Dermatoxys veligera

Männliches Körperende mit Alae, Exkretionsporus und einigen Papillen, ventral, Maßstab 0,5 mm

Systematik
Unterordnung: Spirurina
Teilordnung: Oxyuridomorpha
Überfamilie: Oxyuroidea
Familie: Heteroxynematidae
Gattung: Dermatoxys
Art: Dermatoxys veligera
Wissenschaftlicher Name
Dermatoxys veligera
(Rudolphi, 1819)

Dermatoxys veligera ist ein Fadenwurm, der parasitisch im Blinddarm von Hasen lebt.

Beschreibung

Der Körper adulter Würmer ist weißlich und fadenförmig, der Kopf hat einen gegenüber dem folgenden Körperabschnitt einen leicht größeren Durchmesser. Die Cuticula weist Querstreifen auf, die in der Körpermitte einen Abstand von etwa 5 Mikrometern zueinander haben. Zu den Enden des Körpers hin werden die Abstände größer. Die Mundhöhle weist drei Lippen auf, die jeweils drei Papillen haben. An ihrem hinteren Ende befinden sich ventral zwei und dorsal ein Zahn. Der Ösophagus besteht aus einem vorderen muskulösen und einem hinteren drüsigen Abschnitt und endet in einem Bulbus ohne Zähne. Ein Nervenring umschließt ihn nach etwa einem Drittel seiner Länge. Der Exkretionsporus ist klein und gelegentlich kaum sichtbar. Er befindet sich fast am Ende des Körpers und ist beidseitig von je einer ausgeprägten Papille umgeben, hinter dem Exkretionsporus befinden sich eine weitere große und acht kleine Papillen. Die Gesamtzahl von elf Papillen ist von taxonomischer Bedeutung bei der Abgrenzung zu anderen Arten der Gattung Dermatoxys.

Männliche Würmer sind acht bis 11,5 Millimeter lang und haben einen maximalen Durchmesser von etwa 435 Mikrometer, ihr Schwanz ist kurz und stumpf. Bauchseitig befinden sich in der Mitte ihres Körpers zehn bis 17 Querrillen. Die Bursa copulatrix wird von zwei langgestreckten breiten, segelartigen Alae von etwa 1,5 Millimeter Länge gebildet, die zur Bauchseite hin eingefaltet sind und am konisch geformten Ende des Körpers zusammentreffen. Die Spicula sind mit einer Länge von 85 Mikrometer sehr klein und nur schwach chitinisiert. Ein Gubernaculum ist nicht vorhanden.

Weibliche Würmer sind 16 bis 17 Millimeter lang bei einem maximalen Durchmesser von etwa 600 Mikrometer, etwa ein Sechstel der Länge entfällt auf den Schwanz. Ihre Vulva ist unscheinbar und befindet sich sechs bis sieben Millimeter vom vorderen Ende entfernt. Von ihr verläuft ein Eileiter bis kurz hinter den Exkretionsporus nach hinten, wo sich die beiden amphidelphischen Uteri befinden. Die dickschaligen Eier sind längsoval, mit einer Länge von 110 Millimeter und einem Durchmesser von 50 Millimeter. Sie sind einseitig in Längsrichtung leicht abgeflacht.

Die Larven des vierten Stadiums haben am vorderen Ende dorsolateral und ventrolateral insgesamt vier kräftige Haken auf der Cuticula, die bei der Häutung zum adulten Fadenwurm verloren gehen. Abgesehen davon stimmt ihr Aufbau mit dem der adulten Würmer überein.

Verbreitung

Dermatoxys veligera kommt als Darmparasit wildlebender Hasen in weiten Teilen der Vereinigten Staaten und in Südamerika bis Brasilien vor. Der Parasit wurde auf der Iberischen Halbinsel bei Wildkaninchen und in Asien bei Wüstenhasen und beim Tolai-Hasen nachgewiesen. In Algerien wurde er in einer Unterart des Kaphasen (Lepus capensis schlumbergeri) gefunden. Auch Hauskaninchen können als Wirte auftreten. Berichte über Funde in Pfeifhasen, namentlich dem Alaska-Pfeifhasen, haben sich als falsche Identifizierung des Parasiten erwiesen. Zwei Nachweise von Dermatoxys veligera beim Fleckenziesel waren die bislang einzigen in einer Art der Hörnchen (Sciuridae).

Die Prävalenz ist meist gering und schwankt in Abhängigkeit von nicht näher untersuchten Faktoren zwischen unter einem Prozent bis 60 Prozent. Genannt wurden in diesem Zusammenhang geographische, topografische oder klimatische Unterschiede der Lebensräume.

Lebensweise

Dermatoxys veligera lebt parasitisch im Blinddarm von Hasen (Leporidae), sehr selten auch im Dünndarm. Adulte Exemplare leben frei im Lumen des Blinddarms, wo sie auch bei starkem Befall keine Symptome hervorrufen. Die individuelle Parasitenlast eines Wirts kann 100 Würmer übersteigen. Das vierte Larvenstadium verankert sich mit seinen Haken an der Wand des Blinddarms und dringen mit dem vorderen Ende durch die Schleimhaut. An den Stellen, an denen die Larven sitzen, wird das Gewebe durch die Larven in einer Form externer Verdauung nekrotisiert und zu deren Ernährung aufgeschlossen. In diesen Bereichen können kleine Geschwüre auftreten.

Der Lebenszyklus entspricht dem des Madenwurms. Die männlichen Tiere sterben nach der Paarung, die weiblichen verlassen zur Eiablage den Darm des Wirts durch den Anus. Die infektiösen Eier, in denen sich bereits das erste Larvenstadium bildet, werden vom Ausscheider selbst oder von anderen Wirten oral aufgenommen.

Systematik

Erstbeschreibung

Die Erstbeschreibung von Dermatoxys veligera erfolgte durch den deutschen Mediziner und Naturforscher Karl Asmund Rudolphi in seinem 1819 in Berlin auf Latein veröffentlichten Werk Synopsis entozoorum.

Rudolphi beschrieb die Art unter dem Namen Ascaris veligera. Seine Beschreibung erfolgte nach Würmern aus den Därmen von Tapetis, die von den Naturforschern Ignaz von Olfers und Johann Natterer zu Beginn der Österreichischen Brasilien-Expedition gesammelt worden waren.

Etymologie

Der Artname veligera ist eine Verbindung des lateinischen Begriffs velum (deutsch: Segel) mit dem von gerere (deutsch: tragen) abgeleiteten Suffix -iger, er bedeutet Segelträger oder ein Segel tragend und bezieht sich auf die breiten Alae, die die Bursa copulatrix bilden.

Synonymie

Ascaris veligera Rudolphi, 1819: die umfangreiche Gattung Ascaris wurde 1866 von Friedrich Anton Schneider in seiner Monographie der Nematoden in zahlreiche Gattungen aufgeteilt, darunter die seinerzeit monotypische Dermatoxys Schneider, 1866. Dadurch entstand die bis heute gültige Kombination Dermatoxys veligera.

Literatur

Commons: Dermatoxys veligera – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 Maurice C. Hall: Nematode parasites of mammals of the orders Rodentia, Lagomorpha, and Hyracoidea. In: Proceedings of the United States National Museum, 1916, Band 50, S. 1–258, hier S. 99–102, doi:10.5479/si.00963801.50-2131.1.
  2. 1 2 3 4 Anton Schneider: Monographie der Nematoden. Georg Reimer, Berlin 1866, S. 123–124 Tafeln XII und XXIV, Digitalisat.
  3. F. Simón Vicente: On Dermatoxys hispaniensis n.sp. (Nematoda: Oxyuridea), from Oryctolagus cuniculus and Lepus timidus of Spain. In: Journal of Helminthology 1969, Band 43, Nr. 3–4, S. 417–426, doi:10.1017/S0022149X00004983.
  4. 1 2 3 Stacy Pritt, Kimberley Cohen und Heather Sedlacek: Parasitic Diseases. In: Mark A. Suckow, Karla A. Stevens und Ronald P. Wilson (Hrsg.): The Laboratory Rabbit, Guinea Pig, Hamster, and Other Rodents. Academic Press, New York 2012, ISBN 978-0-12-380920-9, S. 415–446, hier S. 438, doi:10.1016/B978-0-12-380920-9.00015-8.
  5. Gerard Dikmans: An Interesting Larval Stage of Dermatoxys veligera. In: Transactions of the American Microscopical Society 1931, Band 50, Nr. 4, S. 364–365, doi:10.2307/3222077.
  6. 1 2 Rudolph Wetzel: On the Biology of the Fourth-Stage Larva of Dermatoxys veligera (Rudolph 1819) Schneider 1866, an Oxyurid Parasitic in the Hare. In: Journal of Parasitology 1931, Band 18, Nr. 1, S. 40–43, doi:10.2307/3271742.
  7. Arnold B. Erickson: The Snowshoe Hare a New Host of Dermatoxys veligera and Nematodirus leporis. In: Journal of Parasitology 1940, Band 26, Nr. 5, S. 433, doi:10.2307/3272487.
  8. Arnold B. Erickson: Helminth Parasites of Rabbits of the Genus Sylvilagus. In: Journal of Wildlife Management 1947, Band 11, Nr. 3, S. 255–263, doi:10.2307/3796284.
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  10. Pilar R. Foronda et al.: Helminths of the Wild Rabbit (Oryctolagus cuniculus) in Macaronesia. In: Journal of Parasitology 2003, Band 89, Nr. 5, S. 952–957, doi:10.1645/GE-3048.
  11. David S. Tinnin, Sumiya Ganzorig und Scott Lyell Gardner: Helminths of Small Mammals (Erinaceomorpha, Soricomorpha, Chiroptera, Rodentia, and Lagomorpha) of Mongolia. Special Publications Museum of Texas Tech University Number 59. Museum of Texas Tech University, Lubbock, Texas 2011, ISBN 978-1-929330-23-2, Digitalisat.
  12. Léon Gaston Seurat: Sur l'existence en Algérie, du Dermatoxys veligera (Rud.) et sur les affinités du genre Dermatoxys. In: Comptes rendus des séances de la Société de biologie et de ses filiales 1915, Band 67, S. 75–79, Digitalisat.
  13. Eric P. Hoberg, Patricia A. Pilitt und Kurt E. Galbreath: Why Museums Matter: A Tale of Pinworms (Oxyuroidea: Heteroxynematidae) Among Pikas (Ochotona princeps and O. collaris) in the American West. In: Journal of Parasitology 2009, Band 95, Nr. 2, S. 490–501, doi:10.1645/GE-1823.1.
  14. John E. Ubelaker et al.: Helminth Parasites of the Spotted Ground Squirrel, Xerospermophilus (syn. Spermophilus) spilosoma (Bennett, 1833) Helgen, Cole, Helgen, and Wilson, 2009, from Central New Mexico, U.S.A. In: Comparative Parasitology 2010, Band 77, Nr. 2, S. 178–182, doi:10.1654/4398.1.
  15. Arnold B. Erickson: Helminth Infections in Relation to Population Fluctuations in Snowshoe Hares. In: Journal of Wildlife Management 1944, Band 8, Nr. 2, S. 134–153, doi:10.2307/3796446.
  16. Gary S. Pfaffenberger und Viviana B. Valencia: Helminths of Sympatric Black-tailed Jack Rabbits (Lepus californicus) and Desert Cottontails (Sylvilagus audubonii) from the High Plains of Eastern New Mexico. In: Journal of Wildlife Diseases 1988, Band 24, Nr. 2, S. 375–377, doi:10.7589/0090-3558-24.2.375.
  17. Charles L. Andrews, William R. Davidson und Ernest E. Provost: Endoparasites of selected populations of cottontail rabbits (Sylvilagus floridanus) in the southeastern United States. In: Journal of Wildlife Diseases 1980, Band 16, Nr. 3, S. 395–401, doi:10.7589/0090-3558-16.3.395.
  18. Heinz Mehlhorn (Hrsg.): Encyclopedia of Parasitology, Fourth Edition. Springer, Berlin und Heidelberg 2016, S. 671 (Lemma Dermatoxys species), doi:10.1007/978-3-662-43978-4.
  19. Trenton R. Schoeb et al.: Parasites of Rabbits. In: David G. Baker (Hrsg.): Flynn’s parasites of laboratory animals. Second edition. Blackwell, Ames, Iowa 2007, S. 451–499, hier S. 486, ISBN 978-0-8138-1202-1.
  20. Alois Walde: Lateinisches etymologisches Wörterbuch, zweite umgearbeitete Auflage. Carl Winter, Heidelberg 1910, Lemmata velum und gero, Digitalisat.
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