Dyskrasit | |
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Dyskrasit-Stufe aus der „Uranium Mine No. 21“, Příbram, Böhmen, Tschechien (Größe: 4,5 × 4,5 × 3,3 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Dys |
Andere Namen |
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Chemische Formel | Ag3Sb |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
II/A.02 II/A.02-020 2.AA.35 02.02.01.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | orthorhombisch |
Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-pyramidal; mm2 |
Raumgruppe (Nr.) | Pm2m (Nr. 25) |
Gitterparameter | a = 3,01 Å; b = 5,21 Å; c = 4,83 Å |
Formeleinheiten | Z = 1 |
Häufige Kristallflächen | {111}, {110}, {010}, {021}, {001} |
Zwillingsbildung | nach (110) pseudohexagonale Zwillinge |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3,5 bis 4, mit dem Messer schneidbar |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 9,712; berechnet: 9,720 |
Spaltbarkeit | unvollkommen nach {110}, deutlich nach {001} und {011} |
Bruch; Tenazität | uneben, spröde |
Farbe | silberweiß bis hellgelb, bleigrau bis schwarz anlaufend |
Strichfarbe | silberweiß |
Transparenz | undurchsichtig |
Glanz | Metallglanz |
Dyskrasit, veraltet auch als Antimonsilber ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der idealisierten, chemischen Zusammensetzung Ag3Sb, besteht also aus Silber und Antimon im Verhältnis 3 : 1.
Dyskrasit entwickelt nur selten gut ausgebildete Kristalle mit tafeligem bis prismatischem, zylindrischem oder pyramidalem Habitus und gestreiften, metallisch glänzenden Oberflächen. Ebenfalls bekannt sind pseudohexagonale Zwillingsbildungen. Meist findet er sich jedoch in Form blättriger oder körniger bis massiger Mineral-Aggregate. Frische Proben sind von silberweißer bis hellgelber Farbe, die allerdings mit der Zeit bleigrau bis schwarz anläuft.
Mit einer Mohshärte von 3,5 bis 4 gehört Dyskrasit zu den mittelharten Mineralen, lässt sich daher trotz seiner Sprödigkeit mit dem Messer schneiden.
Etymologie und Geschichte
Erstmals erwähnt wird das Mineral 1782 durch Torbern Olof Bergman (1735–1784) unter der Bezeichnung Argentum nativum antimonio adunatum
In älteren deutschsprachigen Literaturen findet sich Dyskrasit unter verschiedenen Bezeichnungen, so unter anderem 1786 bei Bergrath Selb und 1796 bei Abraham Gottlob Werner als Spiesglanz-Silber und 1813 bei Friedrich Hausmann als Silberspiesglanz. Eine präzisere Bezeichnung erhält das Mineral 1821 durch Karl Cäsar von Leonhard und 1823 durch August Breithaupt, die es nach seiner Zusammensetzung als Antimon-Silber bzw. Silberantimon benennen.
Sein bis heute gültiger Name Dyskrasit leitet sich aus dem von François Sulpice Beudant 1832 geprägten Begriff Discrase nach dem griechischen Wort δνσκρᾶσις oder besser δνσκρασία für „schlechte Mischung“ ab, die sich auf den wechselnden Silbergehalt in der Verbindung bezieht.
Als Typlokalität gilt die Umgebung von Wolfach aufgrund der chemischen Analysen von Martin Heinrich Klaproth bzw. die Grube Wenzel bei Oberwolfach nach Analysen durch G. Markl und J. Otto 1992 am dort vorgefundene Material.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Dyskrasit innerhalb der Sulfide zur Abteilung der „Legierungen und legierungsartige Verbindungen“, wo er zusammen mit Allargentum die unbenannte Gruppe II/A.02 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Dyskrasit ebenfalls in die Abteilung der „Legierungen und legierungsartige Verbindungen“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Verbindungen von Halbmetallen mit Kupfer (Cu), Silber (Ag), Gold (Au)“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.AA.35 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Dyskrasit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er als Namensgeber der „Dyskrasitgruppe“ mit der System-Nr. 02.02.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n):p=3:1“ zu finden.
Bildung und Fundorte
Dyskrasit bildet sich in hydrothermal in Erz-Gängen meist vergesellschaftet mit gediegen Silber und anderen Silbermineralen wie unter anderem Akanthit, Pyrargyrit und Stromeyerit sowie anderen Erzen wie Allemontit (Gemenge aus Stibarsen und gediegen Arsen bzw. Antimon), Baryt, Calcit, Galenit und Tetraedrit.
Als eher seltene Mineralbildung kann Dyskrasit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand: 2013) rund 160 Fundorte. Neben seiner Typlokalität Grube Wenzel bei Oberwolfach fand sich das Mineral in Deutschland noch ein einigen weiteren Stellen im Schwarzwald (Baden-Württemberg) sowie bei Sinatengrün und Lam in Bayern, in mehreren Gruben bei Sankt Andreasberg in Niedersachsen und einigen Stellen im sächsischen Erzgebirge.
Der einzige bisher bekannte Fundort in der Schweiz liegt nahe Böttstein, wo das Mineral bei einer von der NAGRA durchgeführten Bohrung gefunden wurde.
Bekannt für seine außergewöhnlichen Dyskrasitfunde ist vor allem die Uranlagerstätte Háje u Příbramě im tschechischen Okres Příbram, wo bis zu fünf Zentimeter große Kristalle und Zwillinge zutage traten.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Bolivien, Chile, China, Finnland, Frankreich, Italien, Kanada, Kasachstan, Marokko, Norwegen, Russland, Schweden, der Slowakei, Spanien, Südafrika, Tadschikistan sowie in mehreren Bundesstaaten der USA.
Kristallstruktur
Dyskrasit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pm2m (Raumgruppen-Nr. 25, Stellung 3) mit den Gitterparametern a = 3,01 Å; b = 5,21 Å und c = 4,83 Å sowie einer Formeleinheit pro Elementarzelle.
Siehe auch
Literatur
- F. S. Beudant: Deuxième genre. Antimoniure. Espèce unique. Discrase, in: Traité Élémentaire de Minéralogie, 2. Auflage, Paris 1832, S. 613–614 (PDF 111,8 kB)
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 115–116.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- 1 2 3 4 5 6 Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 58.
- ↑ Webmineral - Dyscrasite
- 1 2 Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 115–116.
- 1 2 Dyscrasite, in: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 60,9 kB)
- ↑ Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 370.
- ↑ Torberni Bergman: Sciagraphia regni mineralis: Secundum principia proxima digesti, London 1783 (lateinisch) in der Google-Buchsuche
- ↑ Geomuseum TU Clausthal - Dyskrasit
- 1 2 Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 370.
- ↑ M. H. Klaproth: Untersuchung des Spießglanzsilbers von Wolfach, in: Beiträge zur chemischen Kenntniss der Mineralkörper, Zweiter Band, Rottmann, Berlin 1797, S. 298–301 (siehe Mindat - Typlokalität Wenzel Mine, Frohnbach valley, Oberwolfach, Wolfach, Black Forest, Baden-Württemberg, Germany)
- ↑ Mindat - Anzahl der Fundorte für Dyskrasit
- 1 2 Mindat - Dyscrasite
- ↑ Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Nebel Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-076-0, S. 20 (Dörfler Natur).