Die Familie von Görschen ist ein altes mitteldeutsches Adelsgeschlecht, dessen Ursprünge bis in das 12. Jahrhundert zurückgehen. Der Familienname leitet sich von ihrem ersten Stammsitz, der Burgwardfestung oppida goresin (Görschenburg/Görschenfestung), später Großgörschen, in der Gemeinde Lützen ab. Die Siedlung wurde bereits im Jahre 998 von Bischof Thietmar von Merseburg erwähnt, wobei der Name selbst altsorbischen Ursprungs ist und etwa so viel wie „feucht“ bedeutet.
Namensvariationen sind de Goresin, de Gorsne, de Gorssen und ab etwa dem 16. Jahrhundert durchweg von Goerschen.
Geschichte
Die Ursprünge der Familie liegen im Dunkeln und es waren wohl zunächst fränkische Edelfreie, die vor dem 12. Jahrhundert den Weg in das Gebiet des Bistums Merseburg fanden, wo sie mit amtlichen Aufgaben als Herren der Burgwardbezirke betraut wurden. Erster bekannter Vertreter des Geschlechts war Conradus de Gorsne, welcher am 22. Juni 1186 als „Zeuge“ auftrat. Die Stammreihe beginnt am 12. Juni 1271 mit miles nobilis vir Petrus de Görsene, der den Erwähnungen nach bereits zu den einflussreichen Bürgern zählte. Im Laufe der nächsten Generationen verteilten sich die Nachkommen als Rittergutsbesitzer und/oder Lehnsherren vor allem auf die Orte Großgörschen (13. Jh. bis 1736), Kleingörschen (12. Jh. bis 1784), Kleineichstädt (16. Jh. bis 1686), Meuchen (16. Jh. bis 1736), Wildschütz (1630 bis 1745), Auligk bei Groitzsch (1639 bis 1928) und Merkwitz (1840 bis 1970), und hatte ihre erfolgreichste Zeit vom 18. bis ins 20. Jahrhundert. Ferner zählt die Familie durch Lorenz von Görschen, Kaiserlicher Rat und Herr auf Groß-Görschen, durch die Heirat seiner Tochter Eva mit Erasmus von Bothfeld, Herr auf Burgwerben, zu den Urahnen einiger europäischer Königs- und Fürstenhäuser.
Ab Georg Christoph von Görschen (1707–1748), Captain im Schwarzburgischen Regiment unter Johann Adolph von Diepenbroick, entwickelten sich drei weitere Hauptlinien, wobei die erste im Gebiet um Auligk mit Sitz auf dem dortigen Rittergut bis Anfang des Ersten Weltkrieges geblieben ist. Einige Nachkommen aus dieser Linie siedelten sich später zum einen im Raum Fürstenwalde und zum anderen in New York an. Eine zweite Linie bildete sich über Georg Christophs Sohn und königlich sächsischen Oberforstmeister Otto Heinrich von Görschen (1746–1833), dessen Sohn Karl Heinrich von Görschen (1784–1860) sich berufsbedingt im deutsch-holländischen Grenzgebiet bei Aachen niederließ und dort zum Stammvater der Aachener Görschen wurde. Die dritte Linie zog über Groß Gaglow in den Raum Neuruppin und bekleidete über fünf Generationen hinweg hohe Offiziersränge. Als evangelisch geprägte Familie waren darüber hinaus noch viele Familienangehörige Ehrenritter oder Konventsmitglieder des Johanniterordens.
Die Familie von Görschen war mit anderen Adelsfamilien wie beispielsweise von Horn, von Massow, von Rockhausen, von der Mosel und anderen verschwägert. In heutiger Zeit ist die Familie weitestgehend erloschen.
Bedeutende Familienmitglieder
- Ottilie von Gersen/Görschen (* vor 1505; † nach 1525) war eine deutsche Nonne und die Ehefrau des Reformators Thomas Müntzer.
- Karl Friedrich Alexander Freiherr von Görschen (* 1738; † 1818); Generalmajor in der kaiserlichen Armee der Habsburgermonarchie.
- Karl Heinrich von Görschen (* 1784; † 1860); preußischer Geheim- und Oberregierungsrat in Aachen, Herr auf Schloss Vaalsbroek und Besitzer der Vaalsbroeker Mühle, Stammvater der Aachener Linie von Görschen,
- Otto (Friedrich Ferdinand) von Görschen (* 1824; † 1875), preußischer Oberstleutnant im Infanterie-Regiment 24; Neuruppin
- Robert (Oskar Julius) von Görschen (* 1829; † 1914), Landgerichtsassessor; Justitiar und Verwaltungsratsvorsitzender der Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft (Vorläufer der AachenMünchener VersicherungsAG); Initiator des Aachener Bismarckturms und des Einhard-Gymnasiums in Aachen; Aufsichtsratsvorsitzender des Eschweiler Bergwerksvereins
- Robert (Walter Ernst Richard) von Görschen (* 1864; † 1936); Regierungsvizepräsident in Aachen; Aufsichtsratsvorsitzender der Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft; Ehrensenator und Ehrenbürger der RWTH Aachen; Rechtsritter des Johanniterordens
- Bruno Hans Otto Friedrich von Görschen (* 1865; † 1939), Justitiar der Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft; Aufsichtsratsvorsitzender bei der Aachener Rückversicherungsgesellschaft und beim Eschweiler Bergwerksverein; Rechtsritter des Johanniterordens
- Hans Wolf Karl Robert von Görschen (* 1894; † 1945), Bankier und Geschäftsmann in Köln und Rotterdam, Ehrensenator der Universität Greifswald, Rechtsritter des Johanniterordens. Er wurde als Widerstandskämpfer des Kreisauer Kreises in Den Haag am 5. Dezember 1944 festgenommen und im April 1945 in Deutschland hingerichtet.
- Franz Friedrich Heinrich Otto Wilhelm v. Görschen, Kgl. Preuß. Rittmeister, Stammvater des Fürstenwalder Zweigs
- Otto (Friedrich Ferdinand) von Görschen
- Otto Heinrich von Görschen, Oberforstmeister in Dessau und Vater von Karl Heinrich von Görschen sowie Louise von Görschen, der Ehefrau von Friedrich von Raumer
- Karl Heinrich von Görschen, Gemälde von Johann Baptist Joseph Bastiné, Stammvater des Aachener Zweigs
- Robert (Oskar Julius) von Görschen
- Robert (Walter Ernst Richard) von Görschen
Wappen
Auf blauem Schild ein schräg gestellter goldener Schlüssel mit nach oben abwärts gewendetem Bart. Auf dem Helm ein aufgerichteter Schlüssel zwischen zwei bis sechs schwarzen Hahnenfedern. Mehrere Variationen der Farben des Schlüssels und des Schildes sind in verschiedenen Quellen zu finden.
Literatur
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser Teil A, Jhrg. 26, Justus Perthes, Gotha 1926, S. 218 ff. (Stammreihe); Fortsetzung: 1931, S. 156 f.
- Hans-Thorald Michaelis und Dieter Gilles: Die mitteldeutsche Adelsfamilie von Görschen. Geschichte und Genealogie. In: Herold-Jahrbuch, Neue Folge, Band 27 (2022), Berlin 2023, S. 105–162.
Quellen
- Archiv des Hans-Thorald Michaelis
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Nachkommen Lorenz von Goerschen
- ↑ Gersen ist hier möglicherweise eine andere Schreibweise für Görschen. Vgl. Manfred Bensing: Thomas Müntzer. 4. Aufl. Bibliographisches Institut, Leipzig 1989, S. 49; Thomas-Müntzer-Ausgabe: Briefwechsel, hrsg. Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Evangelische Verlagsanstalt, 15. August 2011, S. 558; Berent Schwineköper (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 11: Provinz Sachsen Anhalt (= Kröners Taschenausgabe. Band 314). Kröner, Stuttgart 1975, ISBN 3-520-31401-0, S. 579; Kleine Schriften zur Reformationsgeschichte (1842–1880): Thomas Müntzer und der Bauernkrieg (1842–1878), Böhlau-Verlag, 1990, S. 325; Neue Mitteilungen aus dem Gebiete historisch-antiquarischer Forschungen, Bd. XIV (1878), Nr. 2, S. 405
- ↑ Hans Wolf von Görschen – Eintrag im Britischen Nationalarchiv