En no Gyōja (jap. 役行者, dt. „Asket En“; * 634 in der Provinz Yamato; † etwa 700), auch En no Ozunu/Ozuno/Otsuno (役小角) genannt, ist ein sagenumwobener Asket, Heilkundiger und Magier des japanischen Altertums. Der buddhistisch geprägte Name En no Ubasoku (役優婆塞, „Laienmönch En“) entstand nach seinem Tod. Im Jahre 1799 wurde ihm durch den Tennō Kōkaku der posthume Name Jinben Daibosatsu (神変大菩薩) verliehen. Die japanischen Bergasketen (Yamabushi) verehren ihn als Ahnherren des Shugendō.

Lebenslauf

Die einzigen Quellen, die der Figur des En no Gyōja eine gewisse Historizität verleihen, sind das Shoku Nihongi (Fortsetzung des Nihongi aus dem achten Jahrhundert) und das Nihon Ryōiki (Aufzeichnungen über Wunder in Japan) aus dem neunten Jahrhundert. Alle anderen Texte geben noch spätere Einordnungen und Erzählungen wieder.

Dem Nihon Ryōiki zufolge soll En no Gyōja im Jahr 634 im Dorf Kayahara, Katsuragi no Kami no Kōri (Bezirk Ober-Katsuragi), Provinz Yamato (大和国葛木上郡茅原村; heute Gose, Präfektur Nara) als Sprössling der Familie Kamo no E(n) no Kimi (加茂役公, auch 賀茂役君) geboren worden sein. Seine Familie, die später die Priester des Kamo-Schreins stellte, hatte seit Generationen Kräuterkenner und Heiler hervorgebracht. Auch er setzte diese Tradition fort.

Er soll später in die Katsuragi-Berge gegangen sein und bei seinen Übungen, die ihn bis in die Region um Yoshino und Ōmine führten, zahlreiche heilige Gipfel erklommen haben. Dem Shoku Nihongi zufolge unterwarf er zwei grimmige Dämonen (鬼神, kijin), die für ihn Wasser holten und Feuerholz sammelten. Nachdem ihn einer seiner Schüler namens Karakuni no Muraji Hirotari (韓国連広足) bezichtigte, mit schädlicher Magie das Volk in Unruhe zu versetzen, wurde er 699 in die Provinz Izu verbannt. Die Verbannung und ihr Hintergrund sind im Shoku Nihongi registriert. Möglicherweise geht die Erzählung auf einen Streit um Quecksilbervorkommen in der von ihm genutzten Bergregion zurück.

Zwar gibt es keine historischen Belege hierfür, doch gilt En no Gyōja als Begründer des Shugendō, einer vom Shintoismus, Daoismus sowie vom Shingon- und Tendai-Buddhismus geprägten synkretistischen Religion. Hinsichtlich ihrer asketischen Übungen in den Bergen berufen sich die Shugenja (修験者) oder Yamabushi genannten Anhänger dieser Schule auf seine Praktiken. Historisch bedeutsam ist zugleich der Beitrag des Mönchs Shōbō, genannt Rigen Daishi, nicht nur durch seine Verknüpfung des Shugendō mit Konzepten des esoterischen Shingon-Buddhismus, sondern auch durch seine Gründung von Tempeln und Exerzitienwegen (Ōmine Okugakemichi) in der Region um Yoshino-yama.

Einflussreiche Legenden

Der Überlieferung zufolge stieß En no Gyōja in den Katsuragi-Bergen auf sein eigenes Skelett aus einer früheren Existenz. Der Buddha der Zukunft Maitreya offenbarte ihm das Mantra des Weisheitskönigs Mahāmāyūrī (Kujaku Myōō, 孔雀明王), mit dem er die Ritualwaffe Vajra aus der Hand des Skeletts löst.

Auf dem „Goldgipfel-Berg“ (Kimpusen) offenbarte sich ihm nach langen Meditationen der Avatar Zaō Gongen, in dem sich die drei Gottheiten Miroku, Senshu-Kannon und Shaka Nyorai manifestieren. Zaō Gongen wurde später zu einer der Hauptgottheiten des Shugendō. Der Name des Kimpusen-Tempels (Kimpusen-ji) und dessen Zaō-Halle (Zaō-dō) beziehen sich auf diese Offenbarung.

Mantra

on gyakugyaku en no ubasoku arankya sowaka (唵虐虐役優婆塞覧佉莎訶 オンギャクギャクエンノウバソクアランキャソワカ)

Literatur

  • Hartmut O. Rotermund: Die Yamabushi: Aspekte ihres Glaubens, Lebens und ihrer sozialen Funktion im japanischen Mittelalter. Hamburg: De Gruyter, 1968 (Monographien zur Völkerkunde, V). Reprint 2016.
  • Japanese Journal of Religious Studies, 1989, Vol. 16, No. 2/3 (Shugendo and Mountain Religion in Japan)
  • Thomas Immoos: Das Tanzritual der Yamabushi und Ein Ritual der Wiedergeburt in den Yamabushi-Kagura. In: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, Band L. Tokyo 1968, S. 1–25.
  • Hakim Aceval: Cyber-Yamabushi: En-no-Gyôja im japanischsprachigen Internet (www): Traditionelle religiöse Konzepte im Internet am Beispiel eines altjapanischen Religionsstifters. Vdm Verlag, 2007, ISBN 3-8364-5090-9
  • Mark Schumacher: Shugendo. A-Z Photo Dictionary of Japanese Sculpture and Art; einschließlich ausführlicher Erörterungen der japanischen Religionsgeschichte (englisch)
  • Bernhard Scheid: Die En no Gyōja Legende. Religion-in-Japan

Anmerkungen

  1. Ursprünglich befand sich die Figurengruppe in einem mit Tragegurten versehenen Schränkchen (jap. oi), das die Yamabushi während ihrer Exerzitien in den Bergen herumtrugen.
  2. Gyōja (行者) bedeutet so viel wie „Gehender“, Asket.
  3. Ein weiterer, im Shoku Nihongi genannter Name E(n) no kimi ozunu (役君小角) ist heute außer Gebrauch.
  4. Von Sanskrit upāsaka; ein nicht ordinierter tiefgläubiger Buddhist. Diese Bezeichnung wird auch als Indiz für seine Außenseiterposition in buddhistischen Kreisen gedeutet.
  5. Etwa so viel wie „wundertätiger, großer Bodhisattva
  6. Die Abbildungen zeigen ihn daher gewöhnlich zusammen mit diesen zwei, Zenki (前鬼, wörtl. Vorderer Dämon) und Goki (後鬼, wörtl. Hinterer Dämon) genannten Dämonen.
  7. Shoku Nihongi, maki 1, Monmu Tenno 3. Jahr, 5. Monat, Hinoto ushi (『続日本紀』巻第一文武天皇三年五月丁丑条:「役君小角流于伊豆島。初小角住於葛木山。以咒術稱。外從五位下韓國連廣足師焉。後害其能。讒以妖惑。故配遠處。世相傳云。小角能役使鬼神。汲水採薪。若不用命。即以咒縛之。」). Die Beschreibung entstand etwa ein Jahrhundert nach dem Tode von En no Gyōja.
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