Farhad Dilmaghani (* 1971 in Groß-Gerau) ist ein deutscher Politik und Sozialwissenschaftler. Er ist Vorstandsbevollmächtigter des gemeinnützigen Analyse- und Beratungshauses Phineo und Vorsitzender des Vereins DeutschPlus – Initiative für eine plurale Republik.
Leben
Ausbildung
Dilmaghani studierte von 1993 bis 1998 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Philosophie „mit Auszeichnung“. Von 1995 bis 1996 studierte er am Institut d’études politiques de Lyon internationale Beziehungen.
Werdegang
Seine erste berufliche Station war im Bundesministerium der Finanzen als Referent für Europafragen. Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder war er von 2000 bis 2005 im Bundeskanzleramt Referent für politische Planung sowie Bildung und Gesundheit. In dieser Verwendung koordinierte er u. a. den Geschäftsbericht der Bundesregierung, schrieb Reden für den Bundeskanzler und betreute den Deutschen Ethikrat. Als Grundsatzreferent nahm er auch an Runden zur Regierungsplanung unter Leitung des damaligen Chefs des Bundeskanzleramts, Frank-Walter Steinmeier, teil.
Danach leitete er für die Allianz SE den Bereich „Issues Management“ und war als Pressesprecher für Themen im Bereich Corporate Responsibility und Asset Management verantwortlich. In dieser Position erarbeitete er gemeinsam mit der Group Risk Einheit der Allianz SE eine konzernweite Reputational Risk Policy als Teil des Risikomangementsystems der Allianz SE. Darauf folgte die Position als Leiter der Bereiche Kommunikation, Marketing und Regierungsbeziehungen der privaten Wirtschaftshochschule European School of Management and Technology (ESMT). Er leistete einen wesentlichen Beitrag die ESMT als internationale Kommunikationsplattform zwischen Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zu etablieren. In dieser Zeit arbeitete eng mit dem damaligen Präsidenten der ESMT und späteren wirtschaftspolitischen Berater von Bundeskanzlerin Merkel, Prof. Lars-Hendrik Röller, zusammen. Seit 2014 arbeitet Dilmaghani für das gemeinnützige Analyse- und Beratungshaus Phineo als Vorstandsbevollmächtigter für den Öffentlichen Sektor in Berlin. In dieser Funktion berät er die öffentliche Verwaltung und Bundesministerien bei der Umsetzung von Projekten mit Fokus auf die Zivilgesellschaft und Wirkungsorientierung. Dazu gehören unter anderem das Bundeskanzleramt, das Auswärtige Amt und auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
DeutschPlus e.V.
Im Jahr 2010 gründete er unter anderem gemeinsamen mit der Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan, dem Regisseur Züli Aladağ und dem Architekten Van Bo Le-Mentzel die Initiative „DeutschPlus – Initiative für eine plurale Republik“, eine Art Thinktank. Dilmaghani ist ehrenamtlicher Vorsitzender des Vereins. In dieser Funktion ist er regelmäßiger Teilnehmer bei den Integrationsgipfeln der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Tagesspiegel hob in einem Porträt über seine Arbeit ein Projekt mit dem Auswärtigem Amt hervor: "Seine fast 20-jährige Erfahrung an der Schnittstelle von Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft hat Dilmaghani mit "DeutschPlus" auch in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt (AA) genutzt. Im Projekt "WeltweitWir – Diversität im Auswärtigen Amt" ging es darum, junge Migranten für den diplomatischen Dienst zu begeistern – ein Ziel, das auch der Leitung des Hauses wichtig ist."
Gemeinsam mit der ehemaligen Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Aydan Özoğuz und dem Direktor des Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung Herbert Brücker leitete Dilmaghani eine Kommission zur Erarbeitung eines Leitbilds für Deutschland als Einwanderungsgesellschaft. In der Süddeutschen Zeitung unterbreitete er den Vorschlag für ein neues Staatsziel „Vielfalt“ im Grundgesetz, den er gemeinsam mit dem Juristen Johannes Eichenhofer erarbeitet hatte. Zuletzt sprach sich Dilmaghani bei Zeit Online für ein neues Bundesministerium für Gesellschaftlichen Zusammenhalt, Anti-Diskriminierung, Migration und Integration aus, wie es in ähnlichen Konstellationen bereits in einigen Bundesländern gegeben ist.
Publizist
Dilmaghani veröffentlicht regelmäßig zu Themen der Einwanderungsgesellschaft und progressiven Regieren in diversen Medien. Im Spiegel plädierte er für eine Reform des gegenwärtigen Regierungssystems in Deutschland in Anlehnung an Neuseeland, das mit dem Amtsantritt von Premierministerin Jacinda Ardern ein „Wellbeing Budget“ (Deutsch etwa: Etat für Wohlbefinden) eingeführt hat. Er sieht darin auch eine Weiterentwicklung der Ansätze für Wirksam Regieren, die von Bundeskanzlerin Merkel 2015 eingeführt wurden. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz Thüringen, Stephan J. Kramer, und dem Wissenschaftler und Gründungsdirektor des Institutes für Demokratie und Zivilgesellschaft, Matthias Quent, veröffentlichte er auf Zeit Online kurz nach den rassistischen Terroranschlägen von Hanau einen Masterplan gegen Rechtsextremismus. Dilmaghani vermittelt seine Positionen auch regelmäßig bei öffentlichen Auftritten, wie etwa bei der re:publica.
Staatssekretär
Im Jahr 2012 wurde er vom Berliner Senat zum Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen ernannt. Nach 16 Monaten im Dienst wurde er von der damaligen Senatorin Dilek Kolat (heute Kalayci) entlassen. Laut RBB blieb die Begründung „vage“. Fortlaufend heißt es in dem Artikel: „Senatsintern und innerhalb der SPD wird seit Jahren kritisch darüber gesprochen, dass die Fluktuation der engsten Mitarbeiter der Senatorin hoch sei.“ So habe sie unter anderem auch ihre Staatssekretäre Boris Velter und Barbara Loth entlassen. Dilmaghani gilt als Architekt des Landesarbeitsmarkt-Programms BerlinArbeit. In seiner Zeit als Arbeitsstaatssekretär wurde Dilmaghani auch kurzzeitig in den Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit berufen. Als Integrationsstaatsekretär war er als Chefunterhändler daran beteiligt, einen Hungerstreik von 17 Geflüchteten am Brandenburger Tor friedlich zu beenden, ebenso wie an der Entwicklung der Einbürgerungskampagne des Berliner Senats „Dein Pass“.
2019 wurde Dilmaghani im Rahmen eines vergleichenden Rechtsgutachtens des ehemaligen Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich von der Berliner Senatskanzlei rehabilitiert. In einer offiziellen Pressemitteilung äußerte sich der Chef der Berliner Senatskanzlei Christian Gaebler wie folgt:
„Mit dem vorliegenden Gutachten haben wir eine gute Grundlage, für Klarheit, Rechtssicherheit und Schutz der persönlichen Interessen auch bei politischen Beamtinnen und Beamten zu sorgen. Ich bedauere, wenn in der Vergangenheit hier durch die Praxis der Verwaltung den Betroffenen Nachteile entstanden sind. Im Falle von Herrn Sts a.D. Dilmaghani haben begleitende Pressemeldungen mit anonymen Behauptungen auch rufschädigende Wirkung gehabt. Diesen ist öffentlich nicht entgegengetreten worden. Ich stelle deshalb klar, dass er als Staatssekretär für Arbeit und Integration ausgezeichnete Arbeit für Berlin geleistet hat, insbesondere als Architekt des erfolgreichen Projektes Berlin-Arbeit und bei integrativen Maßnahmen.“
In einer Pressemitteilung des Vereines DeutschPlus kommentierte der Chef des Bundespräsidialamtes Stephan Steinlein die Rehabilitierung durch die Berliner Senatskanzlei wie folgt:
„Ich kenne Farhad Dilmaghani lange und gut. Wir haben schon gemeinsam im Bundeskanzleramt zusammengearbeitet, danach nicht zuletzt im Zusammenhang mit seinem Engagement im Rahmen von DeutschPlus und bei der Suche nach innovativen Evaluationsmodellen von internationalen Entwicklungs- und Stabilisierungsprojekten. Er war immer ein sehr geschätzter und hochprofessioneller Gesprächspartner und Kollege. Ein kluger politischer Kopf mit Weitblick und Leidenschaft für die Sache. Es ist absolut richtig, dass sein öffentlicher Ruf jetzt wiederhergestellt ist. Ich freue mich darauf, auch in Zukunft von ihm im politischen oder zivilgesellschaftlichen Kontext zu hören.“
Veröffentlichungen
- Vorschlag zum Integrationsgipfel: Bekenntnis zur Einwanderung muss ins Grundgesetz. In: Der Tagesspiegel, 14. November 2016. Online
- Mit Liane Bednarz: Völkische AfD: Wo bleibt der Aufschrei? In: Der Spiegel, 18. September 2016. Online
- Integration: Leben in Zeiten der Einwanderung. In: Die ZEIT, 19. Oktober 2016. Online
- Für ein anderes Grundgesetz. In: Süddeutsche Zeitung, 12. Oktober 2015.
- Progressive Regierung: Unser System braucht ein Update. In: Der Spiegel, 8. September 2019
- Verfassungsschutz: Wir brauchen einen Masterplan gegen Rechtsextremismus, 21. Februar 2020
- Integrationsgipfel: Wann kommt das Antirassismusministerium?, 19. Oktober 2020. Online
Einzelnachweise
- ↑ Team - PHINEO. In: www.phineo.org. Abgerufen am 26. Januar 2017.
- ↑ https://www.deutsch-plus.de/personen/farhad-dilmaghani/
- ↑ SPIEGEL ONLINE, Hamburg Germany: Ressentiments gegen Migranten: "Die Gräben werden tiefer". In: SPIEGEL ONLINE. Abgerufen am 14. November 2016.
- ↑ https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20080703_OTS0088/g8-staaten-zu-langsam-im-wettlauf-gegen-den-klimawandel-bild
- ↑ https://www.risknet.de/themen/risknews/themen-special-risikomanagement-bei-der-allianz/
- ↑ https://www.politik-kommunikation.de/personalwechsel/dilmaghani-verantwortet-regierungsbeziehungen
- ↑ https://idw-online.de/de/news374812
- ↑ https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/presse/pressemitteilungen/-wir-muessen-engagierte-vor-ort-staerken-und-schuetzen--1688508
- ↑ https://www.presseportal.de/pm/80096/3234413
- ↑ https://www.tagesspiegel.de/berlin/berlins-staatssekretaere-nach-der-wahl-die-zweite-reihe-sucht-neue-aufgaben/14711938.html
- ↑ https://www.fes.de/themenportal-flucht-migration-integration/leitbild-miteinander-in-vielfalt
- ↑ http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-fuer-ein-anderes-grundgesetz-1.2688091
- ↑ https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-10/integrationsgipfel-antirassismus-agenda-rechtsextremismus
- ↑ https://www.spiegel.de/politik/deutschland/deutschland-braucht-neue-ideen-fuers-regieren-gastbeitrag-a-1285670.html
- ↑ https://www.spiegel.de/politik/deutschland/deutschland-braucht-neue-ideen-fuers-regieren-gastbeitrag-a-1285670.html
- ↑ https://19.re-publica.com/de/member/19905
- ↑ http://web.archive.org/web/20190810182247/https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/07/berlin-senat-aendert-entlassung-von-staatssekretaeren-uebergangsgeld.html
- ↑ http://web.archive.org/web/20190810182247/https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2019/07/berlin-senat-aendert-entlassung-von-staatssekretaeren-uebergangsgeld.html
- ↑ https://www.tagesspiegel.de/berlin/berlins-staatssekretaere-nach-der-wahl-die-zweite-reihe-sucht-neue-aufgaben/14711938.html
- ↑ https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2019/pressemitteilung.831024.php
- ↑ https://www.arbeitsagentur.de/datei/geschaeftsbericht2011_ba015184.pdf
- ↑ https://taz.de/Hungerstreik-am-Brandenburger-Tor/!5080521/
- ↑ http://www.einbuergerung-jetzt.de/
- ↑ Reformbedarf der Rechtspraxis im Umgang mit politischen Beamtinnen und Beamten in Berlin
- ↑ Senat will Regeln für Entlassung von Staatssekretären ändern
- ↑ https://www.deutsch-plus.de/presse/deutschplus-begruesst-rechtsgutachten-im-auftrag-der-senatskanzlei-und-richtigstellung-zur-person-dilmaghani/