Der Dyckerhoffbruch ist ein ehemaliger Kalksteinbruch und heutige Deponie im Ortsbezirk Biebrich der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden.
Lage
Der Dyckerhoffbruch liegt südlich der Innenstadt Wiesbadens. Nordöstlich des Geländes liegt Erbenheim und östlich die Siedlung Fort Biehler mit der Erbenheimer Warte. Südöstlich liegt der Hesslerhof und südlich Mainz-Amöneburg. Südwestlich liegen die Wuth’sche Brauerei, die Bundesautobahn 671, der Bahnhof Wiesbaden Ost und der Industriepark Kalle-Albert. Westlich verläuft das Tal des Salzbachs mit der Hammermühle. Nördlich des Steinbruchs liegt der Südfriedhof. Die Gleise der Ländchesbahn und der Bahnstrecke Breckenheim–Wiesbaden, das Tal des Wäschbachs und die Bundesautobahn 66 verlaufen nördlich der Deponie, aber südlich des stillgelegten Steinbruchs „Kalkofen“.
Steinbruch
Der aus dem Tertiär stammende Kalkstein wurde ab 1870 durch die Firma Portland-Cement-Fabrik Dyckerhoff & Söhne aus Mainz-Amöneburg abgebaut und die Flächen in den folgenden Jahrzehnten immer wieder vergrößert. Im Zeitraum von 138 Jahren wurden über 110 Millionen Tonnen Kalkstein zur Herstellung von Zement gewonnen.
Deponie
Von 1950 bis 1968 wurde die „Deponie Mainzer Straße“ südöstlich der heutigen Autobahnanschlussstelle Wiesbaden-Mainzer Straße verfüllt, von 1964 bis 1983 der Deponieabschnitt I des unmittelbar daneben gelegenen Dyckerhoffbruchs. Diese beiden, bereits rekultivierten Bereiche verfügen gemeinsam über ein Volumen von rund 17,7 Millionen m³ und eine Gesamtfläche von rund 28,6 Hektar. Zunächst wurde Boden und Bauschutt für die Verfüllung der Flächen genutzt, ab den 1970er Jahren auch Müll aus der Müllzerkleinerungsanlage an der Mainzer Straße. Bis Ende Mai 2005 wurden in den Abschnitten I und II etwa 20 Millionen Kubikmeter bzw. 29 Millionen Tonnen häusliche und gewerbliche Siedlungsabfälle deponiert. Seit Juni 2005 ist das Ablagern unvorbehandelter Abfälle in Deutschland wegen der TA Siedlungsabfall (TASi) verboten. Seitdem wird Inertabfall wie Asche aus Müllverbrennungsanlagen, Gießereisand, Böden oder Asbest in Abschnitt III eingelagert. Insbesondere wurden nahezu sämtliche Asbestabfälle aus Hessen und auch aus dem europäischen Ausland deponiert. Zwischen 1992 und 2016 wurden in Abschnitt III rund 8 Millionen Tonnen Abfall abgelagert, davon rund 30 % Schlacke und Aschen, 24 % Gießereialtsande, 20 % Böden, 11 % Bauschutt und 10 % Asbest. Im Jahr 2016 stammten 56 % der Anlieferung aus Wiesbaden, 29 % aus dem restlichen Hessen, 13 % aus dem Rest der Bundesrepublik und 2 % aus dem Ausland.
Um die Entsorgung für mindestens zwei Jahrzehnte über das Jahr 2020 hinaus sicherzustellen, wurde ein Planfeststellungsverfahren für einen weiteren Abschnitt mit rund 2,5 Millionen Kubikmeter Ablagerungsvolumen eingeleitet, weitere Abschnitte sind in Planung.
Das Sickerwasser der Deponie wird mit einer Industriekläranlage gereinigt und das Deponiegas in einem Blockheizkraftwerk genutzt. Im Dezember 2008 wurde auf der Deponie eine Photovoltaikanlage mit etwa 1 Hektar Fläche und 900 kW Spitzenleistung in Betrieb genommen. In einem Forschungsprojekt wurde untersucht, ob der Dyckerhoffbruch für Landfill Mining geeignet ist, allerdings nur ein geringes Rohstoffpotenzial identifiziert.
Das Deponiegelände ist etwa 1,5 km² groß, wovon knapp zwei Drittel als Ablagerungsfläche genutzt werden. Betrieben wird die Deponie durch die Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden (ELW). Zwei Lehrpfade informieren über Geschichte, Aufbau und Betrieb der Deponie, das Blockheizkraftwerk und den Deponieteich.
Geologie und Naturschutz
Etwa ein Drittel der Deponiefläche wurde nach der Verfüllung rekultiviert und als Ausgleichsfläche und Rückzugsgebiet für Tiere und Pflanzen als Biotop geschützt. Dort wurden unter anderem Weißstorch, Graureiher, Schwarzmilan, Habicht, Mäusebussard, Pirol, Uhu und Nachtigall gesichtet. Die um das Wasserwerk Schierstein lebenden Weißstörche nutzen die Deponie zur Nahrungsversorgung. Der nördlichste Steinbruch „Kalkofen“ wird nicht verfüllt, sondern als 39 Hektar großes Biotop mit Tümpeln, Wiesen und Steilwänden erhalten.
Im Dyckerhoffbruch können Gesteinsschichten erreicht werden, die bis zu 500 Millionen Jahre alt sind und aus dem Kambrium stammen. Aus dem Pleistozän können die Mosbacher Sande erschlossen werden. In dem Bodendenkmal wurden Fossilien und archäologische Funde wie Tonscherben und Knochen entdeckt.
Weblinks
- Luftbild, Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation
Einzelnachweise
- 1 2 3 4 Deponie Dyckerhoffbruch, Website der Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden, abgerufen am 7. Januar 2023.
- 1 2 3 4 Deponie Dyckerhoffbruch, Website der Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden, abgerufen am 14. Juni 2020.
- ↑ Landeshauptstadt Wiesbaden (Hrsg.): Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan 2010, S. 92.
- ↑ Claus-André Radde: 1. Juni 2006 – Ein Jahr Umsetzung der Abfallablagerungsverordnung/TA-Siedlungsabfall. Eine Bestandsaufnahme aus Bundessicht. Müll und Abfall 38(6), S. 284–289 (2006), ISSN 0027-2957.
- 1 2 3 Thomas Harrlandt: Erweiterung der DK II-Deponie in Wiesbaden und Neubau einer Deponie der Klasse I. In: Karl J. Thomé-Kozmiensky u. a. (Hrsg.): Mineralische Nebenprodukte und Abfälle 4, Neuruppin 2017, TK Verlag, ISBN 978-3-944310-35-0, S. 447–466.
- 1 2 Deponie Dyckerhoffbruch. In: Interessensgemeinschaft Deutsche Deponiebetreiber (Hrsg.): Deponiebuch 2019, 2019, S. 21.
- ↑ Erneuerbare Energien, Website der Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden, abgerufen am 14. Juni 2020.
- ↑ Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden (Hrsg.): Ressourcenpotenzial des Deponieabschnitts I der Deponie Dyckerhoffbruch in Wiesbaden, April 2014, S. 169.
- ↑ Deponie- und Teichlehrpfad mit Tafeln, Website der Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden, abgerufen am 14. Juni 2020.
- ↑ Natureg Viewer, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, siehe Schutzgebiete. Abgerufen am 14. Juni 2020.
- ↑ Umwelt- und Naturschutz, Website der Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden, abgerufen am 14. Juni 2020.
- ↑ Konzept für die Erhaltung einer sich selbsttragenden Storchenpopulation im Raum Wiesbaden – Mainz – Bingen. NABU Naturschutzzentrum Rheinauen, abgerufen am 20. Mai 2020.
- ↑ Jöran Harders: Dyckerhoff-Steinbruch: Neues Leben im grauen Geröll. In: Frankfurter Rundschau, 12. Mai 2010.
- 1 2 Arne Löffel: Urzeitlicher Dyckerhoffbruch. In: Frankfurter Rundschau, 7. Januar 2016.
- ↑ W. Kramer (Hrsg.): Rhein-mainische Forschungen, Ausgabe 78, 1974, S. 73.
- ↑ H. Eikamp: Zur Wirbeltier- und Insektenfauna der unteren Hydrobienschichten (Aquitan, Untermiozän) im Dyckerhoff-Steinbruch "Am Hambusch" in Wiesbaden-Amöneburg. In: Aufschluss, Jahrgang 30, 1979, Heft 6, S. 193–206.
Koordinaten: 50° 2′ 46,3″ N, 8° 16′ 5,5″ O