Die Digestionslehre oder Digestionenlehre Galens ist eine bis ins 17. Jahrhundert verbreitete, inzwischen überholte Vorstellung im Zusammenhang mit dem Konzept der Humoralpathologie. Galen unterscheidet auf Grundlage der hippokratischen Medizin drei Stadien der Verdauung (pepsis):

  • die erste Digestion („Kochungsprozess“) im Magen. Im Magen entstehe dabei aus der Nahrung eine Art Speisebrei, der „Chylus“ (griechisch Chylos). Hier bzw. (nach Fortleitung über das Pfortadersystem) in der Leber würden aus dem „reinen“ Chylus Gelbe Galle bzw. Schwarze Galle. Minderwertige Bestandteile des Chylus würden als schwarze Galle über den Darm als Abfallprodukt der Verdauung mit dem Kot ausgeschieden; die reinen Teile gelangen in die Leber.
  • die zweite Digestion in der Leber (wobei der Speisebrei zu Blut umgewandelt, als Rückstand Urin gebildet und über den Harntrakt ausgeschieden wird)
  • die dritte Digestion in den Organen, wobei das Blut völlig aufgebraucht werde und die Überschüsse als Abfallprodukt mit dem dabei entstandenen Schweiß ausgeschiedenen werden.

Ein aus Blut entstandener feucht-warmer „Wind“ bzw. Dunst steigt nach der Digestionslehre vom Magen durch die Halsschlagadern auf und gelangt so in das Gehirn.

Siehe auch

Literatur

  • Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 12.
  • Wolfgang U. Eckart: Geschichte der Medizin. Springer Verlag, Berlin u. a. 1990, ISBN 3-540-52845-8, S. 62.
  • Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst. Ausgewählte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Römer. Philipp Reclam jun., Leipzig 1979 (= Reclams Universal-Bibliothek. Band 771); 6. Auflage ebenda 1989, ISBN 3-379-00411-1, S. 20 f. (zur Verdauungsphysiologie im Corpus Hippocraticum) und 63 f. (Anonymus Londinensis, Sp. XXIV 19–XXV 23).

Einzelnachweise

  1. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 12.
  2. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 1960, S. 12.
  3. Gundolf Keil: Die ‚Cirurgia‘ Peters von Ulm. Untersuchungen zu einem Denkmal altdeutscher Fachprosa mit kritischer Ausgabe des Textes (= Forschungen zur Geschichte der Stadt Ulm. Band 2). Stadtarchiv, Ulm 1961 (Zugleich Philosophische Dissertation Heidelberg 1960), S. 488.
  4. Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 192 (Wint).
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