Die Insel der Tausend Leuchttürme ist ein im September 2023 erschienener Roman von Walter Moers, welcher erneut auf dem fiktiven Kontinent Zamonien spielt. Moers gibt sich wie bereits bei den vorherigen Büchern nur als Übersetzer des Werkes aus, während er die Autorenschaft der Kunstfigur Hildegunst von Mythenmetz zuschreibt. Dieser ist auch Hauptfigur des Romanes, welcher aus einer Sammlung von Briefen an seinen Freund Hachmed Ben Kibitzer besteht.
Inhalt
Hildegunst von Mythenmetz begibt sich zu einer ärztlich angeordneten Kur auf die Insel Eidernorn, wo er neben Ruhe und Genesung auch seine Kreativität als Schriftsteller finden möchte. Allerdings gerät er bereits bei der Überfahrt vom Festland in einen außergewöhnlich starken Sturm, er erreicht zwar die Insel, ein Verlassen scheint aber auf unbestimmte Zeit auf Grund der Sturmschäden unmöglich. Davon unbeeindruckt begibt er sich nach Eydergard, wo neben seinem Hotel auch das Sanatorium liegt. Der behandelte Arzt begegnet ihm vorerst sehr unfreundlich, da er Mythenmetz direkt als Hypochonder identifiziert hat. Als er allerdings realisiert, dass es sich bei seinem Gegenüber um den berühmten Schriftsteller handelt, outet sich der Arzt als großer Fan seiner Kunst, seine Stimmung schlägt ins Freundschaftliche um.
Die Zeit zwischen den Behandlungen nutzt Mythenmetz für ausgiebige Erkundungen der Insel mit seiner einzigartigen Flora, Fauna und Kultur. Auch testet er die lokale Sportart Kraakenfieken aus, in welcher er sich überraschend als Koryphäe erweist. Sowohl Anfänger als auch Meister des Sports schlägt er ohne Anstrengung.
Ein wichtiger Teil der Kultur stellen die 111 Leuchttürme dar, welche mit beeindruckenden Lichtspielen und Pyrotechnik den Schiffen zur Orientierung dienen sollen. Der zweite, den Mythenmetz besichtigt, überrascht ihn, da er die Form der Lindwurmfeste, dem Heimatfelsen von ihm und seiner Spezies, hat. Der Leuchtturmwärter entpuppt sich als der Lindwurm Gryphius von Odenhobler, dem Dichtpaten seines Dichtpatens sowie dem Autor des Erfolgsromans Ritter Hempel. Odenhobler erzählt, dass er nach dem frühen Erfolg seines Romans nie mehr an die Qualität dieses Werks heranreichen konnte und daher beschloss, sich auf die Insel Eidernorn zurückgezogen hat, um neue Inspiration zu finden. Dort wurde er Leuchtturmwärter und baute erst unabsichtlich, später gezielt eine detailgenaue Nachbildung seiner Heimat als Leuchtturm nach. Während einer Gewitternacht wird Odenhobler von einem Geistesblitz getroffen, woraufhin er beschließt, das Schreibe an den Nagel zu hängen. Stattdessen entwickelt er Landkarten in der Form eines Möbiusbands, welche er mit hypnotischen Parfüm und Kontaktgift bearbeitete. Dadurch erlebt man beim Berühren der Karten eine psychedelische Reise in sein eigenes Bewusstsein. Mythenmetz lässt sich überzeugen, dies einmal auszuprobieren und erlebt so einen kurzen, aber fantastischen Tauchgang im Meer vor der Insel Eidernorn, bei welcher er auch auf die Sagengestalt Quaquappa trifft.
Nach diesem etwas ungewöhnlichen Erlebnis setzt Moers seine Erkundung der Insel fort, unter anderem auch der als erloschen geltenden Vulkane. Im sogenannten weißen Turm, welcher von tausenden von Möwen besiedelt ist, trifft er auf die Schreckse Izanea Anazazi. Diese berichtet von ihrer Lebensgeschichte, welche eng mit der Schrecksenverfolgung auf der Insel verbunden ist und dazu führte, dass sie die Wärterin dieses Leuchtturmes wurde. Zusätzlich untersucht sie den Kot der Möwen und die Möglichkeit, ihn als Baustoff und Rohstoff für diverse Alltagsgegenstände wie Tassen oder Tee zu nutzen. Am Ende driftet sie in die Mythenwelt der Insel ab, bereut allerdings, so viel erzählt zu haben und warnt Mythenmetz von einem Besuch in der Stadt ohne Türen.
In der Zwischenzeit häufen sich die mysteriösen Wetterereignisse wie Flutwellen, Erdbeben und unerklärliche Wolkenbildungen.
Trotz diverser Warnungen macht der Autor sich auf, um die Stadt ohne Türen zu erkunden. Dabei handelt es sich um ein in Felstürmen befindliches Höhlensystem, welches mit dreieckigen Fenster versehen ist. Bei der Untersuchung der Höhlen wird er von der Flut überrascht, auf seiner Flucht wird er von zwei Raubfischen, sogenannten Belphegatoren, angegriffen. Als seine Situation aussichtslos scheint, werden die Fische von einem mystischen Wesen getötet, welches Mythenmetz als das Quapappa beschreibt. Kurz nach seiner Rettung wird er ohnmächtig und erwacht kurz darauf wohl erhalten am Strand in der Nähe der Felsen.
Als er wenige Tage später Gryphius von Odenhobler besuchen möchte, ist dieser verschwunden. Der einzige Hinweis ist eine seiner Karten, welche Mythenmetz einen ihm unbekannten Leuchtturm aus Eiszapfen zeigt. Die Schreckse Anazazi erklärt ihm, dass es sich dabei um einen Einhundertzwölften, mysteriösen Turm handelt, und hilft ihm, dorthin zu finden. Dort trifft er auf die Eydeetin Nephelenia Mauersegler. Dort erfährt er, dass das Quaquappa keineswegs eine Sagengestalt ist, sondern ein Wesen, welches von der Wolke über Eydernorn erschaffen wurde. Bei dieser handelt es sich um ein mächtiges Wesen außerirdischer Herkunft, welches sich seit langer Zeit mit den Leuchtturmwärtern in einem Kampf befindet und die Weltherrschaft als Ziel hat. Bald wird es zu einer finalen Schlacht kommen, bei der der Untergang der Insel unausweichlich ist, um die Wolke endgültig zu besiegen. Mauersegler hat durch ihre Erforschungen der Wolke wichtiges Wissen über ihren Gegner gesammelt, um so einen Plan für die Schlacht zurecht zu legen. Ein wichtiger Bestandteil sind vom Quaquappa geschenkte Saphire, wodurch sie telepathisch mit anderen Personen über lange Distanzen kommunizieren kann.
Am nächsten Tag wird Mythenmetz zu dem Leuchtturmwärter Florestan De Ciello gebracht, wo der finale Plan in Gang gesetzt wird. De Ciello hat ein Luftschiff gebaut, in welches Mythenmetz mit einem befreundeten Gnom gemeinsam in die Wolke hineinnavigiert, geführt von den Anweisungen von Nepelenia Mauersegler. Er soll einen Saphir im Gehirn der Wolke platzieren, um diese von Innen heraus zu schwächen. Kurz vorher wird er allerdings von dem Gnom aus dem Schiff geschubst, wodurch dieser ihm das Leben rettet. Er stürzt hinab in den Hafen der Insel. Doch dort ist er nur in vermeintlicher Sicherheit, denn die Wolke schickt spinnenartige Wesen hinab, welche erbarmungslos die Inselbewohner töten. Mythenmetz kann sich in letzter Sekunde auf das einzige seetaugliche Boot retten, allerdings folgt ihm eine Spinne. Dort ermordet und verschlingt sie den größten Teil der Besatzung, allerdings gelingt es Mythenmetz das Tier zu besiegen. Er schlägt seinen Saphir in die Spinne, wodurch sie stark geschwächt wird, und durch eine starke Wendung stürzt sie vom Mast in das für sie giftige Meerwasser und stirbt.
Die Schlacht zwischen der Wolke und den Leuchtturmwärtern kann Mythenmetz nun nur noch aus der Ferne beobachten. Beide Seiten feuern jede Menge verschiedener Angriffe ab, es scheint ein Kampf mit ungewissem Ausgang. Als letzten Angriff sprengen die Leuchtturmwärter ihre Türme und zerstören damit das Fundament der Insel und bringen den Vulkan zur Eruption. Damit zerstören sie zwar die Insel, können aber auch die Wolke besiegen. Ein Trümmer der Explosion trifft das Segelboot, auf dem Mythenmetz sich befindet, und nur durch Glück kann er als einziger überleben. Doch noch immer schwebt er in Lebensgefahr, da er in eiskaltem Wasser weit entfernt von jedem Land treibt. Durch eine erneute glückliche Fügung findet ihn das Quapappa und rettet ihn, bis er von einem anderen Boot gefunden und endgültig gerettet wird.
Stil
Der Roman spielt zeitlich zwischen Die Stadt der Träumenden Bücher und Das Labyrinth der Träumenden Bücher, zum ersten Mal gibt Walter Moers in diesem Buch nicht nur an, dass der Text, sondern auch ein Großteil der Zeichnungen von Hildegunst von Mythenmetz stammen. So soll dieser diese Bleistiftzeichnungen seinen Briefen hinzugefügt haben, und Moers habe diese dann durch eigene Tuschezeichnungen, die zwischen den einzelnen Briefen eingefügt sind, ergänzt. Die Zeichnungen von Mythenmetz unterscheiden sich leicht im Stil von den üblichen Motiven. Das Buch ist als Briefroman verfasst, wie zuvor bereits Weihnachten auf der Lindwurmfeste und besteht aus 19 Briefen von Mythenmetz an Hachmed Ben Kibitzer, enthält allerdings nicht seine Antworten auf diese Briefe. Außerdem umfasst er in der Mitte eine Sammlung von Notizen von Mythenmetz sowie am Ende noch einige Skizzen von Moers.
Das Buch kann als autobiografische Erzählung des Dichters Hildegunst von Mythenmetz angesehen werden. Innerhalb Zamoniens wurden die Briefe nie veröffentlicht, es ist sogar unklar, ob die Briefe jemals an Hachmed Ben Kibitzer geschickt wurden.
Viele Details wie die Bräuche, der Dialekt oder die Lebensweise der Insulaner erinnern stark an Nordfriesländer.
Bei dem Namen der Insel handelt es sich um ein Anagramm zum Namen der Nordseeinsel Norderney, weitere Anagramme und Wortspiele hat Moers, wie für ihn üblich, in dem Roman eingebaut.
Hintergrund
Der zehnte Roman von Moers, welcher zur Zamonien-Reihe gezählt werden kann, wurde bereits 2016 das erste Mal angekündigt und danach wiederholt verschoben. In der Erstausgabe des 2019 erschienenen Romans Der Bücherdrache war bereits das erste Kapitel als Leseprobe enthalten. Der Brief im Buch Weihnachten auf der Lindwurmfeste soll ebenfalls während Mythenmetz’ Kuraufenthalts auf Eydernorn entstanden sein, in einer Fußnote wird dort auf den zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschienenen Roman Die Insel der Tausend Leuchttürme verwiesen. Umgekehrt wird allerdings kein Bezug genommen.
In einem schriftlichen Interview gibt Moers an, dass er in dem Roman unter anderem seine traumatischen Erfahrungen bei einer Asthma-Kur als 5-Jähriger verarbeitet. Weiter gibt er an, seine kreative Inspiration nicht im Internet, sondern in der analogen Welt wie beispielsweise in Lexika oder den Namen von New Yorker Taxifahrern zu finden.
Rezeption
Der Roman stieg in seiner ersten Woche auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste ein.
Von Kritikern wurde das Buch als größtenteils positiv gelobt. Es wurde als kreativ beschrieben und die vielen Details der Inselbeschreibung wurden positiv herausgestellt. Zwar wurde die weniger straffe Handlung kritisiert, Tilman Spreckelsen verglich den Roman allerdings auch mit den Werken von Edgar Allan Poe und H. P. Lovecraft.
Literatur
Textausgaben
- Die Insel der Tausend Leuchttürme. Penguin, München 2023, ISBN 978-3-328-60006-0. Gebundene Ausgabe.
Hörbuch
- Die Insel der Tausend Leuchttürme. Der Hörverlag, München 2023, ISBN 978-3-8445-2971-5, gelesen von Andreas Fröhlich.
Weblinks
Homepage von Die Insel der Tausend Leuchttürme auf der Webseite des Autors, letzter Zugriff am 16. September 2023.
Einzelnachweise
- 1 2 3 Danny Marques Marcalo: "Die Insel der Tausend Leuchttürme": Walter Moers' neuer Zamonien-Roman. NDR, 6. September 2023, abgerufen am 17. September 2023.
- ↑ Walter Moers: mich gibt es wirklich! In: Zamonien.de. 2017, abgerufen am 17. September 2023.
- ↑ Walter Moers: Der Bücherdrache (Erstausgabe). Penguin, München 2019, ISBN 978-3-328-60064-0, S. 167 ff.
- ↑ Denis Scheck, Walter Moers: Walter Moers: "Ich wollte eigentlich noch nie provozieren". Augsburger Allgemeine, 16. September 2023, abgerufen am 17. September 2023.
- ↑ Zugstarkes Zamonien: Walter Moers mit Bestseller. In: buchreport. 13. September 2023, abgerufen am 16. September 2023.
- ↑ Tilman Speckelsen: Diese Uhren zeigen immer fünf vor zwölf. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. September 2023, abgerufen am 17. September 2023.