Elisabeth Stiefel (geboren 10. April 1929 in Ulm) ist eine deutsche Ökonomin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Ihr Schwerpunkt liegt in feministischer Ökonomie, Gender Budgeting und Bürgerhaushalt.

Ausbildung

Elisabeth Stiefel wurde in eine pietistische Familie geboren. Der Vater war Pfarrer, die Familie wechselte oft den Wohnort. 1949 legte sie in Göppingen ihr Abitur ab. Anschließend begann sie am Leibniz-Kolleg Tübingen ein Studium Generale. Sie hatte an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen keine Studienzulassung für Wirtschaftswissenschaften erhalten, weil zum damaligen Zeitpunkt männliche Kriegsrückkehrer bevorzugt zum Studium zugelassen wurden.

1950 erhielt sie ein USA-Stipendium und begann Wirtschaftswissenschaften an der University of Wyoming in Laramie zu studieren, was sie ab 1951 in Paris an der Faculté de Droit der Universität Sorbonne fortsetzte und 1953 in Tübingen als Diplom-Volkswirtin abschloss. Ein Promotionsstipendium führte sie anschließend erneut für ein Jahr nach Paris an die Sorbonne.

1958 schloss sie ihre Promotion an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen mit einer Arbeit über Frankreichs Beitrag zur Wirtschaftskreislauf-Theorie ab. Bis zur Beendigung ihrer Dissertation arbeitete sie parallel als Kontoristin und Sachbearbeiterin in einem mittelständischen metallverarbeitenden Unternehmen.

Beruflicher Werdegang

Nach familiär bedingter Auszeit zwischen 1958 und 1969, in der sie zwei Töchter zur Welt brachte, arbeitete sie zeitgleich als Hilfslehrerin an einer Hauptschule und im mittleren Management einer weltweit operierenden Ingenieursgesellschaft.

1973 erhielt Elisabeth Stiefel eine Anstellung als Referentin für berufliche Bildung beim Volkshochschulverband in Nordrhein-Westfalen und war zuständig für die Weiterentwicklung und Integration von beruflicher und politischer Bildung, die Veränderung der Curricula mit Fokus auf die Modernisierung klassischer Frauenberufe sowie die Entwicklung von Qualifizierungen in mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Fächern. Ab 1990 war sie im Auftrag der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen als Beraterin für den Aufbau bildungspolitischer Strukturen im Land Brandenburg tätig. Seit 1993 ist sie pensioniert und widmet sich wieder verstärkt ihrem Forschungsgegenstand feministische Ökonomie.

In einem Interview, das Elisabeth Stiefel kurz vor ihrem 90. Geburtstag den Autorinnen Birgit Buchinger, Ute Dorau und Ela Großmann in Köln gewährt hat, beschreibt sich Stiefel „zwischen einer pietistischen Feministin und einer feministischen Pietistin“.

Feministische Ökonomie

Elisabeth Stiefel hat sich wissenschaftlich mit den Zusammenhängen von Geschlecht, Arbeit und Ökonomie beschäftigt. Sie ist für die Themen feministische Ökonomie, Gender Budgeting und Bürgerhaushalt sowie Gender-Mainstreaming als Speakerin, Expertin und Referentin tätig. Außerdem engagiert sie sich in internationalen Netzwerken der feministischen Ökonomie.

2017 nahm sie an einem mehrtägigen Forschungsgespräch zur Versorgungsökonomie an der Universität Vechta teil. Ihr Beitrag wurde in Ökonomie des Versorgens. Feministisch-kritische Wirtschaftstheorien im deutschsprachigen Raum der feministischen Ökonomin Ulrike Knobloch publiziert.

Mitgliedschaften

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Der Ursprung der Wirtschaftskreislauftheorie in Frankreich. Dissertation, Eberhard-Karls-Universität, Tübingen 1958, Signatur: UM 8053, 144 Bl.
  • Über den Zwiespalt zwischen globaler Ökonomie und der simplen Sorge für das Leben. In: Internationale Politik und Gesellschaft Online: International Politics and Society. 1998
  • Stadt der Männer? Stadt der Frauen – Stadt für alle. Hans-Böckler-Stiftung, 2002
  • Gender Budgeting and Participation for Gender Equality
  • Mehr Geschlechtergerechtigkeit durch Bürgerhaushalte?
  • Gender Budgeting eröffnet neue Sichtweisen
  • Im Blickpunkt: die Care-Ökonomie und ihre Krise
  • Daniela Gottschlich, Elisabeth Stiefel: Perspektiven gendergerechten Wirtschaftens. Fachgespräch „Green Economy – Wirtschaften für nachhaltige Lebensbedingungen“. In: Rundbrief Forum Umwelt und Entwicklung, 4/2011, S. 39.
  • Fortschritt im Spagat
  • Unpaid Care and Economic Welfare.
  • Nachdenken über Arbeit – eine feministische Perspektive.
  • Mut zum Weiterdenken: Die Arbeitswelt von morgen
  • Im toten Winkel der Volkswirtschaftslehre
  • Das Wirtschaftsmodell endlich vom Mann auf die Füße stellen
  • Der ökonomische Mann. In: Ulrike Knobloch (Hrsg.): Ökonomie des Versorgens. Feministisch-kritische Wirtschaftstheorien im deutschsprachigen Raum. Beltz Juventa, Weinheim 2019, ISBN 978-3-7799-3948-1.
  • Arbeit im Brennglas von Haushalt und Familie. In: Ulrike Knobloch (Hrsg.): Caring Societies – Sorgende Gesellschaften. Neue Abhängigkeiten oder mehr Gerechtigkeit? Beltz Juventa, Weinheim 2022, ISBN 978-3-7799-7196-2.

Literatur

  • Birgit Buchinger & Ela Großmann: Eine Lichtung im Dickicht – Elisabeth Stiefel. In: Birgit Buchinger, Renate Böhm, Ela Großmann (Hrsg.): Kämpferinnen. Mandelbaum, Wien 2021, ISBN 978-3-85476-984-2, S. 17–36.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Elisabeth Stiefel: Der Ursprung der Wirtschaftskreislauftheorie in Frankreich. In: Eberhard Karls Universität (Hrsg.): Signatur: UM 8053. Tübingen 1958.
  2. 1 2 3 Birgit Buchinger & Ela Großmann: Eine Lichtung im Dickicht - Elisabeth Stiefel. In: Birgit Buchinger, Renate Böhm, Ela Großmann (Hrsg.): Kämpferinnen. 1. Auflage. Mandelbaum, Wien, Berlin 2021, ISBN 978-3-85476-984-2, S. 1719.
  3. Elisabeth Stiefel. In: elisabeth-stiefel.de. 22. März 2008, abgerufen am 13. Dezember 2018.
  4. Feministische Ökonomie. In: iwp.jku.at. Abgerufen am 13. Dezember 2018.
  5. Ökonomie des Versorgens: Forschungsgespräch an der Universität Vechta. Archiviert vom Original am 3. Januar 2019; abgerufen am 28. Dezember 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  6. Ulrike Knobloch (Hrsg.): Ökonomie des Versorgens: Forschungsgespräch an der Universität Vechta. 2018, archiviert vom Original am 3. Januar 2019; abgerufen am 21. Januar 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  7. Gender Mainstreaming Experts International. Abgerufen am 5. Januar 2019.
  8. EGBN, Members. Abgerufen am 5. Januar 2019.
  9. https://library.fes.de/pdf-files/ipg/ipg-1998-3/artstiefel.pdf
  10. Elisabeth Stiefel: Stadt der Männer? Stadt der Frauen – Stadt für alle. Hrsg.: Hans-Böckler-Stiftung. Arbeitspapier, Nr. 60. Düsseldorf 2002.
  11. Elisabeth Stiefel: Gender Budgeting and Participation for Gender Equality. (PDF) 2008, abgerufen am 13. Dezember 2018 (englisch).
  12. Mehr Geschlechtergerechtigkeit durch Bürgerhaushalte? 5. Oktober 2009, abgerufen am 5. Januar 2019.
  13. Gender Budgeting eröffnet neue Sichtweisen. 22. Februar 2010, abgerufen am 5. Januar 2019.
  14. http://www.ev-akademie-boll.de/fileadmin/res/otg/doku/311110_07_stiefel.pdf
  15. Fortschritt im Spagat: Fortschrittsforum - Wie wollen wir leben? Abgerufen am 5. Januar 2019.
  16. Elisabeth Stiefel: Unpaid Care and Economic Welfare. (PDF) März 2015, abgerufen am 13. Dezember 2018 (englisch).
  17. Nachdenken über Arbeit – eine feministische Perspektive. In: denkraumarbeit.de. 5. November 2015, abgerufen am 13. Dezember 2018.
  18. http://www.progressives-zentrum.org/author/elisabethstiefel/
  19. Im toten Winkel der Volkswirtschaftslehre. In: oxiblog.de. 17. März 2017, abgerufen am 13. Dezember 2018.
  20. Das Wirtschaftsmodell endlich vom Mann auf die Füße stellen. In: oxiblog.de. 10. April 2017, abgerufen am 13. Dezember 2018.
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