Gänse

Graugans (Anser anser)

Systematik
Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata)
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes)
Familie: Entenvögel (Anatidae)
Unterfamilie: Gänse
Wissenschaftlicher Name
Anserinae
Vigors, 1825

Die Gänse (Anserinae) sind in der biologischen Systematik der Vögel eine Unterfamilie der Entenvögel.

Name

Die Bezeichnung Gans für diese Vogelgruppe ist relativ alt. Bereits im Althochdeutschen wie im Mittelhochdeutschen wurde der Begriff gans verwendet. Vergleichende Analysen mit anderen indogermanischen Sprachen legen nahe, dass sowohl die deutsche Bezeichnung gans als auch die lateinische Bezeichnung anser, die heute die Gattungsbezeichnung für die Feldgänse ist, sich aus dem Laut der fauchenden Gänse ableitet.

In der deutschen Sprache gibt es für die männliche Gans die Bezeichnungen Gänserich, Ganser, Ganterich oder Ganter und für die junge Gans bzw. das Gänseküken Gänsel oder Gössel (ausführlicher siehe Benennung der Hausgans und Bezeichnungen für Haus- und Wildtiere).

Verbreitung

In Mitteleuropa ist vor allem die Graugans (Anser anser) heimisch, aus der sich durch Domestizierung die Hausgänse entwickelt haben. Die ursprünglich nicht einheimische Kanadagans (Branta canadensis) hat sich als Neozoon eingebürgert und brütet mittlerweile auch regelmäßig hier. Der Höckerschwan (Cygnus olor) war ursprünglich nicht in Mitteleuropa heimisch und wurde erst im 16. Jahrhundert als Parkvogel eingebürgert.

In Ostasien wurde die Schwanengans (Anser cygnoides) domestiziert, die aus ihr hervorgegangene Zuchtform heißt Höckergans. Mittlerweile wurde sie mit europäischen Hausgansrassen gekreuzt.

Der Verbreitungsschwerpunkt der Gänse liegt in der Arktis, wo die meisten Arten brüten. In der Biozönose der Arktis und Subarktis spielen Gänse als Hauptverbraucher pflanzlicher Nahrung eine wichtige Rolle. Sie bewirken sogar eine Veränderung der Pflanzengesellschaft und der Oberflächenstruktur. Ihre Winterquartiere liegen in der gemäßigten Zone, so dass sie auf dem Zug große Entfernungen überbrücken. Das regionale Zug- und Rastgeschehen variiert in Abhängigkeit vom Witterungsverlauf im Winterhalbjahr. Auch die Verfügbarkeit geeigneter und störungsarmer Schlafplätze sowie das Nahrungsangebot im Umfeld der Schlafplätze hat Einfluss darauf, ob und in wie großer Zahl sich Gänse in einem Gebiet aufhalten. Zu den auffälligen Verhaltensweisen an den Rast- und Überwinterungsplätzen gehört eine ausgeprägte Tagesrhythmik. Die rastenden und überwinternden Gänse übernachten gemeinschaftlich auf einem bestimmten Gewässer und suchen ihre Nahrung in unterschiedlich großen Trupps auf Flächen in der Umgebung des Schlafgewässers. Gänse nutzen dabei Nahrungsflächen, die zwischen fünf und 10 Kilometer vom Schlafgewässer entfernt sind. Während des Herbstzuges suchen Gänse jedoch auch deutlich weiter entfernte Nahrungsflächen auf und finden sich zum Beispiel auf abgeernteten Mais- und Zuckerrübenäckern, die bis zu 30 Kilometer vom Schlafplatz entfernt liegen. Den Schlafplatz verlassen die Gänse, sobald eine bestimmte Helligkeit erreicht ist. Bei Nebel und Regen kann sich daher der morgendliche Abflug verzögern.

Neben diesen hochnordischen Arten gibt es allerdings auch tropische und auf der Südhalbkugel lebende Arten, zum Beispiel die Hawaii-Gans und den Trauerschwan.

Archäologischen Funden von mehr als 200 Gänseknochen der Gattung Anser aus einer prähistorischen Siedlung von Reisbauern in China, deren Fundumstände eine Domestikation der Gänse nahelegen, wird ein Alter von rund 7000 Jahren (7150 bis 6670 Jahre cal BP) zugeschrieben. Demnach sind diese Funde rund 2000 Jahre älter als die ältesten Belege für die Domestikation von Hühnern.

Lebensweise

Verglichen mit vielen Enten haben Gänse einen geringen bis überhaupt keinen Geschlechtsdimorphismus. Sie sind meistens größer und langhalsiger als Enten. Die Nahrung der Gänse ist meistens pflanzlich. Schwäne ernähren sich für gewöhnlich, indem sie den Gewässergrund nach Wasserpflanzen absuchen, während Echte Gänse Gräser und Samen auf dem Land fressen. Die Jungen der echten Gänse sind hingegen Insektenfresser.

Gänse sind lebenslang monogam. Bei Schwänen und der Hühnergans ist auch das Männchen für den Nestbau zuständig, bei den Echten Gänsen übernimmt diese Aufgabe ebenso wie das Brüten allein das Weibchen. Der Trauerschwan ist die einzige Gans, bei der sich das Männchen auch am Brutgeschäft beteiligt und sogar einen Brutfleck hat.

Systematik

Während allgemeinsprachlich oft jeder langhalsige Entenvogel als Gans bezeichnet wird, zählen biologisch die urtümliche Merkmale aufweisenden Pfeifgänse und die Spaltfußgans sowie die zwischen Gänsen und Enten stehenden Halbgänse nicht in diese Gruppe. Hingegen sind die Schwäne eindeutig Vertreter der Gänse.

Zur Unterfamilie Gänse (Anserinae) der Entenvögel (Anatidae) kann neben den Echten Gänsen und den Schwänen noch die abweichende Hühnergans als dritte rezente, monotypische Tribus gestellt werden. Die Echten Gänse lassen sich noch einmal in Feldgänse und Meergänse unterteilen. Erstere haben eine graubraune Grundfarbe, letztere sind meistens schwarz und weiß gemustert. Außerdem sind vielleicht die ausgestorbenen Moa-Nalos der Hawaii-Inseln Vertreter der Gänse.

Folgende rezente Arten zählen zur Unterfamilie der Gänse:

Die Gans in der Literatur

Gänsegurgel

Die von der Luftröhre der Gänse abgeleitete Bezeichnung Gänsegurgel hat verschiedene Bedeutungen.

Literatur

  • Janet Kear (Hrsg.): Ducks, Geese and Swans. Oxford University Press, Oxford 2005, ISBN 0-19-854645-9.
  • Josep del Hoyo (Hrsg.) u. a.: Ostrich to Ducks. Lynx Edicions, Barcelona 1992, ISBN 84-87334-10-5. (Handbook of the Birds of the World 1).
  • Sawwa Michailowitsch Uspenski: Die Wildgänse Nordeurasiens. Westarp Wissenschaften-Verlagsgesellschaft, Hohenwarsleben 2003, Nachdruck der 1. Auflage von 1965, ISBN 3-89432-756-1.
Commons: Gänse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Gans – Zitate
Wiktionary: Gans – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas – Bedeutung der deutschen und wissenschaftlichen Namen, Aula-Verlag, Wiebelsheim 2007, ISBN 978-3-89104-709-5, S. 79
  2. Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Wildlebende Gänse und Schwäne in Sachsen – Vorkommen, Verhalten und Management, Dresden 2006, Veröffentlichung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie, S. 23.
  3. Masaki Eda et al.: Multiple lines of evidence of early goose domestication in a 7,000-y-old rice cultivation village in the lower Yangtze River, China. In: PNAS. Band 119, Nr. 12, 2022, e2117064119, doi:10.1073/pnas.2117064119.
    Geese may have been the first birds to be domesticated 7000 years ago. Auf: newscientist.com vom 7. März 2022.
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