Das 1936 bis 1937 errichtete Theodor-Fliedner-Heim wurde von Otto Risse im Stil der Heimatschutzarchitektur entworfen. Es befindet sich in der Schrobsdorffstraße 35/36 im Berliner Ortsteil Mahlsdorf des Bezirks Marzahn-Hellersdorf. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude ist eine von drei Kirchen der evangelischen Kirchengemeinde Mahlsdorf.

Geschichte

Die Dorfkirche in der Ortsmitte war von der Eigenheimsiedlung Mahlsdorf-Süd, die in den 1920er und 1930er Jahren stark angewachsen war, weit entfernt. Um den dortigen Einwohnern die Teilnahme am kirchlichen Leben zu ermöglichen, wurde beschlossen, vor Ort ein kleines Gemeindezentrum zu errichten. Der Verband der evangelischen Gemeinden Berlins als Bauherr beauftragte Otto Risse, von dem bereits mehrere evangelische Gemeindeheime in Berlin stammten, mit dem Entwurf. Im Unterschied zur Kirche, die häufig nur am Sonntag geöffnet war, sollte das Gemeindezentrum auch im Alltag genutzt werden. Das Gemeindezentrum wurde später nach Theodor Fliedner benannt, dem Gründer des ersten Diakonissenhauses. Das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Gebäude wurde in den 1950er Jahren wiederhergestellt und umgebaut.

Baubeschreibung

Das Gemeindezentrum weicht vom traditionellen Bild einer Kirche ab. Es besteht aus einem Gebäudekomplex, dessen zwei niedrige Gebäudetrakte, eine Saalkirche und ein Wohngebäude, im rechten Winkel zueinander angeordnet sind. Im Innenwinkel, wo die beiden Gebäudeflügel zusammentreffen, steht ein offener zweigeschossiger Glockenturm auf quadratischem Grundriss. Mit der geringen Traufhöhe und den Satteldächern passt sich das Gemeindezentrum der städtebaulichen Entwicklung an. Um Baukosten zu sparen, wurden die Außenwände des Mauerwerksbaus nicht verputzt. Die äußeren Ecken des Gebäudes sind aus Feldsteinen gemauert. Der Kirchsaal hat große Stichbogenfenster. Der Eingang befindet sich in den offen gestalteten zwei Seiten des Erdgeschosses des Glockenturms. Das Geschoss mit dem Glockenstuhl ist nach allen Seiten spitzbogig geöffnet. Bekrönt wird der Turm mit einem achteckigen eingezogenen Turmhelm. Der für 200 Personen ausgelegte Kirchenraum hat ein flach gewölbtes Tonnendach. Links und rechts des Altarbereichs befindet sich die Sakristei mit zwei Räumen. Der Altar, das Lesepult und das Taufbecken hat Otto Risse ebenfalls entworfen. Die Orgel von 2012 ist rückwärtig ebenerdig aufgestellt.

Orgel

Die erste, nach dem Multiplexsystem funktionierende Orgel wurde 2012 abgebaut. Die neue, angelehnt an italienische Orgeln, mit zwei Manualen, Pedal und 17 Registern stammt aus der Werkstatt von Orgelbau Rühle. 2020 wurde die noch fehlende Pedaltrompete ergänzt und das Instrument technisch überarbeitet. Es ist wie folgt disponiert:

I Hauptwerk C–c4
1.Principalino8′
2.Voce umana8′
3.Bordone8′
4.Ottava4′
5.Quinta3′
6.Principalino2′
7.Quintina112
II Schwellwerk C–c4
8.Viola die Gamba8′
9.Flauto a camino8′
10.Flauto traverso4′
11.Nasardo8′
12.Flautino2′
13.Terza di Nasardo135
14.Trombone B/D16′
Tremulant
Pedal C–f1
15.Contrabassi16′
16.Bassi8′
17.Tromba8′
  • Koppeln: II/I, Super I/I, I/P, II/P

Glocken

Von 1937 bis 1942 hingen zwei Bronzeglocken im Turm. Diese mussten aber, wie auch andere Glocken, für den Zweiten Weltkrieg abgegeben werden und wurden eingeschmolzen. Im Jahr 1951 wurden zwei neue Eisenhartgussglocken in der Glockengießerei in Apolda gegossen. Doch da die Lebensdauer von Eisenhartgussglocken nicht so lange wie bei Bronzeglocken ist, wurden diese im Jahr 2019 durch zwei Bronzeglocken der Firma Petit & Gebr. Edelbrock ersetzt.

Nr. Name Schlagton Gewicht

(kg)

Durchmesser

(mm)

Gießer, Gussort Gussjahr Inschrift
1 Rufglocke h1 307 810 Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher 2019 DIE WELT STEHT DURCH GOTTES WORT UND DER CHRISTEN GEBET
2 Betglocke d2 174 670 Petit & Gebr. Edelbrock, Gescher 2019 KOMMT ZU CHRISTUS ALS LEBENDIGE STEINE ERBAUT EUCH ZUM GEISTLICHEN HAUSE

Literatur

  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band Berlin. München/Berlin 2006, S. 340.
  • Matthias Donath: Architektur in Berlin 1933–1945: Ein Stadtführer. Berlin 2004.
  • Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin: Berlin und seine Bauten. Teil 6: Sakralbauten. Ernst, Berlin u. a. 1997, ISBN 3-433-01016-1.
  • Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 266 f.
  • Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. C.Z.V.-Verlag, Berlin 1978, ISBN 3-7674-0158-4.

Siehe auch

Commons: Gemeindeheim Theodor Fliedner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Informationen zur Orgel auf Organ index. Abgerufen am 26. Oktober 2022.
  2. Berlin-Mahlsdorf - Theodor-Fliedner-Heim: Glocken. Abgerufen am 11. April 2023 (deutsch).

Koordinaten: 52° 29′ 3,1″ N, 13° 36′ 19,5″ O

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