Ernst Julius Adolf Erdmann Friedrich Graf von Seidlitz-Sandreczki (* 29. Dezember 1863 in Habendorf, Landkreis Reichenbach, Provinz Schlesien; † 3. August 1930 auf Schloss Olbersdorf) war ein deutscher Majoratsherr und Parlamentarier.
Leben
Ernst Julius war der Sohn des Friedrich von Seidlitz-Habendorf (1835–1894), Fideikommissherrn auf Ober- und Nieder-Habendorf und Peilau (Seidlitzhof) und weiteren Gütern, Major a. D., aus dessen erster Ehe mit Agnes von Sandreczki von Sandraczütz (1835–1879). Der Vater liierte sich in zweiter Ehe mit Helene Gräfin Pückler, Freiin von Gröditz. So kam Langenbielau an die Familie von Seidlitz und somit an Ernst Julius. Die Habendorfer Güter erbte der Bruder Dr. jur. Adolf von Seidlitz.
Ernst Julius von Seidlitz studierte an den Universitäten Heidelberg und Göttingen Rechtswissenschaften. 1883 wurde er Mitglied des Corps Saxo-Borussia Heidelberg. In Göttingen war er Mitkneipender Corpsstudent beim Corps Saxonia, das ihm 1887 die Corpsschleife verlieh. 1887 legte er das Referendarexamen ab. Zunächst Referendar wurde er 1889 Herr des 7600 ha großen Majorats Langenbielau, das er 1886 von seinem Onkel Hans von Sandreczky geerbt hatte. 1891 wurde er zum Grafen von Seidlitz-Sandreczky erhoben und 1894 zum erblichen Mitglied des Preußischen Herrenhauses ernannt.
Nach der Abschaffung des Landesherrlichen Summepiskopats im Jahr 1918 galt Seidlitz-Sandreczky als eines der einflussreichsten Mitglieder des Kirchensenats der preußischen Unionskirche. Er gehörte zu den bekenntnisbewussten Lutheranern in seiner Kirche, die sich in der Evangelisch-Lutherischen Vereinigung in Preußen organisierten und sich regelmäßig auf der sich auf der sog. Augustkonferenz versammelten.
Von Seidlitz-Sandreczky war Erblandmarschall im Herzogtum Schlesien sowie Landesältester und Kreisdeputierter. Dem Dragoner-Regiment Nr. 12 gehörte er als Rittmeister der Reserve an. Er war Kommendator der schlesischen Genossenschaft des Johanniterordens sowie Ehrendoktor der Theologie (Dr. theol. h. c.) der Universität Greifswald. Langenbielau war bis zuletzt eine große Majoratsherrschaft.
Familie
Ernst Julius von Seidlitz-Sandreczki heiratete 1889 in Frankfurt a. O. die Gutsbesitzerstochter Barbara von Heyden-Plötz (1869–1946). Die Tochter Agnes lebte nach dem Genealogischen Handbuch des Adels nach 1945 in der Schweiz. Der älteste Sohn des Ehepaares Friedrich Wilhelm von Seidlitz (1891–1919) war zunächst auf dem Katholischen Gymnasium in Frankenstein. Dann ging mit seinen jüngeren Brüdern auf die Ritterakademie Brandenburg. Danach studierte er verschiedene Semester jeweils Kunst und Jura, lebte als Kunstmaler auf Schloss Olbersdorf. Bei den Wirren um die Münchener Räterepublik wurde Friedrich Wilhelm von Seidlitz, formell eigentlich dienstuntauglich und doch Leutnant d. R., als Geisel erschossen. Der zweite Sohn Adolf Graf von Seidlitz-Sandreczki (1896–1945) wurde so Erbe. Er lernte am genannten Brandenburger Alumnat mit vielen nachfolgend namentlich bekanntgewordenen ostelbischen Gutsbesitzern, die auch später Regimentskameraden wurden. Adolf von Seidlitz-Sandreczki war wie der Vater später ebenfalls kirchlich engagiert und im Kirchenkampf Mitglied der Bekennenden Kirche. Der dritte Sohn von Ernst Julius und Barbara Dr. jur. Ernst von Seidlitz (1898–1945) wurde Reserveoffizier, starb zum Kriegsende. Der vierte Sohn Dr. jur. Hans von Seidlitz lebte nach dem Krieg mit seiner Frau Gerda Schild auch in der Schweiz. Außer dem Nachfolger Adolf trugen alle Kinder wegen der Bestimmungen der Primogenitur nicht den Grafentitel und führten den Namenszug von Seidlitz oder von Seidlitz und Ludwigsdorf.
Literatur
- Hans Friedrich von Ehrenkrook, Jürgen von Flotow, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Gräflichen Häuser, A (Uradel), Band II, Band 10 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Glücksburg/Ostsee 1955, S. 416–417. ISSN 0435-2408
- 1. † Graf von Seidlitz-Sandreczki, Ernst Julius Adolf Erdmann Friedrich. In: Hasso von Etzdorf, Wolfgang von der Groeben, Erik von Knorre: Verzeichnis der Mitglieder des Corps Saxonia zu Göttingen sowie der Landsmannschaft Saxonia (1840–1844) nach dem Stande vom 13. Februar 1972, S. 198.
- Festschrift zum 150jährigem Jubiläum der Schlesischen Genossenschaft des Johanniterordens. Hrsg. Schlesische Genossenschaft des Johanniterordens, Christian-Erdmann Schott, Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Würzburg 2003, S. 69.
Weblinks
- Schloss Langenbielau um 1859/60 nach der Sammlung Alexander Duncker
Einzelnachweise
- ↑ Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1901. In: "Der Gotha". 2. Auflage. Seidlitz (Seydlitz), Habendorf. Justus Perthes, Gotha November 1900, S. 796–797 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 30. September 2022]).
- ↑ Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser 1922. In: "Der Gotha". 95. Auflage. Seidlitz-Sandreczki, Recht der Erstgeburt. Justus Perthes, Gotha November 1921, S. 900–901 (google.de [abgerufen am 30. September 2022]).
- ↑ Kösener Korpslisten 1910, 120, 855
- ↑ Kösener Korpslisten 1910, 85, 399
- ↑ Ernst Hornig: Die Bekennende Kirche in Schlesien 1933-1945. Geschichte und Dokumente. In: Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes / Ergänzungsreihe. Band 10. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1977, ISBN 978-3-525-55554-5, S. 3.
- ↑ Heinz Boberach, Carsten Nicolaisen, Ruth Pabst (Hrsg.): Handbuch der Deutschen evangelischen Kirchen 1918 bis 1949. Organe - Ämter - Verbände - Personen. Band 1: Überregionale Einrichtungen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-55784-6, S. 281.
- ↑ Schlesisches Güter-Adreßbuch. Verzeichnis sämtlicher Rittergüter sowie der größeren Landgüter der Provinzen Nieder- und Oberschlesien. 1937. In: Schlesische Güter-Adressbücher. 15. Reprint Klaus D. Becker Potsdam Auflage. Niederschlesien. Regierungsbezirk Liegnitz, Kreis Reichenbach. Majoratsherrschaft Langenbielau. Rittergüter Nr. 1532–1538. Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1937, ISBN 978-3-88372-245-0, S. 236 (google.de [abgerufen am 30. September 2022]).
- ↑ Neunundzwanzigster Jahresbericht des Katholischen Gymnasiums der Stadt Frankenstein in Schles. über das Schuljahr 1907–1908 erstattet von Direktor Dr. Seidel. Progr. Nr. 246. 1908. Auflage. III. Chronik der Anstalt. 1. Die Schüler, Nr. 268. Druck von H. Lonsky, Frankenstein 1908, S. 23 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 30. September 2022]).
- ↑ Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. 1705 – 1913. In: Verein der ehemaligen Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. (Hrsg.): Alumnatsverzeichnis. Band I, Zögling 1768. von Seidlitz, Friedrich Wilhelm (wie 1819, 1851). Selbstverlag. Druck P. Riemann, Belzig, Ludwigslust 1913, S. 397 (staatsbibliothek-berlin.de [abgerufen am 1. Oktober 2022]).
- ↑ Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Fortsetzung und Ergänzungen 1913-1929. Hrsg.: Verein der ehem. Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Selbstverlag, Belzig, Ludwigslust 1929, S. 80 (kit.edu [abgerufen am 1. Oktober 2022]).
- ↑ Siegfried von Boehn, Wolfgang von Loebell: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Teil. Fortsetzung und Ergänzung 2., 1914 - 1945. Mit einer Gedenktafel der Opfer des 2. Weltkrieges. Hrsg.: Karl von Oppen, Otto Graf Lambsdorff, Gerhard Hannemann. Zöglingsnummer: Graf von Seidlitz-Sandreczki, Adolf Hermann Ferdinand Gottlob: 1814. Gerhard Heinrigs, Köln 1971, DNB 720252679, S. 50–51.
Anmerkungen
- ↑ Der Kunsthistoriker Udo von Alvensleben-Wittenmoor mit seinen Brüdern Busso von Alvensleben sowie Ludolf Jakob von Alvensleben, Heinrich Detloff von Kalben, der Diplomat Wolfgang Gans zu Putlitz, Mark von Wietersheim, der Domherr Hans von Rochow-Stülpe, u. a.