Floskelwolke
Sprach- und Medienkritik
Analyse von Floskeln und Phrasen in Nachrichten

Sprachen

Deutsch

Sitz

Berlin und Köln

Betreiber

Sebastian Pertsch, Udo Stiehl

Online

11. Aug. 2014

(aktualisiert 7. Jan. 2022)
https://floskelwolke.de

Floskelwolke ist ein 2014 gegründetes medien- und sprachkritisches Webprojekt der Journalisten und Nachrichtenredakteure Sebastian Pertsch und Udo Stiehl, das Floskeln, Phrasen und Formulierungen in Nachrichtentexten in Deutschland kritisiert und Alternativen aufzeigen will. Seit 2015 erscheint von ihnen eine Kolumne im DJV-Medienmagazin journalist. Nach einem Sachbuch im Piper Verlag im Jahr 2016 vergeben sie seit 2021 den Negativpreis Floskel des Jahres.

Kategorisierung

Die als „Floskeln“ beanstandeten Begriffe werden in drei Kategorien eingeteilt: In die erste Gruppe kommen harmlose Sprachlässlichkeiten (z. B. „fieberhafte Suche“ der Polizei). In die zweite Kategorie kommen inhaltlich falsche Floskeln, etwa „Datendiebstahl“. In die dritte Kategorie kommen Begriffe, die manipulativ sind oder propagandistisch missbraucht werden (z. B. „Flüchtlingstsunami“).

Floskel des Jahres

Seit 2021 vergibt Floskelwolke einen Negativpreis. Mit der Floskel des Jahres sollen Begriffe oder Formulierungen, die im vorangegangenen Jahr nach Angaben der Initiatoren „besonders für Stirnrunzeln und Kopfschütteln“ in den Nachrichten gesorgt haben, kritisiert werden. In den Monaten vor der Bekanntgabe rufen Stiehl und Pertsch mehrfach über die Website und über die sozialen Netzwerke dazu auf, Vorschläge einzureichen. Die Bekanntgabe erfolgt jeweils zu Beginn des Folgejahres. Ausgewählt wurden:

Preisträger

Kontroverse

Ben Krischke vom Cicero und Christian Meier von der Welt sehen den Negativpreis politisch motiviert. Im Magazin Übermedien kommentierte der Journalist Stefan Niggemeier, dass die Preisverleiher die Begriffe einfach nur „doof“ fänden. Auch die Zahl von zwei Jury-Mitgliedern fand er zu wenig. Niggemeier äußerte Kritik an der Verbreitung durch andere Medien: dass einer der Initiatoren freiberuflich für den Westdeutschen Rundfunk, also für eine Landesrundfunkanstalt der ARD arbeitet, hätte in einer Online-Nachrichtenmeldung der Tagesschau erwähnt werden müssen.

Im Zeit-Feuilleton schrieb der stellvertretende Ressortleiter Hanno Rauterberg: „Dass mit der Freiheit etwas nicht mehr stimmt, mit dem Freiheitsbegriff, aber auch mit dem Freiheitsempfinden, liegt offen zutage.“ Michael Hesse von der Frankfurter Rundschau blickte auf die philosophische Historie zurück: „Denn der Kampf um einen der wichtigsten politischen Grundbegriffe und eines der höchsten philosophischen Konzepte wurde über Jahrhunderte stets auch auf polemische Art und Weise geführt – und selten gab es eine Übereinstimmung darüber, was Freiheit überhaupt bedeutet.“

Auf radioeins (rbb) bejahte der Sozialpsychologe Harald Welzer die Frage, ob der Begriff Freiheit geeignet für die Floskel des Jahres sei: „Freiheit ist tatsächlich dann eine Floskel, wenn man sie zur Rechtfertigung rein individuellen Nutzens und auch zum Ignorieren von Gemeinwohl verwendet.“ Als Beispiel führte er den 1974 vom ADAC eingeführten Spruch „Freie Fahrt für freie Bürger“ auf.

Auszeichnungen

Floskelwolke war 2015 der erste Preisträger des Günter-Wallraff-Preises für Journalismuskritik; hervorgehoben wurde dabei, dass die Floskelwolke „in innovativer Weise auf Unzulänglichkeiten, Fehler und Manipulationen in der Nachrichtensprache aufmerksam“ mache. Im gleichen Jahr wurde sie zudem für den Grimme Online Award in der Kategorie „Wissen und Bildung“ nominiert.

Werke

  • Ihr Anliegen ist uns wichtig! So lügt man mit Sprache. Sebastian Pertsch und Udo Stiehl, Piper Verlag, München 2016, ISBN 978-3-492-30784-0.
  • Fachzeitschrift journalist, Sebastian Pertsch und Udo Stiehl, feste Kolumne seit 2015, Verlag: Journalismus3000 GmbH, Herausgeber: Deutscher Journalisten-Verband, Bonn, ISSN 0022-5576.

Einzelnachweise

  1. Fünf Jahre "Floskelwolke": „Luft nach oben“. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 4. Januar 2023]).
  2. 1 2 Sebastian Pertsch, Udo Stiehl: Pressemitteilung: Floskel des Jahres 2020. (docx; 17 KB) Der Negativpreis der Floskelwolke. In: floskelwolke.de. 1. Januar 2021, abgerufen am 1. Januar 2023.
  3. Sebastian Pertsch, Udo Stiehl: Pressemitteilung: Floskel des Jahres 2021. (docx; 21 KB) Der Negativpreis der Floskelwolke. In: floskelwolke.de. 1. Januar 2022, abgerufen am 1. Januar 2023.
  4. Sebastian Pertsch, Udo Stiehl: Pressemitteilung: Floskel des Jahres 2022. (docx; 34 KB) Der Negativpreis der Floskelwolke. In: floskelwolke.de. 1. Januar 2023, abgerufen am 1. Januar 2023.
  5. „Floskel des Jahres“ - Eigenverantwortung nur für Gleichgesinnte. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  6. Christian Meier: Negativpreis: Wie die „Floskel des Jahres“ in die „Tagesschau“ kam. In: DIE WELT. 4. Januar 2023 (welt.de [abgerufen am 8. Januar 2023]).
  7. Stefan Niggemeier: „Floskel des Jahres“ zum Nervpreis des Jahres gewählt. (Von mir.). In: Übermedien. 2. Januar 2023, abgerufen am 7. Januar 2023.
  8. Hanno Rauterberg: Angriffe auf Rettungskräfte: "Freiheit". In: Die Zeit. 4. Januar 2023, abgerufen am 7. Januar 2023.
  9. Die Freiheit, die ich meine. Abgerufen am 7. Januar 2023.
  10. "Freiheit" als Floskel des Jahres gekürt. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  11. Artikel zur Preisverleihung des Günter-Wallraff-Preises
  12. Vorstellung der Floskelwolke auf der Website des Grimme Online Awards
  13. Grimme Online Award 2015: 25 Nominierte in Köln vorgestellt (Memento des Originals vom 30. Juni 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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