Friedrich Paul Ackermann (* 9. Februar 1901 in Danzig; † nach 1977) war ein deutscher Agrarwissenschaftler und Unternehmer.

Leben und Tätigkeit

Friedrich Ackermann war ein Sohn des Danziger Stadtrates und Stettiner Oberbürgermeisters (ab 1907) Friedrich Ackermann und seiner ersten Frau Gertrud Hennig (1880–1905). Nach dem Schulbesuch in Stettin trat er im Juli 1918 als Seekadett in Kaiserliche Marine ein. Friedrich Ackermann studierte Landwirtschaft und wurde 1927 an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg promoviert. Danach war er zunächst als Wirtschaftsberater der Landwirtschaftskammer Stettin tätig. 1928 wechselte er als Hilfsreferent des Direktoriums an die Preußische Zentralgenossenschaftskasse, wo er 1929 einer der Direktoren wurde. Präsident der „Preußenkasse“ war Otto Klepper (parteilos).

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme übernahm Friedrich Ackermann Funktionen bei den Hauptvereinigungen der Deutschen Viehwirtschaft und der Deutschen Milch- und Fettwirtschaft im Reichsnährstand. Er wurde Stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates und 1937 Geschäftsführer der Hauptvereinigung der deutschen Getreide- und Futtermittelwirtschaft im Reichsnährstand. Friedrich Ackermann gehörte als Funktionär der NS-Agrarverwaltung, die von „Reichsbauernführer“ Walther Darré geleitet wurde, der SS an.

Während des Zweiten Weltkriegs war Ackermann 1941 Kriegsverwaltungsabteilungschef (KVACh) der Chefgruppe für Ernährung und Landwirtschaft bei der Wirtschaftsinspektion Süd („Baden“) im Bereich der Heeresgruppe Süd und 1942 zugleich Leiter der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft in der Hauptabteilung III beim Reichskommissar für die Ukraine in Riwne (Równe). Unmittelbar nach der Eroberung von Kiew untersagte er, Lebensmittel in die Stadt zu schaffen. Gegen Ende des Krieges wurde Friedrich Ackermann von NSDAP-Gauleiter Erich Koch (der 1941 bis 1944 auch Reichskommissar des Reichskommissariats Ukraine war) als faktischer Nachfolger von Landesbauernführer Erich Spickschen beauftragt, „alle Versorgungsfragen“ zu regeln, „die durch die Kriegsführung an der ostpreußischen Grenze und auf ostpreußischem Boden entstanden sind“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Friedrich Ackermann ab 1946 als Geschäftsführer bei der Vereinigung Nord- und Westdeutscher Handelsmühlen tätig, die sich 1948 in Arbeitsgemeinschaft Deutscher Handelsmühlen umbenannte, heute: Verband Deutscher Mühlen. Von 1955 bis 1971 war er dort auch Mitglied des Vorstands. Im Entnazifizierungsverfahren gegen seinen früheren Vorgesetzten Hans-Joachim Riecke (NSDAP, MdR, Staatssekretär, SS-Gruppenführer) vermittelte Ackermann den ehemaligen preußischen Finanzminister Otto Klepper als renommierten Verteidiger und sorgte durch Kautionszahlung und Fürsprache für die im März 1949 erfolgte Haftentlassung Rieckes. Im Oktober 1948 wurde Friedrich Ackermann in den Vorstand der – von Klepper in Frankfurt am Main mitgegründeten – Wirtschaftspolitischen Gesellschaft von 1947 e. V. gewählt, da er als Agrarexperte galt, der bereits vor dem Krieg für das Institut für landwirtschaftliche Marktforschung gearbeitet hatte. Im Aufsichtsrat der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft vertrat Ackermann den Bereich der pflanzlichen Erzeugnisse. Er war Vorsitzender der Vereinigung Marktwirtschaftliche Getreideforschung e. V. (heute: Vereinigung Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung GmbH (GMF)) in Bonn-Bad Godesberg.

Nach der von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Handelsmühlen unterstützen Verabschiedung des Gesetzes über die Errichtung, Inbetriebnahme, Verlegung, Erweiterung und Finanzierung der Stillegung von Mühlen (Mühlengesetz) vom 27. Juni 1957 erfolgte ein Konzentrationsprozess auf industrielle Großmühlen, der durch Stilllegungsprämien befördert wurde. 1969 erteilte das Bundeskabinett auf Ersuchen des Landgerichts Köln dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard eine Aussagegenehmigung gemäß § 6 Absatz 2 des Bundesministergesetzes im Rechtsstreit der Firma Getreidemühle Büttner & Co., Gräfelfing, gegen den Kartell-Vertreter Friedrich Ackermann. Es ging dabei um die Frage, ob das Mühlen-Kartell im November 1955 nur unter einer Auflage der Belieferung zu Vorzugspreisen zugunsten der heimatvertriebenen sogenannten „Ostmüller“ genehmigt worden war. Erhard und Ackermann hatten mehrere Jahre gemeinsam dem Vorstand der Wirtschaftspolitischen Gesellschaft von 1947 e. V. angehört.

Veröffentlichungen

  • Untersuchung über die Entwicklung der Lohnaufwendungen von 1913/14 bis 1924/25 in pommerschen Grossbetrieben und ihre wirtschaftliche Bedeutung. (diss. rer. nat. Halle). Thiele, Halle 1927 (Google-Books; eingeschränkte Vorschau)
  • Hans Ludwig Fensch, Friedrich Ackermann, Theodor Brinkmann, Emil Woermann: Die Rentabilität der deutschen Landwirtschaft. In: Fritz Beckmann u. a. (Hrsg.): Deutsche Agrarpolitik im Rahmen der inneren und äußeren Wirtschaftspolitik, Bd. I. Die Lage der deutschen Landwirtschaft und die Gestaltung der agrarpolitischen Einzelmaßnahmen. (Veröffentlichungen der Friedrich-List-Gesellschaft 5). R. Hobbing, Berlin 1932, S. 379–405 (Google-Books; eingeschränkte Vorschau)
  • Leid und Freud der Handelsmühlen. In: Ernährungsdienst 12,148 (1957), S. 8f
  • Startschuß für EWG-Mühlensanierung? In: Ernährungsdienst 22,62 (1967), S. 1
  • Preisstörungen durch französisches Mehl? Besorgnisse der Handelsmühlen in Rheinland-Pfalz. In: Ernährungsdienst 22,68 (1967), S. 1

Literatur

  • Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Handelsmühlen (1954) – (1971). Bonn 1955–1972
  • Wer ist wer? Band 18, 1974, S. 2.
  • Astrid von Pufendorf: Otto Klepper (1888–1957). Deutscher Patriot und Weltbürger. (Studien zur Zeitgeschichte 54). Oldenbourg, München 1997 (Online-Ausgabe 2009; Open Access bei De Gruyter)
    • (Reprint) Otto Klepper – ein Mensch zwischen den Zeiten. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main 2015

Einzelnachweise

  1. Gerhard Schulz: Zwischen Demokratie und Diktatur, Bd. III Von Brüning zu Hitler. Walter de Gruyter, Berlin 1992, S. 33 Am. 54.
  2. Akte Ackermann, Friedrich, Dr., geb. 9.2.1901 in Danzig; Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (R 16 Reichsnährstand, Nr. 16004); Biographie von Friedrich Ackermann beim Bundesarchiv.
  3. Wilhelm Herferth: Der faschistische „Reichsnährstand“. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 10 (1962), S. 1046–1076, bes. S. 1066 (Google-Books; eingeschränkte Vorschau); Akten Hauptvereinigung der deutschen Getreide- und Futtermittelwirtschaft, 1934–1957; Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (R 17-VI; vom Abwickler des Reichsnährstandes (Oberfinanzdirektion Berlin) 1973 in das Bundesarchiv gelangt).
  4. Akten Ackermann, Friedrich, Dr., geb. 9.2.1901 in Danzig; Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (Sammlung Berlin Document Center, R 9361-III Personenbezogene Unterlagen der SS und SA, Nr. 348, und Personalakte, Nr. 514054).
  5. 1 2 Dokument 90 vom 2. Oktober 1941 (Anordnung Ackermanns vom 30. September 1941). In: Bert Hoppe, Hildrun Glass (Bearb.): Sowjetunion mit annektierten Gebieten I. Besetzte sowjetische Gebiete unter deutscher Militärverwaltung, Baltikum und Transnistrien. Oldenbourg, München 2011, S. 306 (Google-Books).
  6. Klaus Jochen Arnold: Die Eroberung und Behandlung der Stadt Kiew durch die Wehrmacht im September 1941. Zur Radikalisierung der Besatzungspolitik. In: Militärgeschichtliche Mitteilungen 58 (1999), S. 23–63, bes. S. 37 (www.degruyter.com); hier etwas ungenau: „KVA“ = „Kriegsverwaltungs-Assessor“.
  7. Christian Gerlach: Die deutsche Agrarreform und die Bevölkerungspolitik in den besetzten sowjetischen Gebieten. In: Christoph Dieckmann (Hrsg.): Besatzung und Bündnis. Deutsche Herrschaftsstrategien in Ost- und Südosteuropa. Schwarze Risse, Berlin 1995, S. 9–60, bes. S. 16 und 45.
  8. Karel C. Berkhoff: Harvest of Despair. Life and Death in Ukraine under Nazi Rule. Harvard University Press, Cambridge (Massachusetts) 2004, S. 354 und 381 (Google-Books).
  9. Wochenblatt der Landesbauernschaft Ostpreußen. Amtliches Organ des Reichsnährstandes und der angegliederten Verbände und Vereine, Jg. 38, vom 13. Januar 1945 nach Christian Rohrer: Landesbauernführer, Bd. I. Landesbauernführer im nationalsozialistischen Ostpreußen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017, S. 73 (Google-Books; eingeschränkte Vorschau).
  10. Rieske war u. a. Chef der Hauptgruppe Ernährung und Landwirtschaft im Wirtschaftsstab Ost, dem die Wirtschaftsinspektion Süd als Unter-Organisation zugeordnet war.
  11. Friedrich Ackermann: Eidesstattliche Erklärung vom 11. Juni 1948. In: Entnazifizierungsakte Hans-Joachim Riecke; Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (Abt. 520/05 Spruchkammer Darmstadt Zentral, Nr. 519480).
  12. Nachlass Hans-Joachim Riecke, „Erinnerungen“, o. D. [1962]; Bundesarchiv Koblenz (N 1774/1); Wigbert Benz: Hans-Joachim Riecke, NS-Staatssekretär. Vom Hungerplaner vor, zum „Welternährer“ nach 1945. wvb, Berlin 2014.
  13. Astrid von Pufendorf: Otto Klepper (1888–1957). Deutscher Patriot und Weltbürger. Oldenbourg, München 1997, S. 239.
  14. Stand: 1. Januar 1976; G. C. de Graaff, J. J. de Vlieger: Verticale coördinatie in de West-Duitse Landbouw. Landbouw Economisch Instituut, Den Haag 1978, S. 31.
  15. Die Bundesrepublik Deutschland. Staatshandbuch, Teilausgabe Bund (II). Carl Heymanns, Köln 1977, S. 467.
  16. Zulässiges Kartell gemäß § 36 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. Juli 1957.
  17. Der Bundeswirtschaftsminister hatte im November 1955 dem Antrag der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Handelsmühlen vom 2. November 1955 auf Genehmigung einer Konvention in der Mühlenindustrie „vorläufig“ entsprochen, durch die Überkapazität im Mühlengewerbe eingedämmt werden sollte.
  18. Kabinett Kiesinger, 171. Kabinettssitzung am 25. Juni 1969; Walter Naasner, Christoph Seemann (Bearb.): Die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung, Bd. 22 1969. R. Oldenbourg, München 2012 (online des Bundesarchivs).
  19. Hans Ludwig Fensch (* 1894; † nach 1946), Volkswirt, Leiter der Betriebsstelle des Deutschen Landwirtschaftsrates in Berlin, bis 2. September 1946 Leiter der statistischen Abteilung des Länderrats der Amerikanischen Besatzungszone in Stuttgart.
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