Georg Ernst Levin (seit 1794 Reichsgraf) von Wintzingerode (* 27. November 1752 in Walsrode; † 24. Oktober 1834 in Stuttgart) war ein württembergischer Staatsminister, Erb- und Gerichtsherr zu Bodenstein im Eichsfeld.
Herkunft und Jugend
Wintzingerode war der Sohn des 1758 gefallenen hannoverschen Offiziers Achaz Philipp von Wintzingerode-Bodenstein (1722–1758). Seine Mutter Marie Eleonore, geb. von Wintzingerode-Adelsborn (1733–1780), war Oberhofmeisterin am hessischen Hof in Kassel, wo er 1768 in den Dienst Landgraf Friedrichs II. eintrat. Sein Großvater war der Kurmainzer Generalmajor Wasmuth Levin von Wintzingerode.
Philippine von Hessen-Kassel
Bei dessen Tod 1785 war er Kammerherr und Rittmeister. 1786 wurde er zum Oberhofmeister der Landgräfinwitwe Philippine von Hessen-Kassel (1745–1800), geb. Prinzessin von Brandenburg-Schwedt berufen. Auf deren Betreiben wurde er 1794 in den Reichsgrafenstand erhoben und heiratete die Landgräfin in zweiter Ehe. 1800 wurde er ihr Alleinerbe. Er hatte mit ihr einen illegitimen Sohn Georg Philippson (* 1. März 1777; † 8. Oktober 1834)
Württembergischer Staatsmann
1801 berief ihn sein Freund, Herzog Friedrich von Württemberg, ein Neffe seiner zweiten Frau, zum Präsidenten des Geheimen Rats und Minister des Auswärtigen. Im Reichsdeputationshauptschluss 1803 erhielt Württemberg große Gebiete im Zuge der Säkularisation und Mediatisierung als Entschädigung für seine verlorenen linksrheinischen Besitzungen. 1805 riet er dem jetzigen Kurfürsten Friedrich, der feindlichen Besetzung Württembergs durch Frankreich durch ein Bündnis zuvorzukommen und handelte den entsprechenden Vertrag mit Napoleon I. aus. 1806 nahm Friedrich von Württemberg die Königswürde an. Wintzingerode stürzte die alte landständische Verfassung und errichtete aus Alt- und Neuwürttemberg einen absolutistischen Zentralstaat, der von einem kollegial geführten Staatsministerium verwaltet wurde, dem der Staatsminister des Auswärtigen als Kabinettsminister vorstand. 1806 und 1807 war Wintzingerode in verschiedenen Missionen in Paris und im Hauptquartier Napoleons, wobei er das besondere Vertrauen und die Hochachtung des Kaisers gewann. Talleyrand nannte ihn in diesen Jahren „un géant dans un entresol“. Er handelte damals auch die Ehe zwischen Prinzessin Katharina von Württemberg und Jérôme Bonaparte aus, der 1807 König von Westphalen wurde.
Im Dienst Jérôme Bonapartes
Ende 1807 kam es zum Bruch mit König Friedrich I. von Württemberg. Wintzingerode zog sich zunächst auf sein Schloss Bodenstein im Eichsfeld zurück, wurde jedoch von Napoleon auf den Fürstentag nach Erfurt gebeten. Dort lehnte er das ihm angebotene westphälische Innenministerium zwar ab, nahm jedoch den Posten des Gesandten Jérômes in Paris an, auch aufgrund der ungewöhnlich hohen Vergütung mit 100.000 Francs jährlich.
Rückkehr ins Ministeramt und Lebensabend
1814 kehrte er nach Württemberg zurück, versöhnte sich auf Vermittlung seines Sohnes mit König Friedrich und wurde erneut Kabinettsminister. Er vertrat das Königreich auf dem Wiener Kongress und führte 1815 und 1816 als Chef des königlichen Verfassungskomitees die Verhandlungen mit der wiedereinberufenen Ständeversammlung über die neue Verfassung Württembergs, die König Friedrich dem Land gewähren wollte. Mit dem Tod des Königs trat er zurück und wurde Oberhofmeister der neuen Königin Katharina Pawlowna. Nach deren Tod war er noch bis 1825 württembergischer Gesandter in Berlin, Hannover, Kassel und Dresden und bis an sein Lebensende Großkanzler der württembergischen Orden. Danach lebte er auf seinen Gütern um die Burg Bodenstein, zeitweise auch in Gotha und ab 1832 wieder in Stuttgart.
Familie
Er heiratete 1777 Juliane von Fabrice-Westerfeld (1762–1794). Sein einziger Sohn Carl Friedrich Heinrich Levin (1778–1856) war gleichfalls württembergischer Diplomat und Staatsminister.
Ehrungen
- Graf von Wintzingerode war bis zu seinem Tod Großkanzler der württembergischen Orden.
- 1806 Großkreuz des Königlichen Ordens vom Goldenen Adler,
- 1806 Großkreuz des Württembergischen Zivilverdienst-Ordens,
- 1818 Großkreuz des Ordens der Württembergischen Krone.
- Außerdem war Wintzingerode Kommendator des Johanniterordens, Großkreuz des ungarischen Sankt Stephans-Ordens, Ritter des polnischen Weißen-Adler-Ordens, Großkreuz des polnischen Sankt-Stanislaus-Ordens und Großkommandeur des Ordens der Westphälischen Krone.
Literatur
- Paul Sauer: Napoleons Adler über Württemberg, Baden und Hohenzollern – Südwestdeutschland in der Rheinbundzeit. Kohlhammer, Stuttgart 1987, ISBN 3-17-009595-1.
- Eberhard von Wintzingerode: Stammbaum der Familie von Wintzingerode. Mit biographischen Erläuterungen aufgestellt. Dieterich, Göttingen 1848.
- Heinrich Jobst Graf von Wintzingerode: Recht tun behält sein Preis allzeit. Die Geschichte der Familie Wintzingerode und der Burg Bodenstein. Galerie in der Burg, Großbodungen 2004, ISBN 3-00-013996-6.
- Heinrich Jobst Graf von Wintzingerode: Würtembergs Weg zum Königreich und die beiden Minister Wintzingerode. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte. 66, 2007, ISSN 0044-3786, S. 239–248.
- Neuer Nekrolog der Deutschen, Band 12, S. 900ff Digitalisat
Weblinks
- Wintzingerode, 1) Georg Ernst Levin. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 16, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 681.
- Werke von und über Georg Ernst Levin von Wintzingerode in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Eintrag zu Georg Ernst Levin von Wintzingerode in Kalliope
- Georg Ernst Levin von Wintzingerode in wintzingerode.de (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- ↑ Juliane von Fabrice-Westerfeld bei geneall.net
- ↑ Königlich Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1808, S. 18
- ↑ Königlich Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1808, S. 28
- ↑ Königlich Württembergisches Hof- und Staatshandbuch 1828, S. 30
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Ministerium am 1. Januar 1806 errichtet | Chef des württembergischen Ministeriums (Departements) der auswärtigen Angelegenheiten 1806–1807 | Ludwig von Taube |
Ferdinand Ludwig von Zeppelin | Chef des württembergischen Ministeriums (Departements) der auswärtigen Angelegenheiten 1814–1816 | Ferdinand Ludwig von Zeppelin |