Ernst Epstein (* 4. Jänner 1881 in Wien; † 21. Mai 1938 ebenda) war ein österreichischer Architekt.

Leben

Ernst Epstein war jüdischer Herkunft und Sohn des Besitzers einer „Gas- und Wasserleitungsanstalt“ Max Epstein und dessen Gattin Johanna Kantor. Er schloss die Staatsgewerbeschule 1900 mit der Matura ab, studierte dann aber nicht, sondern machte 1906, nach einigen Praxisjahren, die Baumeisterprüfung. Ab diesem Zeitpunkt war er selbständig und führte sein eigenes Baumeisterbüro mit großem Erfolg. An die 100 Gebäude wurden in Wien von ihm errichtet. 1903 trat Epstein aus der Israelitischen Religionsgemeinschaft aus. Während des Ersten Weltkrieges diente er in der Militärbauabteilung, zunächst ein Jahr in Lemberg, danach in Wien. 1924 heiratete Epstein Melanie Hügel, geb. König. Seine Frau starb am 21. Februar 1936. Die Ehe blieb kinderlos. Der sehr vermögende Witwer beging 1938, kurz nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich Selbstmord mit Veronal. Er hinterließ ein Vermögen von rund 800.000 Reichsmark, was ungefähr 3 Millionen Euro entspricht, und gemäß seinem Testament vom 25. Dezember 1937 an lebende Verwandte, aber auch israelitischen Organisationen, vererbte. Auf Anordnung der nationalsozialistischen Verwaltung wurde Epstein auf dem Wiener Zentralfriedhof, Israelitische Abteilung, beerdigt.

Bedeutung

Ernst Epstein war als Architekt in allen gängigen Baustilen zu Hause, die er mit großer Anpassungsfähigkeit den Kundenwünschen entsprechend einsetzte. Zu Beginn seiner Laufbahn errichtete er vorwiegend Wohn- und Geschäftshäuser in secessionistischem Stil, die wechselweise durch ältere Bauformen ergänzt wurden. Unter dem Einfluss von Adolf Loos versachlichten sich seine Bauten. In den 1920er Jahren erbaute Epstein zahlreiche Villen, die dem Repräsentationsbedürfnis ihrer Besitzer entgegenkamen. Am Wohnbauprogramm der Gemeinde Wien war Epstein nicht beteiligt, doch ist der Einfluss des „Wiener Gemeindebau-Stils“ ab dem Jahr 1928 nicht zu verkennen, als er vom Villenbau wieder zum Wohnhausbau zurückkehrte.

Epsteins Bauten, die sich durch solides bautechnisches Können auszeichnen und den funktionalen Erfordernissen entsprechen, sind harmonisch ausgewogen, haben repräsentativen Charakter und passen sich stets in die sie umgebende Architektur ein. Am bekanntesten wurde seine Beteiligung am Looshaus als Bauleiter sowie die Errichtung des Verwaltungsgebäudes der Phönix-Versicherung auf dem Otto-Wagner-Platz 5 in Wien-Alsergrund.

Nach Meinung Achleitners wäre er „schon lange“ (1990) eine fixe Größe in der Wiener Architekturgeschichte gewesen, hätte er ein Haus an einem prominenten Ort bauen können.

Werke

Foto Baujahr Name Standort Beschreibung
BW 1906 Miethaus Römerhof Wien 16, Sautergasse 43 / Stöberplatz 9 (ehemals Römergasse 75)
Standort
1906 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 14, Hütteldorfer Straße 206 (ehemals Wien 13, Nr. 156)
Standort
1906 Miethäuser Severin Tesar
Wien 14, Hütteldorfer Straße 208–212 (ehemals Wien 13, Nr. 158–168)
Standort
1906–1908 Miethaus Severin Tesar
Wien 19, Sieveringer Straße 107
Standort
BW 1908 Fabrik Severin Tesar Wien 2, Alliiertenstraße 16
Standort
1908–1909 Wohn- und Bürohaus
Wien 7, Seidengasse 30
Standort
Wohn- und Bürohaus M. Krüger's Söhne
1908 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 7, Seidengasse 33–35 (Fabriksanbau im Hof)
Standort
1909 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 4, Wiedner Gürtel 26
Standort
BW 1909 Wohnhaus Wien 4, Schelleingasse 5
Standort
1909 Miethaus „Blaashof“
Wien 19, Hardtgasse 27–29
Standort
Wohnhaus von Leopold Goldman, dessen Wohnung von Adolf Loos eingerichtet wurde.
1909 Miethaus Wien 8, Albertgasse 24
Standort
1909 Miethaus Wien 8, Albertgasse 26
Standort
1909 Wohn- und Geschäftshaus Franz Orator Wien 7, Schottenfeldgasse 46
Standort
1909–1910 Papierwarenfabrik Alexander Königstein
Wien 7, Zieglergasse 63
Standort
Papierwarenfabrik Alexander Königstein
1909–1911 Looshaus, Haus Goldman & Salatsch

BDA: 33144
Objekt-ID: 30462
Wien 1, Michaelerplatz 3
Standort
Das Haus wurde von Adolf Loos geplant. Ernst Epstein war der Bauleiter.
1910 Wohn- und Fabrikshaus
Wien 7, Kandlgasse 23 (im Hof Fabriksanbau Schuhfabrik Steiner)
Standort
1910 Miethaus
Wien 8, Lerchenfelder Straße 54–56
Standort
1910 Miethaus Wien 9, Nordbergstraße 10
Standort
1910 Miethaus Wien 19, Hardtgasse 25
Standort
1910–1911 Miethäuser
Wien 5, Laurenzgasse 6
Standort
1910–1911 Miethäuser
Wien 5, Laurenzgasse 12
Standort
1910–1911 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 8, Alser Straße 23 / Lange Gasse 69
Standort
1910–1911 Wohnhaus Paulanerhof Wien 4, Schleifmühlgasse 3 / Paulanergasse 12
Standort
1910–1911 Wohnhaus
Wien 4, Schleifmühlgasse 5 / Paulanergasse 14
Standort
1911 Miethaus
Wien 4, Argentinierstraße 26
Standort
1911 Miethausblock
Wien 5, Siebenbrunnenfeldgasse 12–18 / Storkgasse 11–15
Standort
1911 Miethaus Wien 7, Neustiftgasse 104
Standort
1911 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 8, Josefstädter Straße 21
Standort
Wohn- und Geschäftshaus von Ernst Epstein und Siegfried Hönich
1911 Miethaus
Wien 18, Messerschmidtgasse 48 / Gersthofer Straße 105
Standort
1912 Wohn- und Bürohaus Wien 7, Seidengasse 14
Standort
1912 Wohn- und Bürohaus Wien 7, Kirchberggasse 33–35
Standort
1912 Miethaus
Wien 7, Neubaugasse 61
Standort
1912 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 6, Mariahilfer Straße 57–59 / Barnabitengasse 11–15
Standort
1912 Wohn- und Bürohaus
Wien 18, Thimiggasse 19
Standort
1912 Miethaus
Wien 19, Pyrkergasse 7 / Vormosergasse 1, 3 und 5
Standort
1912 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 7, Hermanngasse 8
Standort
1912 Kapsch AG Wien 12, Johann-Hoffmann-Platz 9
Standort
1913 Bürohaus und Industriegebäude „Josef Weidinger’s Söhne“
Wien 6, Apollogasse 6
Standort
1913 Grabtempel Familie Kornfeld Wien 11, Zentralfriedhof Tor 1 51/18/58–60
Standort
1912–1913 Wohn-, Geschäfts- und Bürohaus „Bothe & Ehrmann – J.W. Müller A.G.“

BDA: 10428
Objekt-ID: 6486
Wien 5, Schloßgasse 14
Standort
Das Geschäftsgebäude Bothe und Ehrmann wurde 1912/1913 von Ernst Epstein erbaut. Die Geschäftszone ist durch ist durch Ständergliederung und seitlich eingesetzte Säulen akzentuiert, die Wohnzone darüber ist allerdings durch die Eintiefung der Seitenachsen mit der Geschäftszone verklammert. Die Fassade weist neoklassizistischen Reliefdekor auf. Die Tore sind original erhalten, Einfahrten, Liftgitter und die Vestibülverkleidung wurden 1983 rekonstruiert. In den Medien hat dieses Gebäude den Spitznamen Epstein-Haus.
BW 1914 Miethaus

BDA: 11638
Objekt-ID: 7745
Wien 3, Reisnerstraße 40
Standort

Anmerkung: bis 1988 Britische Botschaft

1914 Miethaus
Wien 3, Hohlweggasse 30
Standort
1919 Wohn- und Geschäftshaus Wien 16, Odoakergasse 25
Standort
1921 Villa Wien 19, Peter-Jordan-Straße 48
Standort
1921–1922 Villa Elfer
Wien 19, Blaasstraße 31
Standort
1922 Villa Wien 19, Blaasstraße 33 / Hans-Richter-Straße
Standort

Anmerkung: heute Libysche Botschaft

1922 Miethaus
Wien 12, Längenfeldgasse 29
Standort

Anmerkung: Wohnhaus zu Flurschützstraße 25–35

1922–1923 Strickwarenfabrik P.M. Glaser
Wien, 12, Flurschützstraße 25–35
Standort
1922–1923 Villa Siegfried Kantor
Wien 18, Geyergasse 8
Standort
1923 Villa Wien 19, Scheibengasse 13
Standort
1923–1924 Villa
Wien 19, Weimarer Straße 108
Standort

Anmerkung: heute Japanische Botschaftsresidenz

1924 Villa
Wien 19, Scheibengasse 11
Standort
1924 Miethaus
Wien 3, Neulinggasse 37 / Gottfried-Keller-Gasse 11
Standort

Anmerkung: Sitz der zypriotischen Botschaft

1924–1925 Textilfirma Bernhard Altmann
Wien 5, Siebenbrunnengasse 21
Standort

Anmerkung: Erweiterung durch Epstein, in mehreren Phasen erbaut, ursprünglich 1914 von Julius Deininger

1927 Villa Wien 19, Peter-Jordan-Straße 35
Standort
1928–1929 Büro- und Geschäftshaus „Allgem. Versicherungs-Gesellsch. Phönix“
Wien 9, Frankhplatz 3 / Otto-Wagner-Platz 5
Standort

Anmerkung: zwischenzeitlich Sitz der Finanzmarktaufsichtsbehörde, heute Gebäude der ÖMV

1929 Miethaus
Wien 3, Gottfried-Keller-Gasse 13
Standort
1929 Miethaus Wien 3, Jacquingasse 55
Standort
1929 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 6, Aegidigasse 5
Standort
1929 Miethaus
Wien 13, Braunschweiggasse 26
Standort
BW 1929 Miethaus Wien 13, Auhofstraße 14
Standort
1929 Miethaus
Wien 13, Lainzer Straße 80, 82, 84; Stadlergasse 1, 3, 5
Standort
1929 Villa Wien 19, Cottagegasse 63
Standort
1930 Miethaus
Wien 13, Kupelwiesergasse 17, 19
Standort
1930 Miethaus
Wien 13, Fichtnergasse 14
Standort

Anmerkung: Sterbehaus von Epstein

BW 1930 Wohnhäuser
Wien 3, Rechte Bahngasse 24–28
Standort
1930 Wohnhäuser Wien 19, Bauernfeldgasse 2
Standort
1931 Wohn- und Geschäftshaus
Wien 23, Speisinger Straße 119
Standort
1933 Miethaus
Wien 3, Traungasse 7
Standort
1935 Miethaus
Wien 12, Meidlinger Hauptstraße 16–18
Standort

Literatur

  • S. Alber: Architekt Ernst Epstein. Diplomarbeit. Universität Wien, 2000
  • Ernst Epstein 1881–1938. Der Bauleiter des Looshauses als Architekt. Ausstellungskatalog. ISBN 3-85493-065-8
Commons: Ernst Epstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur des 20. Jahrhunderts, Band III/1, Residenz Verlag, Wien und Salzburg 1990, S. 173
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