Die Gattung Euobrimus ist eine auf den Philippinen beheimatete Gespenstschrecken-Gattung, welche der Gattung Brasidas sehr ähnlich oder zu dieser synonym ist.

Merkmale

Die Vertreter dieser Gattung entsprechen im Habitus typischen Obrimini und ähneln im Erscheinungsbild Obrimus-Arten. Charakteristisch für diese Gattung ist ein Paar sehr auffälliger Löcher bzw. Gruben im Metasternum. Ähnliche Metasternalgruben sind sonst nur bei den Vertretern der Gattung Brasidas zu finden. Die Männchen der bisher bekannten Arten bleiben mit ca. 45 bis 70 mm Länge deutlich kleiner als die, je nach Art 72 bis 120 mm langen Weibchen. Bei Eier legenden adulten Weibchen ist das Abdomen in der Mitte deutlich in Höhe und Breite verdickt. Der sekundäre Ovipositor bildet am Abdomenende einen Legestachel zur Eiablage. Er wird ventral aus dem achten Sternit gebildet, hier Subgenitalplatte oder Operculum genannt und dorsal aus dem elften Tergum, welches hier als Supraanalplatte oder Epiproct bezeichneten wird.

Lebensweise und Fortpflanzung

Die Eier werden von den Weibchen mit dem Legestachel in den Boden abgelegt. Typisch für die meist 4 bis 6 mm langen und 2 bis 3 mm breiten Eier ist der bauchig vorgewölbte dorsale Bereich und der schräg zur ventralen Seite hin abfallend Deckel (Operculum). Durch diesen Bau haben Euobrimus-Eier, wie auch Brasidas-Eier, einen deutlich erkennbaren Opercularwinkel (Siehe auch Bau des Phasmideneies).

Vorkommen

Das Verbreitungsgebiet der Gattung ist von den meisten Arten nur durch die oft allgemeine Angabe der bei der Erstbeschreibung genannten Typuslokalität bekannt. So werden auf Mindanao Vertreter aus der Region um den Mount Apo und aus den Provinzen Surigao del Norte und Surigao del Sur sowie von der vorgelagerten Insel Siargao genannt. Auf Luzon ist die Gattung in der südöstlichen Provinz Sorsogon, genauer am Mount Pulog (nicht zu verwechseln mit dem im Norden Luzons gelegenen Mount Pulag), sowie auf der vorgelagerten Insel Rapu Rapu vertreten. Außerdem gibt es zwei gültige Arten, deren Fundort mit Samar angegeben wird.

Systematik

Im Jahr 1939 veröffentlichten James Abram Garfield Rehn und sein Sohn John William Holman Rehn eine umfangreiche Arbeit, in der sie neben anderen auch die Gattung Euobrimus beschrieben. In diese stellten sie zwei bereits bekannte Arten, die bis dahin in der Gattung Obrimus geführt wurden. Außerdem beschrieben sie fünf neue Euobrimus-Arten, teilweise an juvenilem Typusmaterial. Als Typusart wurde die anhand eines juvenilen Männchens neubeschriebene Euobrimus atherura festgelegt.
Die bisher beschrieben Arten sind:

• Euobrimus atherura Rehn & Rehn, 1939
• Euobrimus bakeri Rehn & Rehn, 1939
• Euobrimus cavernosus (Stål, 1877)
• Euobrimus cleggi Rehn & Rehn, 1939
• Euobrimus dohrni Rehn & Rehn, 1939
• Euobrimus hoplites Rehn & Rehn, 1939
• Euobrimus lacerta (Redtenbacher, 1906)
• Euobrimus stephenreyesi Lit & Eusebio, 2006

Die ebenfalls 1939 von Rehn und Rehn beschriebene Gattung Brasidas ist Euobrimus sehr ähnlich. Ein gemeinsames autapomorphes Merkmal sind die Metasternallöcher bzw. -gruben. Während diese bei den Vertretern der Gattung Brasidas als halbumrandet („semicingulate“) beschrieben werden, sollen sie bei Euobrimus eher komplett gerändert sein. Diese Differenzierung trifft auf die aktuelle Gattungszuordnung der derzeit gehaltenen Arten nicht zu. Bereits 2004 erwähnt Oliver Zompro die Notwendigkeit Untersuchungen auf Artebene durchzuführen, um den Status der Gattung Euobrimus zu bestätigen oder die Gattung mit Brasidas zu synonymisieren. Auch Frank H. Hennemann et al. weisen 2016 darauf hin, dass beiden Gattungen wahrscheinlich synonym zueinander sind. Diese Annahme wurde durch die von Sarah Bank et al. 2021 veröffentlichte, auf Genanalysen basierende Untersuchung zur Klärung der Phylogenie der Heteropterygidae unterstützt. Dabei wurden die untersuchten Euobrimus und Brasidas Arten zwar in einer gemeinsamen Klade vorgefunden, jedoch gibt es keine separaten Kladen, die die Existenz von zwei Gattungen rechtfertigen würden. Die Gattung Obrimus wird als Schwestergattung zu der gemeinsamen Klade von Euobrimus und Brasidas gestellt. Außerdem wäre laut dieser Arbeit, die von Rehn und Rehn beschriebene Euobrimus dohrni ein Synonym zu Brasidas foveolatus.

Terraristik

Die Gattung ist nach aktueller Ansicht nur durch einen Vertreter in den Terrarien der Liebhaber präsent. Diese Art wurde im Oktober 2011 durch den auf den Philippinen lebenden Franzosen Thierry Heitzmann auf der Insel Rapu-Rapu gesammelt und zunächst nach ihrem Fundort als Brasidas sp. 'Rapu-Rapu' bezeichnet. Laut jüngeren Untersuchungen von Sarah Bank et al. handelt es sich bei diesem Zuchtstamm um Euobrimus cavernosus. Gleiches gilt für einen Zuchtstamm, der schon vor dem Sommer 2011 ebenfalls von Heitzmann auf Luzon in der Provinz Sorsogon am Mount Pulog gesammelt wurde. Die Tiere wurden zunächst durch Joachim Bresseel als Euobrimus lacerta bestimmt. Laut der Untersuchung von Bank et al., an der auch Bresseel beteiligt war, handelt es sich bei diesem Stamm ebenfalls um Euobrimus cavernosus.

Während der erstgenannte Stamm von der Phasmid Study Group die PSG-Nummer 362 erhielt und dort noch als Brasidas sp. 'Rapu-Rapu' geführt wird, bekam der andere Stamm die PSG-Nummer 377 und wird dort weiterhin als Euobrimus lacerta bezeichnet.

Einzelnachweise

1. 1 2 Paul D. Brock, Thies H. Büscher & Edward W. Baker: Phasmida Species File Online. Version 5.0. (abgerufen am 31. Dezember 2022)
2. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 James Abram Garfield Rehn & John W. H. Rehn: Proceedings of The Academy of Natural Sciences (Vol. 90, 1938), Philadelphia 1939, S. 446 & 449–450
3. 1 2 Rob Krijns: Speciesreport 55: Euobrimus lacerta (Redtenbacher 1906). Phasma Werkgroep. Nr. 87, December 2012, Jaargang 22, S. 15, ISSN 1381-3420
4. ↑ Joseph Redtenbacher: Die Insektenfamilie der Phasmiden. Vol. 1. Phasmidae Areolatae, Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1906, S. 39–40 & Taf. I, Fig. 6
5. ↑ Ingo Fritzsche: Stabschrecken - Carausius, Sipyloidea & Co. Natur und Tier Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-937285-84-9
6. ↑ Christoph Seiler, Sven Bradler, Rainer Koch: Phasmiden – Pflege und Zucht von Gespenstschrecken, Stabschrecken und Wandelnden Blättern im Terrarium. bede, Ruhmannsfelden 2000, ISBN 3-933646-89-8
7. ↑ Ireno L. Lit jr. & Orlando L. Eusebio: A new stick insect of the Philippine endemic genus Euobrimus Rehn & Rehn 1939 (Phasmatodes: Heteropterygidae: Obriminae), Asia Life Sciences, The Asian International Journal of Life Sciences, 2006, S. 99–105
8. 1 2 3 4 5 Sarah Bank, Thomas R. Buckley, Thies H. Büscher, Joachim Bresseel, Jérôme Constant, Mayk de Haan, Daniel Dittmar, Holger Dräger, Rafhia S. Kahar, Albert Kang, Bruno Kneubühler, Shelley Langton-Myers & Sven Bradler: Reconstructing the nonadaptive radiation of an ancient lineage of ground-dwelling stick insects (Phasmatodea: Heteropterygidae), Systematic Entomology (2021), DOI:10.1111/syen.12472
9. ↑ Holger Dräger: Gespenstschrecken der Familie Heteropterygidae Kirby, 1896 (Phasmatodea) – ein Überblick über bisher gehaltene Arten, Teil 4: Die Unterfamilie Obriminae Brunner von Wattenwyl, 1893, Tribus Obrimini Brunner von Wattenwyl, 1893, Arthropoda Popularis, 3(1) 2013, S. 1–12, ISSN 1866-5896
10. ↑ Oliver Zompro: Revision of the genera of the Areolatae, including the status of Timema and Agathemera (Insecta, Phasmatodea), Goecke & Evers, Keltern-Weiler 2004, S. 216, ISBN 978-3-931374-39-6
11. ↑ Frank H. Hennemann, Oskar V. Conle, Paul D. Brock & Francis Seow-Choen: Zootaxa 4159 (1): Revision of the Oriental subfamiliy Heteropteryginae Kirby, 1896, with a re-arrangement of the family Heteropterygidae and the descriptions of five new species of Haaniella Kirby, 1904. (Phasmatodea: Areolatae: Heteropterygidae), Magnolia Press, Auckland, New Zealand 2016, S. 17, ISSN 1175-5326
12. ↑ Thierry Heitzmanns Phasmidenseite mit Bericht über Brasidas sp. 'Rapu-Rapu'
13. ↑ Thierry Heitzmanns Phasmidenseite mit Bericht über Euobrimus lacerta 'Mount Pulog'
14. ↑ Phasmid Study Group Culture List (engl.)

Weblinks