Françoise Sagan (eigentlich Françoise Quoirez; * 21. Juni 1935 in Cajarc, Département Lot; † 24. September 2004 in Honfleur, Département Calvados) war eine französische Schriftstellerin und über viele Jahre Frankreichs erfolgreichste Bestseller-Autorin. Mehrere ihrer Romane wurden verfilmt. Ihr Pseudonym bezieht sich auf die Prinzessin von Sagan, eine Romanfigur von Marcel Proust.
Leben
Françoise Quoirez war eine Tochter einer wohlhabenden bürgerlichen Industriellenfamilie, sie hatte zwei ältere Geschwister und war das Nesthäkchen. Bekannt wurde sie bereits mit ihrem ersten Buch, Bonjour tristesse, das sie mit 17 Jahren schrieb als sie für das Literaturstudium an der Pariser Sorbonne abgelehnt wurde und (nach eigenen Angaben) sich beweisen wollte, dass sie nicht dumm war. Sie veröffentlichte es 1954. Der Roman über eine 17-Jährige, die in den Sommerferien am Mittelmeer zwei Geliebte ihres Vaters aus dessen Leben drängt, löste mit für die damalige Zeit offenherzigen Schilderungen einen Skandal aus. Sagan erhielt den Prix des Critiques für das Buch, das in nur sieben Wochen entstanden war und schnell zum Bestseller wurde. Binnen fünf Jahren waren weltweit vier Millionen Exemplare in 22 Sprachen verkauft.
Sagans Werk umfasst mehr als 40 Romane und Theaterstücke, darunter Aimez-vous Brahms? („Lieben Sie Brahms?“, 1959), Les Merveilleux Nuages („Die wunderbaren Wolken“, 1961), Un orage immobile („Ein stehendes Gewitter“, 1989), Les Faux-Fuyants (1991) und Le Miroir égaré („Der irrende Spiegel“, 1996). Zu ihren zehn Theaterstücken zählen Château en Suède (1960), Les Violons parfois (1961), La Robe mauve de Valentine (1963), Bonheur, impair et passe (1964) und Le Cheval évanoui (1966). 1987 veröffentlichte sie eine Biographie über die Schauspielerin Sarah Bernhardt. Sie schrieb auch die Dialoge für Claude Chabrols Film Der Frauenmörder von Paris (1963). Bestseller in der Bundesrepublik Deutschland waren La garde du coeur („Der Wächter des Herzens“, 1968) und Un peu de soleil dans l’eau froide („Ein bißchen Sonne im kalten Wasser“, 1969).
Ihre Memoiren publizierte Sagan 1984 (Avec mon meilleur souvenir, darin enthalten sind Porträts von Billie Holiday, Tennessee Williams, Orson Welles, Rudolf Nurejew und Jean-Paul Sartre) und 1993 (… et toute ma sympathie).
1957 erlitt sie einen schweren Autounfall; die danach erforderliche Medikamenteneinnahme führte zu einer lebenslangen Drogensucht. Die Autorin heiratete den Verleger Guy Schoeller und nach der Scheidung von diesem den Bildhauer Robert Westhoff, mit dem sie einen Sohn hatte. Auch diese Ehe wurde geschieden. Gute Kontakte pflegte sie zu François Mitterrand und Juliette Gréco.
In den 1990er Jahren wurde Sagan mehrfach wegen Drogen- und Steuerdelikten zu Bewährungs- und Geldstrafen verurteilt. Zuletzt wurde sie 2002 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil sie vier Millionen Franc (ca. 830.000 Euro), ein angebliches Beraterhonorar eines Strohmannes von Elf Aquitaine, nicht versteuert hatte.
Am 1. Januar 2009 lief ein Kinofilm mit dem Titel Bonjour Sagan an, mit Sylvie Testud in der Titelrolle, der Sagans Leben biographisch darstellt. Dies war die gekürzte Version eines insgesamt dreistündigen TV-Zweiteilers, der auch auf arte gezeigt wurde.
Werke (Auswahl)
- Autobiografisches
- Toxique. Paris 1964.
- Deutsch: Gift. Ullstein, Frankfurt am Main 1966 (übersetzt von Helga Treichl, illustriert von Bernard Buffet)
- Deutsch: Ich glaube, ich liebe niemanden mehr. Anaconda, Köln 2017, ISBN 978-3-7306-0467-0. (übersetzt von Waltraud Schwarze, illustriert von Bernard Buffet)
- Avec mon meilleur souvenir. Paris 1985.
- Deutsch: Das Lächeln der Vergangenheit. Erinnerungen. Aufbau Verlag, Berlin 1990, ISBN 3-351-01602-6. (übersetzt von Hermann Stiehl).
- Derrière l'épaule. Paris 1998.
- Deutsch: Mein Blick zurück. Erinnerungen. Ullstein, München 2000, ISBN 3-550-08314-9 (übersetzt von Claudia Feldmann)
- Biografie
- Sarah Bernhardt. Le rire incassable. Robert Laffont, Paris 1987.
- Deutsch: Die Lust zu Leben. Sarah Bernhardt. Ullstein, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-548-22666-3 (übersetzt von Giò Waeckerlin-Iduni)
- Novellen und Erzählungen
- Des yeux de soie et autres nouvelles. Paris 1971.
- Deutsch: Augen wie Seide. Erzählungen. Bastei-Verlag Lübbe, Rastatt 1997, ISBN 3-404-12662-9 (übersetzt von Margaret Carroux)
- Des yeux de soie et autres nouvelles/Augen wie Seide (= dtv zweisprachig. 9284). Dtv, München 1991, ISBN 3-423-09284-X (Gekürzt)
- Romane
- Bonjour tristesse. Paris 1954 (EA)
- Deutsch: Bonjour tristesse. Ullstein, Berlin 2010, ISBN 978-3-548-26277-2 (EA Frankfurt am Main 1957; übersetzt von Helga Treichl)
- Un certain sourire. Quatre nouvelles. Paris 1955.
- Deutsch: ... ein gewisses Lächeln. Klaus Wagenbach, Berlin 2017, ISBN 978-3-8031-2775-4 (EA Wien 1956, übersetzt von Helga Treichl)
- Dans un mois, dans un an. Paris 1956.
- Deutsch: In einem Monat, in einem Jahr. Verlag Eder & Bach, München 2015, ISBN 978-3-945386-11-8. (übersetzt von Helga Treichl)
- Blanche et Ophélie. Paris 1957.
- Deutsch: Blanche und Ophelia.
- Aimez-vous Brahms? Paris 1959.
- Deutsch: Lieben Sie Brahms? Klaus Wagenbach, Berlin 2018, ISBN 978-3-8031-2797-6. (übersetzt von Helga Treichl)
- Les merveilleux nuages. Paris 1961.
- Deutsch: Die wunderbaren Wolken. Ullstein, Frankfurt am Main 1974 (übersetzt von Helga Treichl).
- Chamade. René Julliard, Paris 1965.
- Deutsch: Chamade. Moewig Verlag, Rastatt 1986, ISBN 3-8118-2396-5 (übersetzt von Elisabeth Schneider)
- La garde du coeur. Paris 1968.
- Deutsch: Der Wächter des Herzens. Moewig-Verlag, Rastatt 1987, ISBN 3-8118-2413-9 (übersetzt von Jeanette Frank)
- Un peu de soleil dans l’eau froide.
- Deutsch: Ein bißchen Sonne im kalten Wasser. btb Verlag, München 2016, ISBN 978-3-442-74911-9 (übersetzt von Sophia Sonntag)
- Des bleus à l’ame.
- Deutsch: Blaue Flecken auf der Seele. Bastei-Verlag Lübbe, Bergisch Gladbach 1996, ISBN 3-404-12589-4 (übersetzt von Eva Brückner-Pfaffenberger)
- Un profil perdu. Paris 1974.
- Deutsch: Ein verlorenes Profil. Moewig-Verlag, Rastatt 1990, ISBN 3-8118-2738-3 (übersetzt von Margaret Carroux)
- Le Lit défait. Paris 1977.
- Deutsch: Edouard und Beatrice. Moewig-Verlag, Rastatt 1981, ISBN 3-8118-2128-8. (übersetzt von Margaret Carroux)
- Le chien couchant. Paris 1979.
- Deutsch: Ein Traum vom Senegal. Ullstein, Berlin 1981, ISBN 3-550-06353-9. (übersetzt von Ulrich Friedrich Müller)
- La femme fardée. Paris 1985.
- Deutsch: Willkommen Zärtlichkeit. Goldmann, München 1987, ISBN 3-442-06772-3 (übersetzt von Wolfram Schäfer)
- De guerre lasse. Paris 1985.
- Deutsch: Brennender Sommer. Aufbau-Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-351-01380-9 (übersetzt von Hermann Stiehl)
- Un sang d'aquarelle. Roman. Gallimard, Paris 1987, ISBN 2-07-070769-5.
- La laisse.
- Deutsch: Die seidene Fessel. Rowohlt, Reinbek 1993, ISBN 3-499-13155-2 (übersetzt von Asma Semler)
- Les faux-fuyants.
- Deutsch: Die Landpartie. Roman. Econ-Verlag, Düsseldorf 1992, ISBN 3-430-17894-0 (übersetzt von Sylvia Antz)
- Un chagrin de passage. Paris 1994.
- Deutsch: Und mitten ins Herz. Bastei-Verlag Lübbe, Bergisch Gladbach 2000, ISBN 3-404-14287-X (übersetzt von Kirsten Ruhland-Stephan)
- Les Quatre coins du coeur. Plon, Paris 2019.
- Deutsch: Die dunklen Winkel des Herzens. Ullstein, Berlin 2019, ISBN 978-3-550-20091-5 (übersetzt von Waltraud Schwarze und Amelie Thoma)
- Theater
- Château en Suède. Paris 1960.
- Deutsch: Ein Schloß in Schweden. Komödie in vier Akten. Ullstein, Berlin 1961 (übersetzt von Helga Treichl und Maria Dessauer)
Filmografie (Auswahl)
Vorlage
- 1958: Bonjour Tristesse
- 1958: Ein gewisses Lächeln (A Certain Smile)
- 1960: Die Beute des Schattens (La proie pour l'ombre)
- 1961: Lieben Sie Brahms? (Goodbye Again)
- 1968: La Chamade – Herzklopfen (La chamade)
- 1977: Russisches Dreieck (Bonheur, impair et passe)
- 1987: Brennender Sommer (De guerre lasse)
- 2008: Ein Schloss in Schweden (Château en Suède)
Drehbuch
- 1962: Der Frauenmörder von Paris (Landru)
Literatur
- Aufsätze
- Susanne Nadolny: Françoise Sagan, charmantes Biest. In: Brigitte Ebersbach (Hrsg.): Engel und Sünderinnen, Idole der 50er Jahre. Maria Callas, Hildegard Knef, Françoise Sagan u. a. Edition Ebersbach, Berlin 2006, ISBN 3-938740-22-1, S. 41–62.
- Ursula März: Die dunklen Winkel des Herzens. Millionen Schulden und ein verschollenes Manuskript. (Rezension). In: Die Zeit, Nr. 49/2019 vom 27. November 2019 (Artikelanfang frei abrufbar)
- Françoise Sagan: Ein bisschen Sonne im kalten Wasser. In: Literatur & Kunst. Nr. 87 (2014).
- Bücher
- Julia Korbik: Bonjour liberté. Françoise Sagan und der Aufbruch in die Freiheit. Hanser Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-446-26944-6.
- Valérie Mirarchi: Françoise Sagan ou l’ivresse d’écrire. Éd. universitaires, Dijon 2020, ISBN 978-2-36441-362-7.
- Nathalie Morello: Françoise Sagan. Une conscience de femme refoulée (= Currents in comparative Romance languages and literatures. Band 92). Lang Verlag, New York 2000, ISBN 0-8204-4918-0.
- Alain Vircondelet: Françoise Sagan. Un charmant petit monstre. Flammarion, Paris 2002, ISBN 2-08-068147-8.
Weblinks
- Literatur von und über Françoise Sagan im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Françoise Sagan in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Françoise Sagan in der Internet Movie Database (englisch)
- Biografie, Literatur und Quellen zu Françoise Sagan. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).. Institut für Frauen-Biographieforschung
- Michael Mönninger: Mit dem Maserati für die Revolution. Nachruf auf Françoise Sagan. In: Die Zeit. 30. September 2004.
- Françoise Sagan (1935–2004) – pseudonym of Françoise Quoirez (Memento vom 24. August 2014 im Internet Archive) In: kirjasto.sci.fi, (englisch; Leben und Werk der Schriftstellerin)
- SAGAN Françoise (Memento vom 27. August 2006 im Internet Archive) In: biblioweb.org, (französisch)
Notizen
- ↑ Diesen Titel trug das Haus Talleyrand-Périgord seit Mitte des 19. Jh. durch Heirat; siehe auch Marcel Prousts tragischer Lebenslauf auf projekt-gutenberg.org
- ↑ Sibylle Zehle: Die fabelhafte Welt der Treichls. In: Manager Magazin. 19. Juni 2017 (Zu Helga Treichls Familie).
- ↑ Claudia Feldmann in der Übersetzer-Datenbank des VdÜ, 2019.