Der Friedhof Finkenriek ist ein städtischer Parkfriedhof auf der Elbinsel Hamburg-Wilhelmsburg.
Lage
Der Friedhof befindet sich im Süden der Elbinsel und grenzt an die Süderelbe. Er wird durch den Finkenrieker Hauptdeich geschützt. Er befindet sich in der Nähe der Autobahnausfahrt A 1, Stillhorn.
Gestaltung
Der Friedhof wurde 1957 eröffnet. Der südliche alte Friedhofs-Teil mit der Kapelle und der nördliche neue Teil sind durch die Straße König-Georg-Deich getrennt. Am Glockenturm der Kapelle erinnert ein Relief aus schwarzem Metall an die Flutopfer. Die Inschrift lautet: „Im Andenken an alle die ihr Leben verloren um andere zu retten – Sturmflut im Februar 1962“ Mit 360 Erd- und Urnenbeisetzungen und 8.500 Grabstellen ist er der größte Friedhof der Elbinsel. Im Norden des neuen Teils, in den Grabfeldern 25–27, befinden sich die muslimischen Grabfelder. Die Gräberfelder des südlichen Teils werden durch eine West-Ost-Allee erschlossen, die Gräberfelder des nördlichen Teils durch eine Süd-Nord-Achse.
Muslimisches Wasch- und Gebetshaus
Der Friedhof wurde 2020 um ein muslimisches Gräberfeld und einem Wasch- und Gebetshaus erweitert, damit Bestattungen nach muslimischem Ritus durchgeführt werden können. Den Neubau hat die muslimische Architektin Medine Altiok (Zürich) entworfen. Sie stimmte sich dabei mit verschiedenen Vertretern und Imamen der muslimischen Gemeinden in Hamburg-Wilhelmsburg ab, um die Anordnung und Ausrichtung der Räume festzulegen.
Die Grabfelder sowie das Wasch- und Gebetshaus sind in Gebetsrichtung nach Mekka ausgerichtet, damit die Betenden nebeneinanderstehen können. Außerdem war Altiok wichtig, dass der Gebetsraum in „alle Richtungen neutral bleiben“ sollte. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Einteilung der Fenster, deren Größe in Abhängigkeit vom Lichteinfall zur Raumproportion gewählt wurde. Das Gebäude verfügt über einen Waschraum für die rituelle Waschung, einen Gebetsraum, zwei Warteräume, zwei Sanitärräume und einen überdachten Bereich mit einem Totenstein für das Verabschiedungsgebet der Toten. Der Ausgang des Warteraums dient somit auch gleichzeitig als Eingang zu diesem Vorplatz. Zwei gleichwertige Eingänge führen in das Gebäude, getrennt für Frauen und Männer. Sie wurden in die Fassade zurückversetzt, um den getreppten Boden deutlicher hervorzuheben. Altiok wollte damit die „zurückhaltende und abstrakte Ornamentik“ betonen. Mit einem Vorhang kann der Gebetsraum in zwei – auch unterschiedlich große – Bereiche geteilt werden, falls eine unterschiedliche Anzahl an Männern und Frauen zur Beerdigung erscheint. Über eine dritte Tür wird der Sarg vom Waschraum zur Musallā gebracht werden.
Prägende gestalterische Elemente des Wasch- und Gebetshauses sind das auskragende Zeltdach und die moderne Umsetzung architektonischer Elemente aus der islamischen Architektur in der Fassade und dem Innenraum. Das helle sandsteinfarbene Mauerwerk bildet durch Vor- und Rücksprünge im Mauerwerksverband umlaufende geometrisch ornamentale Muster auf den Fassaden ab. Altiok ließ sich dabei von Wüstenschlössern inspirieren, deren Boden und Fassade dem Betrachter aus ihrer Sicht wie aus einem Material erscheinen. Um trotz der großzügigen Fenster für einen natürlichen Lichteinfall die Intimität der Nutzung zu gewährleisten, überdeckt das Verblendmauerwerk auf Abstand gemauert auch die Fensteröffnungen, und wirkt als Filter zwischen Innen und Außen.
Als Vorbild für die Architektur des Wasch- und Gebetshauses dienten Maschrabiyyas und geometrische und florale Muster, die in der traditionellen Islamischen Architektur in Moscheen, in Wohnhäusern und in Palästen zum Einsatz kamen. Für eine spezielle Atmosphäre im Innenraum ist in der Decke des Waschraumes und des Gebetsraumes jeweils eine Kuppel eingearbeitet. Die Eindeckung des Daches erfolgte mit Zink, das in den kommenden Jahren nachdunkeln wird.
Für das muslimische Gräberfeld sind drei Ausbaustufen geplant. In der ersten Etappe wurden 104 Grabfelder angelegt. Wenn Bedarf besteht, können weitere 170 und noch einmal 270 neue Grabstellen entstehen. In der ersten Ausbaustufe wird ein ehemaliger Lagerplatz genutzt, auf dem es noch keine Gräber gegeben hat. Bei den weiteren Ausbaustufen würde der Boden bis zu zwei Meter tief ausgetauscht, damit Bestattungen in „unberührter“ Erde möglich werden.
Weblinks
Literatur
- Bartels, Olaf: Muslimisches Wasch- und Gebetshaus auf dem Friedhof Finkenriek. In: Architektur in Hamburg: Jahrbuch 2021/22. Junius Verlag, Hamburg 2021, ISBN 978-3-96060-535-5, S. 62–67
Einzelnachweise
- ↑ Flutopfer-Stiftung von 1962 (Hrsg.): Hilfe, die bis heute wirkt. 50 Jahre Flutopfer-Stiftung von 1962. Broschüre, Hamburg 2012, S. 17
- ↑ Friedhof Finkenriek. In: Freie und Hansestadt Hamburg: Der Friedhofswegweiser, Mammut-Verlag, Leipzig 2008, S. 86–88.
- 1 2 3 Die Architektin Medine Altiok im Interview über das muslimische Wasch- und Gebetshaus auf den Friedhof Finkenriek in Hamburg, veröffentlicht in: FSB Franz Schneider Brakel (Hrsg.): Griff zum Himmel – Handle to heaven, 2021, S. 10–30
Koordinaten: 53° 28′ 31″ N, 10° 0′ 21″ O