Eleonore d’Olbreuse, vollständiger französischer Name Éléonore Desmier d’Olbreuse (* 3. Januar 1639 im Schloss von Olbreuse nahe La Rochelle; † 5. Februar 1722 in Celle), war eine Tochter Alexanders II. Desmier, Marquis d’Olbreuse, und der Jacquette geborene Poussard de Vandré. Sie erhielt 1665 den Titel Frau von Harburg, wurde 1674 Gräfin von Harburg und Wilhelmsburg und war ab 1676 auch Herzogin von Braunschweig-Lüneburg-Celle.

Leben

Eleonore stammte aus einer Hugenotten-Familie des Landadels im Poitou. Ihr Vater war Alexandre Desmier d'Olbreuse (1608–1660), die Mutter Jacquette Poussard du Bas-Vandré. Ihr Vater besaß das Landgut Château d'Olbreuse bei Usseau, wo sie vermutlich geboren wurde.

Im Jahr 1661 kam sie an den Pariser Hof, als Ehrendame von Marie de la Tour d’Auvergne, Herzogin von Thouars, deren Sohn Henri Charles 1648 Emilie von Hessen-Kassel heiratete. Im Winter 1664 besuchte Emilie ihre Verwandtschaft in Kassel, wobei sie von Eleonore begleitet wurde. Diese wurde wegen ihrer Schönheit von vielen Männern hofiert.

In Kassel begegnete Eleonore Georg Wilhelm von Braunschweig. Sie wurde zunächst seine Mätresse und zur „Frau von Harburg“ erhoben. Im Rahmen des sogenannten „Brauttausches“ hatte Georg Wilhelm den Eheverzicht erklärt und die Erbfolge auf seinen Bruder Ernst August übertragen, da dieser die zuvor mit Georg Wilhelm verlobte Sophie von der Pfalz geheiratet hatte. Daher war ihm nur eine morganatische Ehe möglich. Eleonore jedoch wollte volle Anerkennung als ebenbürtige Herzogin. Georg Wilhelm vermachte ihr sein gesamtes Privatvermögen und verpflichtete sich, standesgemäß für ihren verarmten Vater zu sorgen.

1666 gebar Eleonore das einzige Kind der Verbindung, Sophie Dorothea. Diese wurde 1674 durch einen Gnadenakt des Kaisers Leopold I. legitimiert und Eleonore wurde zur „Gräfin von Harburg und Wilhelmsburg“ erhoben. Dazu wurde eigens für sie die Allodialherrschaft Harburg-Wilhelmsburg geschaffen. Zwei Jahre später 1676 fand die offizielle Vermählung mit Georg Wilhelm statt. Dieser zweiten Trauung blieb Georg Wilhelms jüngerer Bruder Ernst August demonstrativ fern.

Die Ehe verlief nahezu bürgerlich und war sehr glücklich. Eleonore hatte noch drei Fehlgeburten, gebar aber keine weiteren Kinder mehr. Da sie in den ersten Ehejahren keine offiziellen Verpflichtungen hatte, konnte sie sich mehr als andere Damen ihres Standes um ihre Tochter kümmern, die ihr sehr ähnlich war.

Eleonore gründete eine reformierte Gemeinde in Celle und unterhielt sie aus eigenen Mitteln. Ihre ältere Schwester Angélique († 1688) heiratete 1678 Heinrich V. von Reuß-Untergreiz. Die jüngere Schwester Marie wurde Ehefrau Oliviers von Beaulieu-Marconnay (1660–1751) aus der hugenottischen Familie Beaulieu-Marconnay, der das kurhannoverische Erb-Hofamt des Oberjägermeisters innehatte. Ihr Bruder Alexandre Desmier d'Olbreuse, verheiratet mit einer Urenkelin von Agrippa d’Aubigné, lebte auf dem Gut Olbreuse im Poitou und gewährte dort mit Beginn der erneuten Hugenottenverfolgung 1685 durch das Edikt von Fontainebleau verschiedenen Hugenotten Unterschlupf, weshalb sein Besitz 1702 durch Ludwig XIV. beschlagnahmt wurde. 1707 wurde die Beschlagnahme aufgehoben und das Gut an Eleonore als mittlerweile allein verbliebene Erbin zurückgegeben. (Nach Eleonores Tod fiel das Gut an ihre Tochter, nach deren Tod 1726 an die beiden Enkel Georg August und Sophie Dorothea, die es 1727 der mit den d'Olbreuse verwandten Familie Prévot de Gagemont schenkten, was 1729 Ludwig XV. bestätigte.)

Nachdem Georg Wilhelms Bruder Ernst August 1679 das Fürstentum Calenberg zugefallen war, wurde Eleonores Tochter Sophie Dorothea 1682 mit Ernst Augusts Sohn Georg Ludwig vermählt, um alle lüneburgischen Gebiete zu vereinigen. Den katastrophalen Verlauf dieser Ehe, die Scheidung und die Inhaftierung ihrer Tochter in Ahlden erlebte Eleonore noch.

Eleonores Enkelin Sophie Dorothea von Hannover (1687–1757) heiratete 1706 auf Vermittlung von Sophie von der Pfalz, ihrer väterlichseitigen Großmutter, den „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. von Preußen. Dadurch wurde Eleonore Urgroßmutter des Sohnes aus dieser Verbindung, Friedrichs II. von Preußen.

Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1705 bezog sie das Lüneburger Schloss als Witwensitz. Ihre Tochter Sophie Dorothea ersuchte vergeblich ein letztes Mal ihren geschiedenen Gatten, dass er sie aus Ahlden entlasse und ihr erlaube, völlig zurückgezogen bei ihrer Mutter zu leben.

Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Eleonore damit, sich um ihre Tochter zu kümmern und erfolglos deren Freilassung zu erwirken. Sie wandte sich sogar an König Ludwig XIV., der sie ja samt ihrer hugenottischen Familie einst aus Frankreich vertrieben hatte, aber als Schwager einer Nichte von Sophie Dorotheas Schwiegermutter familiär involviert war. Dieser war nicht abgeneigt, sie und ihre Tochter aufzunehmen, doch die Bedingung, zum Katholizismus zu konvertieren, wollte Eleonore nicht erfüllen.

Eleonore starb 1722 und wurde in der Fürstengruft in der Stadtkirche St. Marien in Celle beigesetzt.

Literatur

  • Andreas Flick: „Der Celler Hof ist ganz verfranzt“. Hugenotten und französische Katholiken am Hof und beim Militär Herzog Georg Wilhelms von Braunschweig-Lüneburg. In: Hugenotten. 72. Jahrgang, Nr. 3, 2008, ISSN 0340-3718, S. 87–120 (PDF; 2,2 MB).
  • Charles Prosper Maurice Horric de Beaucaire: Une mésalliance dans la maison de Brunswick, 1665-1725, Éléonore Desmier d’Olbreuze, duchesse de Zell. H. Oudin, Paris 1884 (online).
  • Elisabeth E. Kwan und Anna E. Röhrig: Frauen vom Hof der Welfen. MatrixMedia, Göttingen 2006, S. 115–126, ISBN 3-932313-17-8, S. 53–63.
  • Thea Leitner: Skandal bei Hof. Frauenschicksale an europäischen Königshöfen. 7. Auflage. Piper, München 2000, ISBN 3-492-22009-6, S. 13–15, 48, 66–68.
  • Luise Marelle: Eleonore d’Olbreuse, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg-Celle. Die Großmutter Europas. Hoffmann und Campe, Hamburg 1936.
  • Pierre-Henri Mitard: Éléonore Desmier d’Olbreuse. ‘La Grand’Mère de l’Europe‘ (1639–1722) In: Bulletin de la Société Historique et Scientifique des Deux-Sèvres. Deuxième série. Band 23, Nr. 1. Niort, 1990, ISSN 0751-5294, S. 35–38.
  • Johann Ferdinand Neigebaur: Eleonore d’Olbreuse, die Stammmutter der Königshäuser von England, Hannover und Preußen. 1856, (PDF; 12,8 MB).
  • Dorothea Nolde: Eléonore Desmier d’Olbreuse (1639–1722) am Celler Hof als diplomatische, religiöse und kulturelle Mittlerin. In: Dorothea Nolde, Claudia Opitz (Hrsg.): Grenzüberschreitende Familienbeziehungen. Akteure und Medien des Kulturtransfers in der frühen Neuzeit. 1. Auflage. Böhlau, Köln [u. a.] 2008, ISBN 978-3-412-20100-5, S. 107–120 (Auszug)
  • Michael Sikora: Dynastie und Eigensinn. Herzog Georg Wilhelm von Celle, Eleonore d’Olbreuse und die Spielregeln des Fürstenstandes. In: Heiko Laß (Hrsg.): Hof und Medien im Spannungsfeld von dynastischer Tradition und politischer Innovation zwischen 1648 und 1714 (= Rudolstädter Forschungen zur Residenzkultur, Band 4). Deutscher Kunstverlag, München 2008, ISBN 978-3-422-06862-9, S. 19–30.
  • Renate du Vinage: Ein vortreffliches Frauenzimmer. Das Schicksal von Eleonore d’Olbreuse, der letzten Herzogin von Braunschweig-Lüneburg-Celle. 2. Auflage. Otto Meissners, Berlin 2010, ISBN 3-87527-107-6.
Commons: Éléonore d'Olbreuse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Horric de Beaucaire, Charles Prosper Maurice: Une mésalliance dans la maison de Brunswick (1665-1725): Éléonore Desmier d'Olbreuze, duchesse de Zell (auf Französisch). Paris, 1884. Libr. H. Oudin: Libr. Fischbacher (Société Anonyme). OCLC 1125380017
  2. Renate du Vinage: Ein vortreffliches Frauenzimmer. Das Schicksal von Eleonore d’Olbreuse, der letzten Herzogin von Braunschweig-Lüneburg-Celle. 2. Auflage. Otto Meissners, Berlin 2010, S. 41, 43
  3. T. Leitner: Skandal bei Hof, S. 13.
  4. Vgl. französischen Artikel Château d'Olbreuse.
  5. T. Leitner: Skandal bei Hof, S. 66.
  6. N.N.: Die Fürstengruft und die Grabplatten der Herzöge zu Braunschweig-Lüneburg in der Stadtkirche St. Marien Celle, mit Fotos von Dietrich Klatt, Friedrich Kremzow und Ralf Pfeiffer illustriertes Faltblatt, im Format DIN A5 (4 Seiten, o. O., o. D.) von Heide Kremzow gestaltet, nach: Dietrich Klatt: Kleiner Kunstführer Schnell & Steiner Nr. 1986, 2008
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