Emilie Lehmus (* 30. August 1841 in Fürth, Königreich Bayern; † 17. Oktober 1932 in Gräfenberg, Landkreis Forchheim) zählte zu den ersten Frauen, die aus Deutschland als Medizinstudentinnen nach Zürich gingen.

Als niedergelassene Ärztin stieg Emilie Lehmus 1877 in die erste, von Frauen geführte, Gemeinschaftspraxis von Franziska Tiburtius und deren Schwägerin Henriette Hirschfeld-Tiburtius ein.

Leben und Wirken

Die Tochter des Pfarrers Friedrich Theodor Eduard Lehmus hatte nach dem Lehrerseminar und Sprachenstudien in Paris ein Medizinstudium an der Universität Zürich aufgenommen. Nach der Promotion mit Auszeichnung folgte das Volontariat bei Winckel in Prag.

Gemeinsam mit ihrer Kommilitonin Franziska Tiburtius betrieb sie ab 1877 in Berlin eine Privatpraxis und gründete die Poliklinik weiblicher Ärzte für Frauen und Kinder in der Alten Schönhauser Straße 23, in Berlin-Mitte.

1881 gründeten die beiden Ärztinnen die Pflegeanstalt für Frauen, die später zu einer modernen chirurgischen Klinik ausgebaut wurde und vor allem jungen Ärztinnen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten bot. Um 1900 wurde sie durch ihre eigene Erkrankung an der Grippe-Pneumonie zur Aufgabe der Praxis gezwungen. Als 1908 die Vereinigung weiblicher Ärzte ins Leben gerufen wurde, unterstützte Lehmus diese Initiative mit einer Geldspende von 16.000 Reichsmark.

Sie lebte nach Aufgabe ihrer Praxis mehrere Jahre in München und nach dem Ersten Weltkrieg bei ihrer Schwester in Gräfenberg. Sie betätigte sich musisch als Pianistin. Am 18. Oktober 1932 wurde sie auf dem städtischen Friedhof in Fürth, Erlanger Straße 97, beigesetzt.

Der Berliner Mathematiker Ludolph Lehmus (1780–1863) war ihr Großonkel.

Bedeutung

Emilie Lehmus wurde in Deutschland aufgrund ihres Geschlechtes zunächst die Anerkennung des Medizinstudiums an der Universität Zürich verweigert. Sie wurde mit Badern und Heilpraktikern gleichgestellt, obwohl sie ihr Studium außergewöhnlich gut abgeschlossen hatte: „Fräulein Emilie Lehmus aus Fürth, die erste deutsche Dame, die in Zürich Medizin studiert, machte daselbst in voriger Woche ihr Examen und erhielt das Prädikat ausgezeichnet. Es ist dieser Grad in den letzten zehn Jahren nur sechs männlichen Examinanden zuteil geworden“ (Kölner Zeitung 1874).

Zu Zeiten Emilie Lehmus' nahm der deutsche Reichstag weibliche Ärzte nicht ernst. Über die Ablehnung durch die Berliner Ärzteschaft sagte Lehmus selbst, „am gehässigsten“ sei Virchow gewesen. Posthum wurde sie, anlässlich ihres 100. Geburtstages, für ihre Leistung und Vorreiterrolle von den deutschen Ärztinnen in einem Nachruf gewürdigt.

Am 18. Juni 2006 wurde an dem Haus Alte Schönhauser Allee 23, in dem sie 1877 die Poliklinik weiblicher Ärzte eröffnet hatten, eine Gedenktafel für Emilie Lehmus und Franziska Tiburtius angebracht.

Am 30. August 2019 fand an der ehemaligen Grabstelle am Städtischen Friedhof in Fürth eine Gedenkveranstaltung zu Ehren von Emilie Lehmus statt. Das Grab war bereits vor vielen Jahren aufgelassen worden, so dass nichts mehr vor Ort an sie erinnerte. Mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Stadt Fürth wurde der Gedenkstein im August 2019 auf dem Friedhof aufgestellt. Gastredner war der Präsident der DGGG, Anton Scharl, der Chefarzt der Frauenklinik am Klinikum Fürth, Volker Hanf, und der Oberbürgermeister der Stadt Fürth, Thomas Jung. Initiiert hatte die Veranstaltung der ehemalige Pfarrer der Gemeinde St. Peter und Paul in Poppenreuth, Christian Schmidt-Scheer. Die auf dem Gedenkstein abgebildete Person stellt nicht Emilie Lehmus dar, sondern die jung verstorbene Fürtherin Christel Schuirer (1918–1944), deren Grab ebenfalls vor einigen Jahrzehnten aufgelassen wurde. Allerdings ist der Grabstein Schuirers erhalten geblieben und wurde nun für den neuen Zweck umgewidmet.

Literatur

  • Barbara Ohm: Dr. Emilie Lehmus (1841–1932). In: dies.: Geschichte der Frauen in Fürth. Geschichtsverein Fürth, Fürth 2021 (Fürther Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde; 13), ISBN 978-3-940889-13-3, S. 47.
Commons: Emilie Lehmus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Schnoepf: Emilie Lehmus. In: Dokumentation: Ärztinnen im Kaiserreich. Freie Universität Berlin, 4. Oktober 2011, abgerufen am 3. Februar 2013.
  2. 1 2 Ärztinnen im Kaiserreich. Franziska Tiburtius Charité, aufgerufen am 7. März 2022
  3. Korrespondent von und für Deutschland vom 24. Dezember 1874.
  4. Karin Franzke: Samantha will Ärztin werden. In: Hamburger Abendblatt. 2. Januar 2007, abgerufen am 3. Februar 2013.
  5. R. Bornemann (Hrsg.): Erste weibliche Ärzte. Die Beispiele der „Fräulein Doctores“ Emilie Lehmus (1841–1932) und Franziska Tiburtius (1843–1927) – Biographisches und Autobiographisches. In: E. Brinkschulte: Weibliche Ärzte. Die Durchsetzung eines Berufsbildes in Deutschland. Edition Hentrich, Berlin 1993, S. 24–32.
  6. Antonius Lux (Hrsg.): Große Frauen der Weltgeschichte. Tausend Biographien in Wort und Bild. Sebastian Lux Verlag, München 1963, S. 288.
  7. SK: Vergessene Biographien (31). In: Verein zur Begleitung öffentlicher Diskussion in den Innenstadtbezirken e. V. (Hrsg.): scheinschlag. Mai 2004 (scheinschlag.de [abgerufen am 3. Februar 2013]).
  8. Sebastian Müller: Medizinpionierin: Fürth setzt Emilie Lehmus ein Denkmal. In: Fürther Nachrichten vom 1. September 2019 - online abrufbar
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