Die Gastraphetes (von griechisch γαστραφέτης ‚Bauch-Schleuderer‘) war eine griechische Infanteriewaffe. Sie zählt zu den antiken Vorläufern der späteren Armbrust.
Beschreibung und Verwendung
Von Aussehen und Handhabung der Gastraphetes wissen wir, da der griechische Ingenieur Heron von Alexandria im 3. Jh. v. Chr. einen detaillierten Plan der Waffe aufzeichnete, der bis heute erhalten blieb. Diese Waffe war die erste historisch belegte armbrustähnliche Handwaffe außerhalb des antiken Chinas. Es war ein Kompositbogen, der auf einem Holzschaft montiert war. Im Gegensatz zur späteren Armbrust hatte der Schaft der Gastraphetes allerdings eine weitere längs bewegliche Holzschiene. Der Bogen und der gebogene hintere Holzteil war am unteren Teil des Schafts angebracht, während die bewegliche obere Schiene zum Spannen diente. Dafür schob man sie nach vorne und hängte die Sehne ein. Dann stellte man das vorne herausragende Ende der Schiene auf den Boden und legte die hintere Stütze an den Oberkörper. Der Schütze konnte nun durch Druck nach Unten die Holzschiene zurückschieben, bis sie mit der Sehne in einem Haltemechanismus einrastete. Jetzt konnte ein Pfeil eingelegt und der Schuss ausgelöst werden. Durch die Spanntechnik und den Haltemechanismus konnte wesentlich mehr Kraft zum Spannen der Gastraphetes eingesetzt werden, als es bei Bogenschützen der Fall war. Daher waren höhere Reichweiten und eine größere Durchschlagskraft möglich.
Es gibt auch Berichte antiker Schriftsteller, die von Gastraphetes berichten, die zwei Pfeile auf einmal abschießen konnten. Dafür waren dann in der oberen Schiene zwei Vertiefungen für die Pfeile eingelassen. Die Gastraphetes erforderte nach Ansicht einiger Autoren aufgrund ihrer Größe allerdings eine stützende Vorrichtung, z. B. einen in der Erde steckenden Pfahl.
Außerdem war die Waffe aufgrund des komplexen Mechanismus sowohl deutlich aufwendiger in der Herstellung als auch erheblich schwerer als herkömmliche Bögen. Daher hat es als Infanteriewaffe wohl keine große Verbreitung gefunden.
Geschichte
Die Gastraphetes wurde im 4. Jh. v. Chr. in Griechenland erfunden. Wegen der oben genannten Gründe war sie in der Antike allerdings nie sonderlich von Bedeutung. Sie wurde manchmal auch in der römischen Armee verwendet, aber nur bei Verteidigungen von Lagern; v. a. wenn man auf den Feind warten musste, hatte die Gastraphetes den Vorteil, zum Spannunghalten keine weitere Kraft zu benötigen. Wichtig wurde die tragbare Armbrust erst nach dem Fall des Weströmischen Reiches: Man führte in den oströmischen Streitkräften ein verbessertes (und leichteres) Modell der Gastraphetes ein. Die Armbrust als solche wurde im Mittelalter beliebt und auch in Byzanz oft verwendet.
Literatur
- Peter Connolly: Die Griechischen Armeen. Tesslofverlag, Hamburg 1981, ISBN 3-7886-0181-7.
- Astrid Schürmann: Griechische Mechanik und antike Gesellschaft. Studien zur staatlichen Förderung einer technischen Wissenschaft. Verlag Steiner, Stuttgart 1991, ISBN 3-515-05853-2 (Boethius 27).