Strukturformel
Allgemeines
Name Diazomethan
Andere Namen

Azimethylen

Summenformel CH2N2
Kurzbeschreibung

gelbes, nach feuchtem Laub riechendes Gas

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 334-88-3
EG-Nummer 206-382-7
ECHA-InfoCard 100.005.803
PubChem 9550
Wikidata Q413683
Eigenschaften
Molare Masse 42,04 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig

Dichte

1,45 g·cm−3

Schmelzpunkt

−145 °C

Siedepunkt

−23 °C

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP), ggf. erweitert

Gefahr

H- und P-Sätze H: 350
P: ?
MAK

Schweiz: 0,2 ml·m−3 bzw. 0,35 mg·m−3

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Diazomethan (Summenformel CH2N2), auch Azimethylen genannt, ist die einfachste Diazoverbindung. Es ist ein im Labor oft benutztes Methylierungsmittel und wird insbesondere für die Herstellung von Methylestern aus Carbonsäuren und von Cyclopropanen aus Alkenen eingesetzt. Seine technische Anwendung ist durch die hohe Toxizität und Reaktivität sehr begrenzt.

Darstellung

Diazomethan lässt sich durch Reaktion von N-Methyl-Nitroso-Verbindungen wie N-Methyl-N-nitrosoharnstoff oder N-Methyl-N-nitroso-p-toluolsulfonamid mit Basen wie Natrium- oder Kaliumhydroxid in Diethylether herstellen.

Dabei bildet sich zunächst ein Diazotat, das durch die Base in Diazomethan und Wasser zersetzt wird. Das Diazomethan destilliert man mit dem Ether ab.

Ein anderer postulierter Mechanismus beschreibt eine 1,3-Acylverschiebung mit einer basenkatalysierten Spaltung.

Eigenschaften

Die Bindungsverhältnisse von Diazomethan lassen sich durch drei mesomere Grenzstrukturen beschreiben:

Die isomere ringförmige Verbindung Diazirin, deren Struktur anfangs dem Diazomethan zugeordnet wurde, besitzt völlig andere physikalische und chemische Eigenschaften. Weitere isomere Formen des Diazomethans sind Isoknallsäureamid (H2N-NC) und Isodiazomethan (HCNNH), die nur in komplexstabilisiertem Zustand stabil sind.

Bei Raumtemperatur ist Diazomethan ein gelbes Gas, das nach feuchtem Laub riecht. Es ist sowohl als Gas als auch als Flüssigkeit äußerst explosiv. Darum wird es meist als Lösung in Diethylether hergestellt und verwendet. Die etherische Lösung ist nicht stabil, das Diazomethan zersetzt sich langsam unter Stickstoffabgabe. Explosionsgefahr besteht vor allem bei Kontakt zu rauen Glasoberflächen und Metallen. Diazomethan reagiert mit Alkalimetallen, Calciumchlorid, Kupferpulver und Natriumsulfid explosiv.

Seine chemisch charakteristische Reaktion ist die Methylierung, bei der Diazomethan mit geeigneten Nukleophilen unter Stickstoffabgabe reagiert.

Die Molekülstruktur von Diazomethan wurde mittels Mikrowellenspektroskopie in der Gasphase bestimmt: das Molekül hat C2v-Symmetrie, der C-N-Abstand beträgt 1.300 Å, der N-N-Abstand 1.139 Å, der C-H Abstand 1.077 Å und der H-C-H-Winkel 126.1° (Fehler sind nicht angegeben).

Toxizität

Diazomethan ist giftig und im Tierversuch krebserzeugend. Der Hauptaufnahmeweg von Diazomethan sind die Atemwege, wo es direkt mit dem Gewebe reagiert. Akut verursacht es Verätzungen, über eine chronische Toxizität ist wenig bekannt.

Verwendung

Diazomethan ist ein starkes Methylierungsmittel und wird ausschließlich als Lösung in Diethylether im kleineren Maßstab verwendet. Es ist ein sehr starkes Elektrophil und besitzt mit N2 eine gute Abgangsgruppe. Es eignet sich insbesondere für die einfache und effektive Herstellung von Methylestern der Carbonsäuren. Die Methylierung ist dabei im Gegensatz zu anderen Methylierungen auch im schwach Sauren möglich. Weiterhin kann es für Ringerweiterungen, die Arndt-Eistert-Homologisierung zur Verlängerung von Kohlenstoffketten um ein weiteres C-Atom und [1,3]-dipolare Cycloadditionen genutzt werden.

Verwendet man Bortrifluorid als Katalysator, so lassen sich mit Diazomethan alkoholische Hydroxygruppen (–OH) in Methoxygruppen (–OCH3) umwandeln. Phenole reagieren mit Diazomethan dagegen auch ohne Bortrifluorid-Katalysator.

Die Addition von Diazomethan an C=C-Doppelbindungen, etwa in Acrylnitril führt zur Bildung von Pyrazolin-Ringen.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Eintrag zu Diazomethan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Februar 2017. (JavaScript erforderlich)
  2. Hans Beyer, Wolfgang Walter, Wittko Francke: Lehrbuch der Organischen Chemie. 23. Auflage. S. Hirzel Verlag 1998, ISBN 3-7776-0808-4.
  3. Eintrag zu Diazomethane im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 334-88-3 bzw. Diazomethan), abgerufen am 2. November 2015.
  5. 1 2 Klaus Forstinger, Hans Joachim Metz: Diazo Compounds and Diazo Reactions. In: Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley-VCH, Weinheim 2005, doi:10.1002/14356007.a08_505.
  6. Synthese und Stoffwissen. Abgerufen am 2. November 2020.
  7. 1 2 Arnold Willmes: Taschenbuch chemische Substanzen: Elemente – Anorganika – Organika – Naturstoffe – Polymere. 3. Auflage. Harri Deutsch Verlag, 2007, ISBN 978-3-8171-1787-1, S. 379–382.
  8. F. Arndt: Diazomethane In: Organic Syntheses. 15, 1935, S. 3, doi:10.15227/orgsyn.015.0003; Coll. Vol. 2, 1943, S. 156 (PDF).
  9. James A. Moore, Donald E. Reed: Diazomethane In: Organic Syntheses. 41, 1961, S. 16, doi:10.15227/orgsyn.041.0016; Coll. Vol. 5, 1973, S. 351 (PDF).
  10. Eberhard Breitmaier, Günther Jung Organische Chemie Kapitel 23.1 Vol. 7 Thieme 2012.
  11. Michael B. Smith, Jerry March. March’s advanced organic chemistry Rections, mechanisms and structure. Kapitel 17 vol. 6 Wiley
  12. Diazirine. In: Römpp Chemie-Lexikon. Georg Thieme Verlag Stand März 2002.
  13. A. P. Cox, L. F. Thomas, J. Sheridan: Microwave Spectra of Diazomethane and its Deutero Derivatives. In: Nature. Band 181, Nr. 4614, April 1958, S. 1000–1001, doi:10.1038/1811000a0 (nature.com [abgerufen am 2. Februar 2022]).
  14. Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-1579-9, S. 97.
  15. Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-1579-9, S. 607.
  16. Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-1579-9, S. 351.
  17. Reinhard Brückner: Reaktionsmechanismen. 3. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-1579-9, S. 668.
  18. Adalbert Wollrab: Organische Chemie: Eine Einführung für Lehramts- und Nebenfachstudenten. 3. Auflage. Springer, 2009, ISBN 978-3-642-00780-4, S. 440.
  19. Hans Peter Latscha, Uli Kazmaier, Helmut Alfons Klein: Organische Chemie: Chemie-Basiswissen II, Band 2. 6. Auflage. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-77106-7, S. 83.
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