Ein Diakonissenhaus, auch Diakonissenmutterhaus oder Diakonissenanstalt, ist eine Einrichtung der evangelischen Diakonie bzw. der Inneren Mission, in dem Diakonissen leben, von dem sie ausgesandt (mit Tätigkeiten extern beauftragt) und in dem sie zur Diakonisse und den damit verbundenen Tätigkeiten ausgebildet werden. Die Vereine (als Institution) sind oft bedeutende Arbeitgeber durch die von ihnen betriebenen Krankenhäuser, Kinder- oder Altenheime.
Mit dieser seit dem 19. Jahrhundert bestehenden Einrichtung wurde jungen Mädchen erstmals seit dem Mittelalter die Möglichkeit gegeben, als Diakonisse einen anerkannten Beruf zu erlernen. Am Anfang stand in der Regel dabei der Einsegnungsgottesdienst, bei dem die feierliche Aufnahme geschah. Innerhalb fest geordneter beruflicher und geistlicher Regeln führten sie ein Leben im Dienst der Kranken.
Geschichte
Am 13. Oktober 1836 gründete Pfarrer Theodor Fliedner in Kaiserswerth mit der Diakonissenanstalt Kaiserswerth das erste Diakonissenhaus der Neuzeit. Seine Frau Friederike Fliedner wurde die erste Oberin. Die neu eingerichtete Ausbildung für evangelische Pflegerinnen basierte auf den programmatischen Schriften des rheinischen Theologen Friedrich Klönne. Die neue Einrichtung bot unverheirateten Frauen eine als Kirchenamt anerkannte Krankenpflegeausbildung als Gehilfin eines männlichen Arztes oder Pastors. Im gleichen Jahr gründete Adalbert von der Recke-Volmerstein das Diakonissenstift in Düsselthal. 1837 gründete Johannes Evangelista Goßner das Elisabeth-Krankenhaus Berlin.
Es folgten Gründungen in vielen anderen Städten, zum Beispiel im Jahr 1844 in Dresden, von dem aus durch Übernahme einer Krankenanstalt in Niederlößnitz (heute Radebeul) 1863 eine Tochteranstalt gegründet wurde, 1857 in Halle (Saale), 1860 in Hamburg, aus dem nach einem Konflikt um die Ausrichtung der Arbeit 1905 die Oberin Helene Hartmeyer und sieben weitere Schwestern nach Rotenburg (Wümme) umzogen, 1867 in Bremen, 1869 in Stettin, 1877 in Gallneukirchen und 1899 in Detmold. Mit dem Deutsch-Dänischen Krieg kamen Diakonissen auch nach Schleswig-Holstein. Gleichzeitig gründeten die Malteser in Flensburg ihr erstes Krankenhaus. Um dem katholischen Einfluss entgegenzuwirken, folgte 1874 die Gründung der Diakonissenanstalt in Flensburg, welche das 1804 gegründete Gotthard-und-Anna-Hansen-Hospital übernahm.
Die nach dem Fliednerschen Vorbild gegründeten Anstalten gründeten 1861 die Kaiserswerther Generalkonferenz und 1916 den Kaiserswerther Verband. Im Laufe des 19. Jahrhunderts erfolgten weltweit Diakonissenhausgründungen bis hin nach Amerika, Asien und Afrika. 1899 entstand der Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband. Daneben gibt es auch noch andere Dachverbände wie den von Eva von Tiele-Winckler gegründeten Friedenshort.
Literatur
- Anne Stempel-de Fallois: Von den Anfängen bis zur Gründung des Diakonissenmutterhauses Neuendettelsau (1826–1854). Band 2. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016266-7.
- Gerta Scharffenorth: Schwestern. Leben und Arbeit Evangelischer Schwestern. Burckhardthaus, Offenbach 1984.
- Leo Scheffczyk (Hrsg.): Diakonat und Diakonissen. EOS, Sankt Ottilien 2002, ISBN 3-8306-7119-9.
Weblinks
- Diakonissen-Mutterhaus „Bethanien“ Magdeburg: „Links“: Diakonissen. In: ekd.de. 19. Juni 2005, archiviert vom am 30. Juni 2010 .
Einzelnachweise
- ↑ Norbert Friedrich: „Das Modell der Lebens-, Arbeits- und Wohngemeinschaft galt damals als fortschrittlich und modern“. In: IdeaSpektrum 16.2014, S. 21
- ↑ Artikel Diakonissinnen; Meyers Konversationslexikon; Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885–1889.
- 1 2 Andreas Oeding, Broder Schwensen, Michael Sturm: Flexikon. 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg! Flensburg 2009, Artikel Diakonissen
- ↑ Website des Diakoniewerks Halle. In: www.diakoniewerk-halle.de. Abgerufen am 23. März 2023.
- ↑ Diakoniekrankenhaus Rotenburg (Wümme) gGmbH: Das Diakonissen-Mutterhaus in Rotenburg (Wümme) (Memento vom 10. Februar 2011 im Internet Archive)
- ↑ Evangelisches Diakonissenmutterhaus Bremen e.V.: Tradition und Geschichte des Hauses
- ↑ Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein. Band 2, Flensburg, Seite 398