FS E.554
Lokomotive E.554.174
Nummerierung: E.554.001–183
Anzahl: 183
Hersteller: verschiedene
Baujahr(e): 1928–1930
Ausmusterung: 1976
Achsformel: E
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 10.800 mm
Höhe: 3.740 mm
Breite: 3.020 mm
Gesamtradstand: 6.600 mm
Dienstmasse: 77 t
Reibungsmasse: 77 t
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h
Stundenleistung: 2.000 kW
Dauerleistung: 1.750 kW
Anfahrzugkraft: 140 kN
Treibraddurchmesser: 1.070 mm
Stromsystem: 3,6 kV/16,7 Hz Drehstrom
Stromübertragung: direkte Stromübertragung von Drehstrom – Fahrleitung zu Drehstrom – Fahrmotoren
Anzahl der Fahrmotoren: 2
Antrieb: Stangenantrieb Bauart Bianchi mit 2 tief in dem Rahmen liegenden Elektromotoren
Bremse: Handbremse
Druckluftbremse
Besonderheiten: mit Heizkessel

Die Baureihe E.554 war eine Elektrolokomotiv-Baureihe der staatlichen italienischen Eisenbahn Ferrovie dello Stato. Sie wurde auf dem oberitalienischen Drehstromnetz besonders im Güterzugdienst eingesetzt und war die letzte gebaute Elektrolokomotive mit Drehstromantrieb in dem oberitalienischen Drehstromnetz.

Geschichte

Die Lokomotive war die größte und modernste der Güterzugelektrolokomotiven des oberitalienischen Drehstromnetzes. War die FS E.550 vorrangig für die Bedienung der Bahnstrecke Turin–Genua mit der Überquerung des Giovipass konstruiert worden, so galt die E.554 als Lokomotive für die Brennerbahn und alle anderen Gebirgsstrecken. Auf diesen waren sie sowohl im Güterzugs- als auch im Personenzugdienst eingesetzt und ersetzten dort die älteren Lokomotiven FS E.550 und FS E.551. Für den Personenzugdienst waren die Lokomotiven mit einem Dampfkessel ausgerüstet.

Für die Verbesserung des Bogenlaufes wurden im Depot Bozen für die Bedienung der kurvenreichen Strecke Bozen–Meran 1934 die äußeren Kuppelstangen ausgebaut. Im Resultat dieses Umbaues erhielten die Lokomotiven die Achsfolge 1'C1' und die Bezeichnung E.354 mit den Ordnungsnummern E.354.001 bis E.354.010. Daraufhin konnten die Lokomotiven auch auf dieser kurvenreichen Strecke Züge mit der Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h fahren. 1943 wurde dieser Umbau wieder rückgängig gemacht, da im Zweiten Weltkrieg auf der Brennerbahn größere Zugkräfte gefahren werden mussten.

Die Lokomotiven waren größtenteils in Doppeltraktion für die Bespannung schwerer Güterzüge bzw. für Vorspann- und Schiebedienste eingesetzt und bildeten in dieser Zusammensetzung die Bespannung der Züge auf den Gebirgsbahnen bis zu dem Ende des Betriebes mit Drehstrom. Nach dem Ende des Betriebes auf der Brennerbahn und der Bahnstrecke Turin–Genua wurden sie vorrangig in Savona und Genua stationiert und bildeten dort die Bespannung schwerer Güter- und Personenzüge in die bergigen Strecken. Nachdem auch diese Linien auf Gleichstrom umgestellt wurden, fanden die Lokomotiven zwischen Alessandria und San Giuseppe di Cairo ihr letztes Betätigungsfeld und versahen dort bis zum Ende des Drehstrombetriebes 1976 ihren Dienst.

Zwei Lokomotiven der Reihe sind erhalten geblieben; die E.554.078 steht in dem Museo Europeo dei Trasporti Ogliari, und die E.554.174 steht als Ausstellungsobjekt auf dem Gelände von Alstom in Vado Ligure, dem ehemaligen Werk Tecnomasio Italiano Brown Boveri.

Technische Merkmale

Technisch gesehen gleichen die Lokomotiven den Vorgängermodellen FS E.550 und FS E.551. Äußerlich unterschieden sich die Lokomotiven durch die größere Länge, die größere Höhe der Vorbauten mit den zusätzlichen Aufbauten für die Heizung, durch die glatte Vorderfront des Führer- und Maschinenraumes und den anderen Antrieb.

Mechanischer Teil

Gegenüber den Vorgängermodellen FS E.550 und FS E.551 wurden die Antriebsmotoren weiter nach oben versetzt, und der Antrieb auf die Treibachsen wurde durch den Gelenkantrieb nach Bianchi realisiert. Die Motoren umschloss der auf den Rahmen montierte Führerstand, in dem außer den Antriebsmotoren auch die Kompressoren untergebracht waren. Auf dem Dach befanden sich außer den beiden Stangenstromabnehmer auch die Luftbehälter für die pneumatische Bremse. In den Vorbauten wurden der Flüssigkeitsanlasser, der Heizkessel, der Hauptschalter und andere Apparaturen untergebracht, also alles Apparaturen, bei denen eine Gefährdung des Lokführers nicht ausgeschlossen war.

Von der pneumatischen Bremse her war die Lokomotive mit der indirekten Bremse für den Zug sowie der direkt wirkenden Druckluftbremse als Lokbremse ausgerüstet. Den Großteil der Drucklufterzeugung übernahm ein mechanisch durch das Gestänge angetriebener Achskompressor. Zusätzlich besaßen die Lokomotiven noch einen elektrisch angetriebenen Kompressor kleiner Leistung für die Erzeugung von Druckluft im Stillstand.

Elektrischer Teil

Der elektrische Teil der Lokomotiven wurde durch die Fahrmotoren und den Flüssigkeitsanlasser sowie einigen Hilfsgetrieben gebildet. Die Lokomotive besaß zwei Geschwindigkeitsstufen in den Werten von 25 km/h und 50 km/h. In den beiden Fahrstufen wurde der von der Fahrleitung übernommene Drehstrom mit dem optimalen Leistungsfaktor den Fahrmotoren zum Antrieb übergeben. Bei 25 km/h arbeiteten die beiden Motoren in Reihenschaltung bei 50 km/ in Parallelschaltung. Zwischen den beiden Fahrstufen und beim Anfahren diente der Flüssigkeitsanlasser, der als sogenannter Beschleuniger zwischen den Dauerfahrstufen diente. Die Wirkungsweise des Flüssigkeitsanlassers und die Steuerung der Lokomotive geschah wie bei der E 550.

Der Flüssigkeitsanlasser arbeitete mit pneumatischer Steuerung, ebenso der in Öl gelagerte Hauptschalter. Dieser war bei den Vorgängermaschinen FS E.550 und FS E.551 noch in dem Führerstand eingebaut. Nachdem es sich in Folge von Überspannungen zu tödlichen Unfällen bei Explosionen des Hauptschalters infolge des ausspritzenden Öles gekommen war, erhielten die Lokomotiven der Reihe E.554 eine Anordnung auf einem Vorbau mit einem Schutzschrank. Ebenfalls besaßen die Lokomotiven einen Heizkessel für die Wagenheizung.

Einrichtung zur Doppeltraktion

System Bolzano

Severo Rissone, der damalige Direktor der FS, regte 1957 eine Studie zur Anwendung der Mehrfachtraktion an, da die Lokomotiven auf den Gebirgsstrecken meist in Doppeltraktion arbeiteten. Das als erstes entwickelte System Bolzano war nach dem Depot Bolzano benannt, das die beiden ersten Lokomotiven für die Versuche stellte. Es hatte den Nachteil, dass in einem Lokomotivpaar nur eine Lokomotive die führende der Doppeltraktion sein konnte, weshalb die Rückfahrt in Einfachtraktion mit abgeschalteter zweiter Lokomotive erfolgen musste. Die Steuerung der geführten Lokomotive erfolgte, indem der Flüssigkeitsanlasser der geführten Lokomotive abgetrennt wurde und die Läufer der Motoren mit einem zusätzlichen Anlasser auf der führenden Lokomotive verbunden wurden. Die beiden Tanks der Flüssigkeitsanlasser waren hydraulisch miteinander verbunden, sodass beide Widerstände nach dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße synchron arbeiteten. In den Jahren 1958 und 1959 wurde die Steuerung auf 16 Lokomotiven eingerichtet, womit acht Lokomotivpaare entstanden. Alle waren auf der Südrampe der Brennerbahn im Einsatz, bis die Strecke im Frühjahr 1965 auf 3 kV-Gleichstrombetrieb umgestellt wurde. Ein Lokomotivpaar konnte zusammen mit einer einzelnen Schiebelokomotive einen 955 t-Zug bergwärts befördern.

System Hybrid

Das System Hybrid wurde im Depot Rivarolo Ligure in Genua entwickelt, weil sich das System Bolzano für den Einsatz auf der Strecke über den Giovipass nicht eignete, weil sie in beide Richtungen starke Steigungen aufwies, sodass die Nutzung der Doppeltraktion nur in eine Richtung ein massiver Nachteil gewesen wäre. Die Steuerung des Systems Bolzano wurde dahingehend ergänzt, dass der Flüssigkeitsanlasser auf der führenden Lokomotive mit einem pneumatischen Servomotor versehen wurde, der bei der Rückfahrt über ein Steuerventil auf der geführten Lokomotive bedient werden konnte. Der Name Hybrid weißt daraufhin, dass je nach Fahrtrichtung die Steuerung unterschiedlich ist: wenn die Lokomotive mit den beiden Flüssigkeitsanlassern führend war, wurde die mechanische Steuerung der Flüssigkeitsanlasser genutzt, wenn die andere Lokomotive vorne war, kam die pneumatische Fernsteuerung zum Einsatz. Das System war auf fünf Lokomotivpaaren auf den Giovipass-Strecken und auf zwei Lokomotivpaaren auf der Mont-Cenis-Strecke im Einsatz.

System Ligure

Gleichzeitig mit der Entwicklung des Hybridsystems wurde einer Alternative mit einem pneumatisch gesteuerten Flüssigkeitsanlasser erprobt. Diese erlaubte die bestehende Einschränkungen zu beseitigen und die Lokomotiven frei untereinander auszutauschen weil sich nicht mehr mit Hochspannungskabeln miteinander verbunden waren, die nur in der Werkstatt getrennt werden konnten. Das System wurde in den Jahren 1959 bis 1962 auf 11 Lokomotiven E.554, wobei einige zuvor bereits für das System Ligure oder Hybrid ausgerüstet waren. Weil sich das System bewährte, wurde es auch auf zwei E.551, zwei E.333, vier E.431 und einer E.432 eingebaut.

Für das System Ligure mussten beide Lokomotiven mit dem pneumatisch gesteuerten Flüssigkeitsanlasser ausgerüstet sein, wobei auch die Mehrfachtraktion zwischen Lokomotiven verschiedener Baureihen möglich war. Das Kuppeln der Lokomotiven war im Betrieb möglich und benötigte keine Spezialwerkzeuge. Auf der führenden Lokomotive hatte der Lokführer die Möglichkeit schnelle Korrekturen an der Steuerung beider Lokomotiven vorzunehmen, was ihm ermöglichte, die Zugkräfte der einzelnen Lokomotiven aneinander anzupassen, wenn sie unterschiedliche Raddurchmesser hatten. Die Ausrüstungsteile der Mehrfachtraktion waren für alle Drehstromlokomotiven gleich.

Siehe auch

Literatur

  • Joachim von Rohr: Ligurischer Drehstromsommer 1963. EK-Verlag Freiburg, 2014, ISBN 978-3-88255-469-4.
  • Wolfgang Messerschmidt: Geschichte der italienischen Elektro- und Diesel-Lokomotiven Orell Füssli Verlag, Zürich 1969.
Commons: FS E.554 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Joachim von Rohr: Ligurischer Drehstromsommer 1963. EK-Verlag, Freiburg 2014, ISBN 978-3-88255-469-4, S. 27.
  2. Internetseite des Museums (Memento des Originals vom 10. November 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  3. Joachim von Rohr: Ligurischer Drehstromsommer 1963. EK-Verlag, Freiburg 2014, ISBN 978-3-88255-469-4, S. 29.
  4. Mascherpa, Il comando multiplo delle locomotive trifasi, Seiten 6167–6168.
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