Ein Corvus (was im lateinischen Rabe, aber auch Mauerhaken bedeutet) war eine römische Enterbrücke, die in der Seekriegsführung im Ersten Punischen Krieg gegen Karthago zum Einsatz kam.

Im ersten Buch seiner römischen Geschichte (Pragmateia) beschreibt Polybios den corvus als eine Brücke, die 1,2 Meter breit und 10,9 Meter lang war, mit einer schmalen Brüstung an beiden Seiten. Die Vorrichtung wurde vermutlich im Bug des Schiffes benutzt, wo ein System von Seilzügen es erlaubte, die Brücke hinauf- und herunterzufahren. Am anderen Ende des Geräts, unter der Brücke, war ein schwerer, wie ein Schnabel geformter Dorn (daher der Name), der sich in der Beplankung an Deck des gegnerischen Schiffes festfressen sollte, wenn der corvus von der römischen Seite herabgelassen wurde. Das System schuf eine feste Verbindung zwischen den Schiffen und gab den Legionären die Möglichkeit, auf die gegnerische Seite hinüber zu gehen.

Im 3. Jahrhundert v. Chr. war Rom keine Seekriegsmacht und hatte wenig Erfahrung in der maritimen Kriegsführung. Tatsächlich hatte die Römische Republik sich vor dem ersten Punischen Krieg nicht an Feldzüge außerhalb der Italienischen Halbinsel gewagt. Ihr Wissen war perfekt ausgerichtet auf Schlachten an Land, ihr größter Vorteil waren die Disziplin und der Mut ihrer Soldaten. Der corvus erlaubte es den Römern nun, diese Überlegenheit auch gegen die effizientere karthagische Flotte zu nutzen. Die Taktik, ihr Potenzial auch auf See einzusetzen, funktionierte. Die Römer gewannen die Schlachten von Mylae, Sulci, Tindaris und Ecnomus, im Wesentlichen aufgrund der corvus-Taktik und der Unfähigkeit der Karthager, darauf zu reagieren.

Neben seinen Vorzügen hatte der corvus auch ernsthafte Nachteile: moderne Nachbauten zeigen, dass sein Gebrauch die Manövrierbarkeit des Schiffes beeinträchtigte, da er ein stärkeres Gewicht an den Bug brachte. Die Römer verloren in den Jahren 255 v. Chr. und 249 v. Chr. aufgrund der durch den corvus erzeugten Instabilität ganze Flotten bei Schlechtwetter. Dies war vermutlich der Grund dafür, dass die Vorrichtung gegen Ende des Krieges beim Bau der Schiffe nicht mehr berücksichtigt wurde. Andererseits war die Seetaktik der Römer jetzt verbessert, die Mannschaften waren erfahrener, und der Vorteil des corvus in den Schlachten dadurch gegenüber den Nachteilen geschwunden. Der corvus wird nach der Schlacht am Kap Ecnomus in den Quellen nicht mehr erwähnt, und offensichtlich wurde die Schlacht bei den Ägatischen Inseln, die den Ersten Punischen Krieg entschied, bereits ohne ihn gewonnen.

Literatur

  • Adrian Goldsworthy: The Fall of Carthage. Cassel, London 2003, ISBN 0-304-36642-0.
  • Grainger, John D.: Hellenistic and Roman Naval Wars 336-31 BC. Pen & Sword Military, Barnsley 2011, ISBN 978-1-84884-161-1.
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