie Flacherdlerszene. Als Termin für die erste Preisverleihung wählten die Initiatoren den 30. Oktober 2015, den Geburtstag des im Vorjahr verstorbenen Axel Stoll, eines deutschen Verschwörungsideologen der rechtsextrem-esoterischen Szene.

Physikalische Wirkung von Kopfbedeckungen aus Aluminium

Ein Aluhut kann einerseits als ein unten offener Faradayscher Käfig, andererseits als ein unten sammelnder Reflektor betrachtet werden. Im Inneren befindet sich der Menschenkopf mit salzwasserhaltigem, also graduell elektrisch leitfähigem Gewebe. Von außen einwirkende elektromagnetische Strahlung und ihre beiden Felder können dadurch in ihrer Wirkung im Bereich des halb eingehüllten Kopfs gedämpft oder aber durch Fokussierung lokal verstärkt werden. Je nach Frequenz, Ausbreitungsrichtung oder Position in einem stehenden Feld sind unwägbar stark unterschiedliche Effekte denkbar.

Die Effizienz eines Aluhuts als elektromagnetischer Schild, um Radiowellen zu stoppen, ist stark eingeschränkt durch den Umstand, dass es sich nicht um eine komplette Abdeckung handelt. Ein Mittelwellenradio unter einem Metalleimer ohne leitende Ebene darunter veranschaulicht die relative Ineffizienz einer solchen Anordnung. Tatsächlich würde aufgrund des Effektes eines bodenlosen faradayschen Käfigs, der einfallende Strahlung teilweise reflektiert, eine Radiowelle, die an der Unterseite des Hutes einfällt (z. B. von unter dem Träger kommend), teilweise im Gehirn des Trägers fokussiert.

Eine Studie von Studenten am MIT stellte fest, dass Aluhüte einfallende Strahlung je nach Frequenz sowohl verstärken als auch vermindern können. Der Effekt wurde als unabhängig von der relativen Platzierung des Aluhut-Trägers und der Strahlungsquelle zueinander beobachtet.

Die Fähigkeit der Alufolie, infrarote Strahlung zu reflektieren, machen sich israelische Chirurgen zu Nutze. Während chirurgischer Eingriffe an Frühgeborenen, deren körpereigene Temperaturregulation noch nicht ausgebildet ist und bei denen ein Überkopf-Infrarotstrahler eingesetzt wird, steigt die Temperatur unter der üblichen baumwollenen OP-Haube des Chirurgen unter Umständen auf bis zu 52 Grad Celsius. Durch das Überziehen der OP-Haube mit Alufolie oder das Darübertragen eines Strohhuts, samt Krempe überzogen mit Alufolie, wird Wärmestrahlung großteils reflektiert. Das bewirkt im Wesentlichen eine starke Reduktion des Eintrags von Wärme durch den Heizstrahler, der nahe über dem Kopf liegt. Ein Nebeneffekt ist, dass sich vom Kopf abdunstender Wasserdampf unter der Aluschicht staut.

Beim lokal unterschiedlichen, eventuell strähnchenweisen Färben von Kopfhaar werden entsprechende Partien mit dickflüssiger Haarfarbe mittels Einhüllen und Zusammenknüllen mit Alufolie eingekapselt, dadurch voneinander abgetrennt und feucht gehalten.

Commons: Aluhüte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

Einzelnachweise

  1. Julian Huxley: The Tissue-Culture King. 1927: „Well, we had discovered that metal was relatively impervious to the telepathic effect, and had prepared for ourselves a sort of tin pulpit, behind which we could stand while conducting experiments. This, combined with caps of metal foil, enormously reduced the effects on ourselves.“
  2. Elizabeth Connor: An introduction to reference services in academic libraries. Routledge, 2006, ISBN 0-7890-2958-8, S. 178–179.
  3. Rentner wird an Corona-Demo von Aluhut niedergebrüllt – seine Antwort sitzt. Abgerufen am 21. Mai 2020.
  4. Tomasz Kurianowicz: Zur Ehrenrettung des Aluhuts. In: Zeit Online. 11. Juni 2017, abgerufen am 16. Juni 2020.
    Brian S. McWilliams: Spam kings: the real story behind the high-rolling hucksters pushing porn, pills and @*#?% enlargements. O’Reilly Media Inc., 2005, ISBN 0-596-00732-9.
    Eli Neiburger: Gamers – in the library?! ALA Editions, 2007, ISBN 0-8389-0944-2, S. 17.
  5. Von Aluhut bis Zukunftscampus. Leibniz-Institut für Deutsche Sprache präsentiert Aktuelles im Wortschatz der Zehnerjahre. 7. Dezember 2020, abgerufen am 3. Januar 2021 (deutsch).
    Neologismenwörterbuch : Neuer Wortschatz rund um die Coronapandemie. Abgerufen am 3. Januar 2021.
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  7. Matthew Moyer: Luckman, Michael C. Alien Rock: The Rock ’N’ Roll/Extraterrestrial Connection. In: Library Journal. 15. Juni 2005, archiviert vom Original am 28. Januar 2013; abgerufen am 16. Mai 2020 (englisch, Buchbesprechung).
  8. Joel McNamara: ASUS Eee PC for Dummies For Dummies, 2008, ISBN 0-470-41154-6, S. 6
  9. Terry Carter: Real Trouble. In: ABA Journal. 1. September 2008, abgerufen am 16. Mai 2020 (englisch).
  10. Peter Carlson: Paranoid? Don’t Worry; It’s All Under Control. In: The Washington Post. 19. Februar 2008, abgerufen am 16. Mai 2020 (englisch).
  11. Gene Healey: Government Secrets Can Be Pretty Killer. In: The Washington Examiner. 12. Oktober 2010, abgerufen am 16. Mai 2020 (englisch, wiedergegeben auf der Website des Cato Institutes).
  12. Fleischhauer - 9 Minuten netto. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Servus TV. Ehemals im Original; abgerufen am 23. Mai 2020 (deutsch). (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
  13. Helene Bubrowski, Constantin van Lijnden, Timo Steppat, Markus Wehner: Wer steuert die Corona-Proteste?: Läuft gut für Verschwörungstheoretiker - Bild 1 von 6. In: FAZ.NET. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Mai 2020, abgerufen am 23. Mai 2020.
    Christian Stöcker: Corona-Verschwörungstheorien: Detlef, Ken und Attila wissen Genaueres. Kolumne. Der Spiegel, 10. Mai 2020, abgerufen am 23. Mai 2020.
    Gert Pickel und André Hatting: Forscher zum Umgang mit „Hygiene-Demos“ - Nicht ignorieren, nicht überschätzen. 11. Mai 2020, abgerufen am 23. Mai 2020 (auch Audio, MP3).
    Michael Butter, Jenny Genzmer und Tim Wiese: Verschwörungstheorien und ihre Anhänger: Warum Fakten an den Kopf werfen nicht hilft. Gespräch. In: Breitband. Deutschlandfunk Kultur, 5. September 2020, abgerufen am 2. November 2021 (auch Audio, MP3).
    Skurrile Thesen auf der ganzen Welt: Corona-Verschwörungstheorien – ein deutsches Phänomen. In: Der Tagesspiegel. 21. Mai 2020, abgerufen am 23. Mai 2020.
  14. Demonstration in Pirna gegen Konfrontation in Corona-Krise – Kretschmer mit Mundschutz. In: Dresdener Neueste Nachrichten. 21. Mai 2020, abgerufen am 8. Juni 2020.
  15. Markus Sulzbacher: Mit Aluhut gegen Corona und die Regierung. In: derStandard.de. 26. April 2000, abgerufen am 25. Mai 2020.
  16. Julius Betschka und Maria Fiedler: Wenn Normalos mit Extremisten demonstrieren: Was sie eint, ist Misstrauen gegen den Staat. In: Der Tagesspiegel. 17. Mai 2020, abgerufen am 23. Mai 2020.
    Protest mit Esoterikern, Impfgegnern, Rechten: Woran die Corona-„Querdenker“ glauben. In: Hamburger Morgenpost. 11. Mai 2020, abgerufen am 23. Mai 2020.
    Timo Feldhaus: Zeuge: Castorfs APO. In: der Freitag. 7. Mai 2020, abgerufen am 24. Mai 2020.
  17. Konrad Litschko: Neue Partei von Corona-Skeptikern: Der Großverschwörung auf der Spur. Die Tageszeitung: taz, 5. Mai 2020, abgerufen am 23. Mai 2020.
    Erik Peter: Köpfe der Corona-Relativierer: Alu mit Bürgerrechtsfassade. Die Tageszeitung: taz, 7. Mai 2020, abgerufen am 23. Mai 2020.
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    Viola Ulrich: Goldener Aluhut 2016: Die fünf wildesten Verschwörungstheorien des Jahres. In: Welt.de. 1. November 2016, abgerufen am 21. Juli 2017.
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