Erck Rickmers (* 29. April 1964 in Bremerhaven) ist ein deutscher Unternehmer und Politiker (SPD). Er war von 2011 bis 2012 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. 2020 gründete er die Denkfabrik The New Institute, die in Hamburg domiziliert ist.
Leben
Ausbildung und Beruf
Rickmers stammt aus der Bremerhavener Unternehmerfamilie Rickmers, deren Gründervater Rickmer Clasen Rickmers in Bremerhaven 1834 die Werft Rickmers gründete. Er besuchte das Internat Stiftung Louisenlund in Schleswig-Holstein. Nach Abitur und Wehrdienst machte er eine Ausbildung zum Schifffahrtskaufmann in der Reederei Ernst Russ.
Später arbeitete Rickmers als Schiffsmakler in London. 1992 gründete er in Hamburg gemeinsam mit seinem Bruder Bertram Rickmers das Emissionshaus Nordcapital. Seit 1996 betreibt er die Unternehmensgruppe allein. 1998 gründete er die Reederei E.R. Schiffahrt, die heute eine der größten Bereederer für Containerschiffe weltweit ist. 2010 legte Rickmers die aktive Geschäftsführung nieder. An der University of Santa Barbara studierte er nach eigenen Angaben drei Jahre Religionswissenschaften.
Die Umsatzerlöse der Erck Rickmers GmbH & Cie. KG betrugen im Geschäftsjahr 2014 etwa 382 Mio. Euro, davon 148 Mio. € aus dem Betrieb eigener Schiffe, 123 Mio. € aus Bereederung und Crewing, 95 Mio. € aus dem Bereich Direktinvestments und rund 13 Mio. € aus der Treuhandverwaltung.
Sein Unternehmen Nordcapital hat gemeinsam mit privaten Investoren in verschiedene Solarparks investiert. Im Oktober 2019 übernahm es die Mehrheit des Photovoltaik-Herstellers greentech.
Im August 2021 führte die Hamburger Polizei bei der Erck Rickmers Holding eine Razzia durch, da ein Tochterunternehmen verdächtigt wurde, Containerschiffe nicht ordnungsgemäß abgewrackt zu haben.
Politik
Rickmers ist Mitglied der SPD seit Mitte Januar 2011. Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg 2011 trat er auf Landeslistenplatz 13 für die SPD an. Vom 7. März 2011 bis zum 31. August 2012 war er Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft.
Rickmers war in seiner Zeit als Abgeordneter Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien und Mitglied im Haushaltsausschuss sowie im Ausschuss für öffentliche Unternehmen. Außerdem gehörte er dem Fraktionsvorstand der SPD-Fraktion an.
Privates
Rickmers hat fünf Töchter. Er lebt und arbeitet in Hamburg.
Stiftung Humanities & Social Change
2016 gründete er die Stiftung Humanities & Social Change, die für einen Zeitraum von fünf Jahren vier Forschungszentren fördern soll, darunter die Humboldt-Universität Berlin, die University of Cambridge, die University of California und die Universitá Ca‘Foscari Venezia. Jedes der Zentren sollte für fünf Jahre zwei Millionen in der Landeswährung erhalten.
Denkfabrik The New Institute
2020 gründete er die Denkfabrik The New Institute in Hamburg als Gemeinnützige GmbH (voller Name: The New Institute Foundation gGmbh). Geschäftsführender Direktor ist Wilhelm Krull, Geschäftsführer war bis Ende 2022 Christoph Gottschalk.
Für die Denkfabrik hat Rickmers neun Stadthäuser in Hamburg erworben, das sogenannte Warburg-Ensemble in der nach dem Bankier Max Warburg benannten Warburgstraße. Im November 2022 eröffnete darin eine Filiale der Buchhandlung Felix Jud.
Wissenschaftliche Direktorin war bis Juli 2021 Maja Göpel. Das Ende ihrer Tätigkeit wurde 2022 laut Zeit damit begründet, dass ihr Bestseller Unsere Welt neu denken (2020) ohne Erwähnung des Ghostwriters Marcus Jauer erschienen war. „Editor-in-Chief“ bzw. Direktor für Strategie und Medien ist Georg Diez. Senior Advisors sind unter anderem Christoph Möllers, Geoff Mulgan und Michael Phillips Moskowitz. Neben den Universitäten Cambridge, Santa Barbara und Venedig ist auch der Berliner Lehrstuhl von Rahel Jaeggi begünstigt, die die Mittel im Schwerpunkt für die Untersuchung des Themenkomplexes „Krise von Kapitalismus und Demokratie“ einsetzt.
Das Projekt „The New Hanse“ im Bereich Datendemokratie und Nachhaltigkeit wird seit 2022 von Francesca Bria geleitet. Direktor des Programms „The Foundations of Value and Values“ ist Markus Gabriel.
Seit Herbst 2021 gibt es Fellows, darunter Corine Pelluchon, Lea Ypi. und Rahel Süß. Bis Ende 2022 war Christian Stöcker „Media Fellow“. Georg Altrogge kritisierte in der Welt, dass Stöcker in verschiedenen Spiegel-Kolumnen die Vorzüge der Photovoltaik herausgestellt und dabei weder seine Position noch die Investitionen von Rickmers in die Technik transparent gemacht habe.
Die Denkfabrik bietet als Institute of Advanced Studies ein Fellowship-Programm an. Seit 2022 verleiht das Institut zusammen mit dem Zeitverlag den mit 20.000 Euro dotierten Helmut-Schmidt-Zukunftspreis. Die Denkfabrik kooperiert in Artikelserien mit deutschen Zeitungen, etwa der Augsburger Allgemeinen und dem Tagesspiegel. 2022 erschien der Sammelband Auf dem Weg zu einer neuen Aufklärung.
Literatur
- Erik Lindner: 175 Jahre Rickmers. Hoffmann und Campe, 2009, ISBN 978-3-455-50111-7, S. 241–280.
Weblinks
- Erck Rickmers auf abgeordnetenwatch.de
- Erck Rickmers. wahl.de
Einzelnachweise
- ↑ „Wir hatten nicht mehr viel außer unserem Namen“. In: Handelsblatt, 7. Juli 2010; Interview mit Erck Rickmers
- ↑ Konzernabschluss zum Geschäftsjahr vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014. In: Bundesanzeiger
- ↑ Unternehmer Erck Rickmers übernimmt Mehrheit des Hamburger Photovoltaik-Dienstleisters Greentech. 9. Oktober 2019, abgerufen am 29. Januar 2023 (deutsch).
- ↑ Illegales Schiff-Abwracken: Staatsanwaltschaft ermittelt. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 1. September 2021]).
- ↑ Alexandra Hilpert: das portrait: Erck Rickmers flüchtet nach vorn. In: Die Tageszeitung: taz. 27. August 2021, ISSN 0931-9085, S. 26 ePaper 22 Nord (taz.de [abgerufen am 1. September 2021]).
- ↑ Mäzen für die Humboldt-Universität: Hamburger Unternehmer stiftet Center für sozialen Wandel. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 29. Januar 2023]).
- ↑ History THE NEW INSTITUTE - THE NEW INSTITUTE. Abgerufen am 23. Mai 2023 (englisch).
- ↑ Hamburgs neue Denkfabrik – das sind die Köpfe und Ziele dahinter. Abgerufen am 31. August 2022.
- ↑ Motor für den Systemwandel. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 8. Dezember 2020.
- ↑ Felix Jud eröffnet Filiale. Abgerufen am 25. Mai 2023.
- ↑ Maja Göpel verlässt das Hamburger THE NEW INSTITUTE. 21. Juli 2021, archiviert vom am 25. August 2021; abgerufen am 13. August 2022. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Stefan Willeke: Ghostwriting: Der gute Geist, der mitschrieb. In: Die Zeit. 10. August 2022, abgerufen am 12. August 2022.
- ↑ Christoph Gottschalk macht bei The New Institute mit. Abgerufen am 31. August 2022.
- ↑ Eine Partnerschaft für die digitale Zukunft. Abgerufen am 13. August 2022.
- ↑ Perspektiven in der Krise: „Wir brauchen Drehbücher der Hoffnung“. 26. Januar 2022, abgerufen am 13. August 2022.
- ↑ Berliner Zeitung: „Wir müssen Kritik postkolonialer und feministischer Denkerinnen ernst nehmen“. Abgerufen am 13. August 2022.
- 1 2 Perspektiven in der Krise: „Der Klimawandel ist gut für die Mobilisierung“. 27. Januar 2022, abgerufen am 13. August 2022.
- ↑ Jochen Zenthöfer: In Österreich häufen sich die Plagiatsfälle. In: FAZ.NET. 13. Juni 2023, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 16. Juni 2023]).
- ↑ Klimaretter beim „Spiegel“: Der schmale Grat zum Aktivismus - WELT. Abgerufen am 29. Januar 2023.
- ↑ Wissenschaftsrat: Entwicklungsperspektiven von Institutes for Advanced Studies (IAS) in Deutschland, Köln, 23. April 2021, PDF
- ↑ Exklusiv: Warum der Zeit Verlag gerade jetzt einen Helmut-Schmidt-Zukunftspreis ins Leben ruft. Abgerufen am 18. Mai 2022 (deutsch).
- ↑ Augsburger Allgemeine: Galeristin Esther Schipper: "Viele haben begonnen, mit den Händen zu arbeiten". Abgerufen am 13. August 2022.
- ↑ Markus Gabriel, Christoph Horn, Anna Katsman, Wilhelm Krull, Anna Luisa Lippold, Corine Pelluchon, Ingo Venzke: Auf dem Weg zu einer Neuen Aufklärung: Ein Plädoyer für zukunftsorientierte Geisteswissenschaften. transcript Verlag, 2023, ISBN 978-3-7328-6635-9 (google.de [abgerufen am 4. April 2023]).
- ↑ Markus Steinmayr: Exodus. The New Institute in Hamburg. In: Merkur. 31. März 2023, abgerufen am 4. April 2023 (deutsch).