Die Familie von Thüngen ist ein altes, edelfreies fränkisches Adelsgeschlecht. Sie ist benannt nach dem heutigen Markt Thüngen mit dem Stammhaus Burg Thüngen und ist (als Reichsfreiherren von Thüngen) in den Freiherrenstand aufgestiegen.

Familiengeschichte

Der Ort Thüngen wurde am 19. April 788 erstmals urkundlich erwähnt. Mit den Edelfreien Carl ac filius ejus Eylhard de Dungethi trat das Geschlecht am 5. Februar 1100 erstmals urkundlich in Erscheinung. Andreas, Friedrich, Albert und Lutz von Thüngen wurden 1306/1307 mit dem Burggut belehnt. 1406 erwarb es Burg und Dorf Thüngen als freies Eigentum.

Die Familie der Freiherren von Thüngen gehörte zur Reichsritterschaft im Fränkischen Ritterkreis, Kanton Rhön-Werra. Die Familie war seit dem 13. Juni 1531 mit dem Erbküchenmeisteramt des Herzogtums Franken belehnt. Sie stellte wichtige Persönlichkeiten in Kirche, Militär, Verwaltung, Politik und Wirtschaft.

Die Herrschaft Thüngen umfasste etwa 80 Ortschaften, Schlösser, Burgen und Höfe. Der Familie gehörten u. a. Schloss Büchold (1364–1596), Burg Burgjoß (15. Jahrhundert), Alte Burg zu Burgsinn (seit 1337), Schloss Greifenstein (?–1657), Neuhaus, Reußenburg (ca. 1320–1525), Schloss Roßbach (seit ?), Burg Salzburg, Sodenberg, Wasserburg Tagmersheim (um 1520), Herrenhof in Völkersleier (?–1926), Schloss Waizenbach (vor 1400–1678), Schloss Weißenbach (seit Ende des 14. Jahrhunderts), Schloss Windheim (12. Jahrhundert bis 1660).

Bedeutung hatte die Familie durch die Thüngensche Cent in der Rhön und die Patronatsherrschaft auf ihren Gütern; sie besaß auch Domherrenhöfe. 1189 gründete Philipp von Thüngen zu Heßlar zusammen mit Gottfried von Pisemberg, Bischof von Würzburg, das Kloster Schönau (Gemünden am Main). Die Freiherren von Thüngen hatten zudem Besitz im Leinachtal, insbesondere Lehen der Henneberger Grafen, der Würzburger Bischöfe und Eigengut in Oberleinach (bis zum Verkauf im August 1442 durch Karl von Thüngen an die Familie von Dottenheim) und Unterleinach.

1523 zerstörte der Schwäbische Bund die Reußenburg (bei Hammelburg) des Hans Jörg von Thüngen. Er war ein Unterstützer des Raubritters Hans Thomas von Absberg. Eine genauere Beschreibung der Ereignisse des sogenannten Fränkischen Krieges ist unter Wandereisen-Holzschnitte von 1523 zu finden. Der Würzburger Bischof Konrad II. von Thüngen setzte sich für seine bedrängten Verwandten mit Bittschreiben an den Bund ein.

Wappen

Das Stammwappen zeigt in Silber einen mit drei gewellten roten Pfählen belegten goldenen Balken. Auf dem Helm mit rot-silbernen Decken steht der Rumpf eines graubärtigen Mannes in rotem Kleid mit silbernem Kragen, dessen Haupt bedeckt ist mit einer silber gestulpten roten Haube, die auf der Spitze und an beiden Seiten mit Hahnenfedern bestückt ist.

Persönlichkeiten

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Friedrich Israel, Walter Möllenberg: Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg I (937 - 1192); Hrsg. Landesgeschichtliche Forschungsstelle für die Provinz Sachsen und für Anhalt Magdeburg, Selbstverlag, Magdeburg 1937, S. 235–238, Nr. 175.
  2. Genealogisches Handbuch des Adels, Freiherren A (Uradel), Band VII, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1969, S. 480/1.
  3. Christine Demel u. a.: Leinach. Geschichte – Sagen – Gegenwart. Gemeinde Leinach, Leinach 1999, S. 127–129.
  4. Rudolf Freiherr von Thüngen: Das reichsritterliche Geschlecht der Freiherrn von Thüngen. Forschungen zu seiner Familiengeschichte. Würzburg 1926, S. 164.
  5. Vgl. auch Christine Demel u. a.: Leinach. Geschichte – Sagen – Gegenwart. 1999, S. 6, 124, 367–369 (Das Hofgut der Freiherren von Thüngen zu Unterleinach) und 429, 1999.
  6. Wappenansicht bei Nikolaus Bertschi: Wappenbuch besonders deutscher Geschlechter. BSB Cod.icon. 308. Augsburg 1515 - 1650.
  7. S. B. B. Developers: Digitalisierte Sammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin. Abgerufen am 13. April 2022.
  8. Christine Demel u. a.: Leinach. Geschichte – Sagen – Gegenwart. Gemeinde Leinach, Leinach 1999, S. 110 und 127–129 (Die Freiherren von Thüngen, ihre Rechte und Einkünfte im Leinachtal).

Literatur

  • Kurt Andermann: Thüngen, Freiherren von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 26, Duncker & Humblot, Berlin 2016, ISBN 978-3-428-11207-5, S. 211 (Digitalisat).
  • Julien Demade: Parenté, noblesse et échec de la genèse de l’État: le cas allemand. In: Annales. Histoire, Sciences sociales. 61-3, mai-juin 2006. S. 609–631. (Buchbesprechung (französisch))
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon. Band XIV, Band 131 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 2003. ISSN 0435-2408
  • Hans Friedrich von Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Euler, Jürgen von Flotow: Genealogisches Handbuch der Freiherrlichen Häuser. A (Uradel), Band II, Band 13 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Glücksburg/Ostsee 1956, S. 487–497. ISSN 0435-2408
  • Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser auf das Jahr 1853, Justus Perthes, Gotha 1852, S. 474 ff. Digitalisat
  • Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlicher Häuser 1942, A (Uradel), Jg. 92. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft, Justus Perthes, Gotha 1941, S. 518–524.
  • Joseph Morsel: La noblesse contre le prince: l’espace social des Thüngen à la fin du Moyen Âge (Franconie, vers 1250–1525). (Beihefte der Francia, 49). Thorbecke, Stuttgart 2000, ISBN 3-7995-7443-3. (Digitalisat)
  • Neues Genealogisches Handbuch auf das Jahr 1778 enthaltend die Geschlechtstafeln des in- u. ausser dem H. R. Reich blühenden Adels etc., Theil 1, (Selbst)-Verlag der adelichen Handbuch-Comptoirs, Frankfurt am Main 1778, S. 212 ff. Digitalisat
  • Hans-Karl Freiherr von Thüngen: Das Haus Thüngen 788–1988. Geschichte eines fränkischen Adelsgeschlechts. (Kostbares Unterfranken). Echter, Würzburg 1988, ISBN 3-429-01162-0.
  • Rudolf Freiherr von Thüngen: Das reichsritterliche Geschlecht der Freiherrn von Thüngen. Forschungen zu seiner Familiengeschichte. (Reprint der Ausgabe Würzburg 1926), (Reihe IX, Darstellungen aus der fränkischen Geschichte, Band 43), Degener & Co., Neustadt an der Aisch 1997. ISBN 3-86652-943-0.
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