Der Förderpreis für Frauenforschung und Frauenkultur ist ein Münchner Preis zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen. Der mit 10 000 DM dotierte Preis wurde zwischen 1986 und 1993 jährlich von der Landeshauptstadt München vergeben und 1994 durch den Anita-Augspurg-Preis abgelöst.

Rahmenbedingungen

Auf Initiative der SPD-Fraktion richtete der Münchner Stadtrat am 15. April 1986 den Förderpreis für Frauenforschung und Frauenkultur ein. Der Preis sollte „in Anerkennung herausragender wissenschaftlicher, journalistischer oder kultureller Leistungen“ Münchner Frauenprojekte und Frauen auszeichnen, die entweder in München wohnten oder arbeiteten oder aber außerhalb wohnten und eine Münchner Thematik in ihrer Arbeit behandelt hatten. Vorschlagsberechtigt waren alle Münchner Bürger, auch Eigenvorschläge waren möglich. Die Preisträgerin sollte aus den Vorschlägen durch Mehrheitsbeschluss einer Jury ausgewählt werden, die in ihrer Entscheidung unabhängig sein sollte. Als ständige Mitglieder sollten je eine Vertreterin der im Stadtrat vertretenen Parteien, die Leiterin der Gleichstellungsstelle und die Leiterin des Kulturreferats in der Jury sitzen; fünf weitere Mitglieder aus den Bereichen Politik, Wissenschaft und Kultur sollte der Stadtrat jeweils für drei Jahre auf Vorschlag der Gleichstellungsstelle berufen. Die Vorbereitung der Preisverleihung wurde der Gleichstellungsstelle übertragen.

Geschichte

Die Einrichtung des Preises war im Stadtrat nicht unumstritten. Dagegen stimmten die FDP-Fraktion und drei Mitglieder der CSU. Die FDP wollte nicht akzeptieren, dass Männer weder in der Jury sitzen noch den Preis zugesprochen bekommen konnten. Die Einschränkung sei ein Rückschritt in die – nach Meinung der FDP längst überwundene – Zeit, „in der es eigene Schulen und Schwimmbäder für Frauen und Mädchen gegeben habe“.

Bereits im folgenden Jahr wurde der Preis erneut zum Politikum: Die Jury hatte Lillemors Frauenbuchladen für den Preis ausgewählt. Dagegen wandte sich der Stadtrat Peter Kripp: Der Frauenbuchladen solle den Preis nicht erhalten, da dort durch das damals bestehende Zutrittsverbot für Männer das Miteinander der Menschen erschwert werde. Als die Versammlung des Münchner Stadtrats die Entscheidung der Jury bestätigen sollte, wurde die Ehrung vorläufig aufgehoben: „CSU, FDP und USD (eine Minifraktion zweier SPD-Aussteiger) behaupten, die Jury sei nicht korrekt zusammengesetzt gewesen. Außerdem handele es sich bei Lillemors um einen Gewerbebetrieb, dem ein städtischer Preis gar nicht zustehe.“ Der Streit dauerte ein Jahr und wurde schließlich durch ein Rechtsgutachten zugunsten von Lillemors entschieden.

Bei der dritten Verleihung des Preises am 9. November 1989 hob der Münchner Oberbürgermeister Georg Kronawitter die Vorbildwirkung hervor: Eine Reihe von Städten hätten Unterlagen über den Preis angefordert, in Nürnberg gebe es bereits einen Beschluss des Stadtrats zur Auslobung des Frauenförderpreises der Stadt Nürnberg.

Der sperrige Name des Preises weckte im Lauf der Zeit den Wunsch, die Auszeichnung lieber mit dem Namen einer bedeutenden Münchnerin zu verbinden. Bereits bei der ersten Preisverleihung 1987 war der Name Anita Augspurg als besonders wichtig für die Münchner Geschichte der „Alten Frauenbewegung“ genannt worden. 1994 wurde der Förderpreis für Frauenforschung und Frauenkultur schließlich durch den Anita-Augspurg-Preis abgelöst: „Zum 75jährigen Jubiläum des Frauenstimmrechts in Deutschland im Jahr 1994 soll damit an die vielen mutigen und engagierten Frauen erinnert werden, die für das Frauenstimmrecht gekämpft haben“, so die Begründung der damaligen Leiterin der Gleichstellungsstelle, Friedel Schreyögg.

Preisträgerinnen

  • 1986: Verein zur Förderung der Frauenakademie München FAM
  • 1987: Lillemors Frauenbuchladen für die kulturelle Arbeit der Buchladenfrauen
  • 1988: Erika Wisselinck, Publizistin
  • 1989: Erna Dinklage-Gilbert, Malerin
  • 1990: Gisela Kleine, Autorin
  • 1991: Amélie Niermeyer, Theaterregisseurin
  • 1992: In diesem Jahr wurde der Preis nicht verliehen, weil zu dieser Zeit im Kroatien- und Bosnienkrieg Mädchen und Frauen massiv Opfer von Kriegshandlungen und ethnischen Säuberungen waren und vor diesem Hintergrund mit dem Ausfall der Preisverleihung sowohl die Anteilnahme am Schicksal der Mädchen und Frauen als auch die Ablehnung der Gewalttaten zum Ausdruck gebracht werden sollten.
  • 1993: Videogruppe des Mädchentreffs Ragazza, IMMA e.V.

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Landeshauptstadt München, Gleichstellungsstelle für Frauen (Hrsg.): Anita Augspurg Preis. Preis der Landeshauptstadt München zur Förderung der Gleichberechtigung für Frauen und Mädchen. München, aktualisierte Auflage 2015.
  2. 1 2 3 4 Beschluss zur Einrichtung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur, in: Landeshauptstadt München, Gleichstellungsstelle für Frauen in Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt: Verleihung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur an den Verein zur Förderung einer Frauenakademie München FAM. München 1987, S. 5.
  3. Beschluss zur Einrichtung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur, in: Landeshauptstadt München, Gleichstellungsstelle für Frauen in Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt: Verleihung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur an den Verein zur Förderung einer Frauenakademie München FAM., München 1987, S. 6.
  4. 1 2 Beschluss zur Einrichtung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur, in: Landeshauptstadt München, Gleichstellungsstelle für Frauen in Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt: Verleihung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur an den Verein zur Förderung einer Frauenakademie München FAM. München 1987, S. 7.
  5. Beschluss über die Einrichtung des Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur des Münchner Stadtrats am 15. April 1986, abgerufen am 13. Februar 2015.
  6. Andrea Böhm: Das Reservat. In: Emma, Ausgabe März 1988, S. 8.
  7. kicks: 15 Jahre Lillemors Frauenbuchladen. In: Münchner Lokalberichte, Nr. 24, vom 28. November 1990, 8, abgerufen am 13. Dezember 2014.
  8. Georg Kronawitter: Rede zur Verleihung des Münchner Förderpreises für Frauenkultur und Frauenforschung. In: Gleichstellungsstelle für Frauen, Landeshauptstadt München: Verleihung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur 1988 an die Publizistin Erika Wisselinck. München ca. 1990, S. 13.
  9. Lerke Gravenhorst: Dank für die Verleihung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur am 6. März 1987 im Alten Rathaus. Lerke Gravenhorst für den F.A.M.-Verein Initiativ-Gruppe. In: Landeshauptstadt München, Gleichstellungsstelle für Frauen in Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt: Verleihung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur an den Verein zur Förderung einer Frauenakademie München FAM. München 1987, Seite 29.
  10. Verdienst um Gleichberechtigung. München stiftet Augspurg-Preis. In: Süddeutsche Zeitung, 6. Juni 1994, Seite 32.
  11. Beschluss des Verwaltungsausschusses des Münchner Stadtrats vom 9. Dezember 1986 zur Preisträgerin des Förderpreiseses für Frauenforschung und Frauenkultur 1986, in: Landeshauptstadt München, Gleichstellungsstelle für Frauen in Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt: Verleihung des Münchner Förderpreises für Frauenforschung und Frauenkultur an den Verein zur Förderung einer Frauenakademie München FAM., München 1987, S. 10–12
  12. Verleihungsbroschüre im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  13. Cornelia Glees: Amelie Niermeyer erhält Förderpreis für Frauenforschung. Stücke wider die Scheuklappen der Männer. 26jährige Regisseurin ausgezeichnet, in: Süddeutsche Zeitung, 1. Juli 1992
  14. Persönliche Mitteilung von Gabriele Nuß, Landeshauptstadt München, Gleichstellungsstelle für Frauen an Reisen8 am 10. Februar 2015.
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