Friderizianisches Rokoko bezeichnet eine Form des Rokoko, die in Preußen während der Regierungszeit Friedrichs des Großen (1740–1786) entstand.
Werke
Bekannte frühe Bauwerke des Friderizianischen Rokoko sind Schloss Rheinsberg (1736–1740) und gleich nach der Thronbesteigung Friedrichs II. 1740 der Neue Flügel des Schlosses Charlottenburg sowie (bis 1751) Teile des Potsdamer Stadtschlosses, besonders dessen heute weitgehend verlorene Innenausstattung. Zeitgleich mit Letzterem entstand ab 1745 Schloss Sanssouci, später ergänzt durch die Bildergalerie und die Neuen Kammern sowie zahlreiche Parkbauten (u. a. Chinesisches Haus, Drachenhaus, Freundschaftstempel, Antikentempel, Obeliskportal, Ruinenberg, Belvedere auf dem Klausberg) und als Krönung zuletzt 1763–69 das Neue Palais mit seinen Communs. In Potsdam ferner das Alte Rathaus, der Palast Barberini, das Brandenburger Tor und das Nauener Tor sowie der Marstall.
In Berlin entstand zwischen 1740 und 1786 das Forum Fridericianum, bestehend aus der Staatsoper Unter den Linden, dem Palais des Prinzen Heinrich, der Sankt-Hedwigs-Kirche und der barocken Alten Bibliothek. Der 1688 angelegte Gendarmenmarkt wurde ab 1773 mit neuen Häusern umbaut sowie mit einem Französischen Komödienhaus und 1780–1785 mit den klassizistischen Türmen des Deutschen und des Französischen Doms versehen.
Zu nennen ist ferner das (1751–1753 umgestaltete) Breslauer Stadtschloss. Künstler vom Hofe waren auch im Auftrag des Adels tätig, so an verschiedenen Berliner und Potsdamer Palais oder am Gutshaus Groß Kreutz und auch an Bürgerhäusern.
Künstler
Bedeutendster Baumeister war der autodidaktische „Kavalierarchitekt“ Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff; zu seinen Mitarbeitern gehörte Friedrich Wilhelm Diterichs, der Schöpfer der Terrassen von Sanssouci und Schüler Andreas Schlüters. Auch König Friedrich selbst nahm Einfluss auf die Entwürfe Knobelsdorffs. Weiterhin sind Johann Gottfried Büring und Carl Ludwig Hildebrandt zu nennen, die an den Bauten von Sanssouci, dem Neuen Palais sowie dem Potsdamer Stadtschloss mitwirkten; Büring schuf mit dem Nauener Tor 1754/55 den ersten neugotischen Bau Deutschlands. Heinrich Ludwig Manger und Carl von Gontard vollendeten das Neue Palais. Gontard und Georg Christian Unger erbauten die Türme des Deutschen und des Französischen Doms am Berliner Gendarmenmarkt sowie das Brandenburger Tor in Potsdam, Jan Bouman das Berliner Palais des Prinzen Heinrich und das Potsdamer Alte Rathaus. Der späte Stil des friderizianischen Rokoko fand mit dem Neuen Palais und dem Interieur der Neuen Kammern noch einmal einen grandiosen Höhepunkt, obwohl der Frühklassizismus schon weitgehend den Zeitgeschmack bestimmte, etwa beim zeitgleichen Schloss Wörlitz. Mit den Domtürmen am Gendarmenmarkt zollte auch Friedrich selbst dem neuen Stil noch Tribut, sein Nachfolger sollte dem Klassizismus wenige Jahre später – mit Gontards Marmorpalais – auch in Preußen zum Durchbruch verhelfen; mit Carl Gotthard Langhans, der in Rheinsberg noch im Rokoko-Stil begann, und David Gilly sowie Michael Philipp Boumann fand er dann seine eigene Ausprägung.
Antoine Pesne gehörte zu den bevorzugten Malern, sein Schüler Bernhard Rode schuf Wand- und Deckengemälde, ebenso Carl Friedrich Fechhelm, in der Spätzeit Johann Christoph Frisch. Surintendent des ornements war anfangs der Bildhauer Johann August Nahl, bis zu seiner Flucht 1746. Auch französische Künstler wurden zeitweise beschäftigt, wie Charles-Amédée-Philippe van Loo, Jean Laurent Legeay oder der Berliner Blumen- und Früchtemaler Augustin Dubuisson.
Als Bildhauer wirkten unter anderen Johann Peter Benkert, Johann Mathias Gottlieb Heymüller, Benjamin Giese, Friedrich Christian Glume, die Brüder Johann David Räntz und Johann Lorenz Räntz. Möbel und Türen fertigten die aus Sachsen stammenden Brüder Johann Michael Hoppenhaupt der Ältere und Johann Christian Hoppenhaupt der Jüngere sowie die aus Bayreuth stammenden Brüder Heinrich Wilhelm Spindler und Johann Friedrich Spindler. Bronzen fertigte der Schweizer Johann Melchior Kambly, Stuckarbeiten in der Spätzeit Constantin Philipp Georg Sartori. Eine wichtige Rolle spielten auch die Künstler und Produkte der 1763 gegründeten Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin. An den Kronleuchtern fast aller friderizianischen Schlösser wurden Erzeugnisse des preußischen Glasschleifermeisters Johann Christoph Brockes eingesetzt.
Bilder
- Musikzimmer in Sanssouci
- Jaspissaal der Neuen Kammern
- Saal im „Knobelsdorff-Flügel“ im Schloss Charlottenburg
- Potsdamer Stadtschloss, Marmorsaal
- Marmorgalerie im Neuen Palais
- Unteres Konzertzimmer im Neuen Palais
- Gendarmenmarkt in Berlin: links der Deutsche Dom, mittig das Konzerthaus Berlin und rechts der Französische Dom
Literatur
- Hans-Joachim Giersberg, Hillert Ibbeken: Schloss Sanssouci. Die Sommerresidenz Friedrichs des Großen. Mit Beiträgen von Thomas Blisniewski, Tilo Eggeling, Jürgen Hamel u. a. Nicolai. Berlin 2005, ISBN 3-89479-140-3.
- Friderizianisches Rokoko. In: P.W. Hartmann: Das große Kunstlexikon.
- Samuel Wittwer: KPM gestalten benutzen sammeln. Heft 221. Keramos, 2013, S. 46.