Klassifikation nach ICD-10
Q01 Enzephalozele
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Enzephalozele (Synonyme: Hernia cerebri, Hirnbruch, äußerer Hirnprolaps) bezeichnet eine Hemmungsfehlbildung mit fehlerhafter Gehirnanlage oder medianer Schädellücke (an Nasenwurzel, Stirn, Schädelbasis, Hinterkopf), durch die sich Hirnteile nach außen vorwölben, und zwar ohne Beteiligung der Hirnliquorräume (Kenenzephalozele) oder mit Hirnventrikelanteilen (entspricht auch Enzephalozystozele), häufig einschließlich eines Hirnhautsackes (Enzephalozystomeningozele). Das Wort ist zusammengesetzt aus altgriechisch ἐγκέφαλος enképhalos, deutsch Gehirn und der Endung -zele.

Vorkommen

Die Häufigkeit wird mit 1 bis 3 auf 10000 Geburten angegeben. 80 % sind am Hinterhaupt (okzipital), 20 % parietal oder frontobasal lokalisiert. Erstmals in der Fachliteratur mitgeteilt wurde eine Enzephalozele im 18. Jahrhundert von Johann Friedrich Christian Corvinus.

Im Rahmen von Syndromen

Bei einigen Syndromen kann eine Enzephalozele als wesentliches Merkmal auftreten:

Diagnostik

Die Ausstülpung mitsamt knöchernem Defekt kann sonographisch und durch Magnetresonanztomographie bereits pränatal nachgewiesen werden.

Therapie

Die Therapie besteht seit dem 19. Jahrhundert im Verschluss der Hirnhäute, bei kleiner Enzephalozele durch Abtragung an der Basis und Verschluss durch Faszienplastik, bei großen Zelen Rückverlagerung einschließlich plastischer Schädeldefektdeckung. Die Reposition von sich durch große Lücken vorwölbendem funktionsfähigem Nervengewebe gelingt selten, meist wird das fehlgebildete Gewebe abgetragen.

Dringlich ist die Operation nur bei einer Liquorfistel wegen Infektionsgefahr oder kombinierter Störung der Liquorzirkulation, neurologische Defizite werden operativ nicht gebessert.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1 2 M. Cohnen, F. Dammann: (En-)Zephalozele. In: M. Cohnen, F. Dammann, S. Rohde (Herausgeber): Referenz Radiologie – Kopf/Hals. 1. Auflage, 2019. doi:10.1055/b-006-163218, eref.Thieme
  2. Claudia Spillner: Enzephalozele: eine seltene Fehlbildung mit sehr variabler klinischer Ausprägung. In: Die Hebamme. 28, 2015, S. 124, doi:10.1055/s-0035-1547442.
  3. A. J. Matos Cruz, O. De Jesus: Encephalocele, 2021, StatPearls
  4. Johann Friedrich Christian Corvinus: De hernia cerebri, qua chirurgicae selectae.
  5. Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky: Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 247-
  6. Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  7. M. M. Cohen, R. J. Lemire: Syndromes with cephaloceles. In: Teratology. Band 25, Nummer 2, April 1982, S. 161–172, doi:10.1002/tera.1420250206, PMID 7101196.
  8. Rare Diseases
  9. Fetal Medicine
  10. Letal okzipitale Enzephalozele-Skelettdysplasie-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  11. Von-Voss-Cherstvoy-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  12. M. Kehila, S. Ghades, H. S. Abouda, A. Masmoudi, M. B. Chanoufi: Antenatal Diagnosis of a Rare Neural Tube Defect: Sincipital Encephalocele. In: Case reports in obstetrics and gynecology. Band 2015, 2015, S. 613985, doi:10.1155/2015/613985, PMID 26294989, PMC 4532954 (freier Volltext).
  13. A. G. Ong, D. L. Rolnik, M. Menezes, S. Meagher: Early Diagnosis and Differences in Progression of Fetal Encephalocele. In: Journal of Ultrasound in Medicine. Band 39, Nummer 7, Juli 2020, S. 1435–1440, doi:10.1002/jum.15217, PMID 31944319.
  14. C. Bayer: Zur Technik der Operation der Spina bifida und Encephalocele. In: Prager Medizinische Wochenschrift. Band 17, 1892, S. 317 ff.

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