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Die Geschichte der Evolutionstheorie beginnt bereits in der Antike und reicht über Charles Darwin (1809–1882) bis in die Gegenwart, wo sie in die Synthetische Evolutionstheorie mündet.

Antike bis Mittelalter

Eine archaische Antwort auf die Frage nach dem Ursprung der Lebewesen, vor allem des Menschen, stellen die Schöpfungsmythen der verschiedenen Kulturen dar.

Von mehreren griechischen Naturphilosophen sind originelle Ideen überliefert. Im 6. Jahrhundert v. Chr. meinte Thales von Milet, das Wasser sei Ursprung aller Dinge; damit versuchte er, eine nicht-mythologische Erklärung zu geben. Sein Schüler Anaximander entwickelte diese Idee weiter und sprach von einer Urzeugung: Die ersten Tiere und der Mensch entstanden in der Feuchtigkeit und gingen später auf das trockene Land. Sie entwickelten sich (ontogenetisch) durch eine Metamorphose aus fischähnlichen Formen.

Im 5. Jahrhundert v. Chr. wirkte Empedokles in Sizilien. Er meinte, dass zuerst die Pflanzen entstanden, danach die Tiere. Sie entstanden jedoch nicht vollständig, sondern zuerst entstanden Teile, die miteinander zufällig zusammenwuchsen. Nur was zusammenpasste, blieb am Leben, das andere ging zugrunde.

Aristoteles (384–322 v. Chr.) hingegen meinte, hergeleitet aus Beobachtungen an Insektenbrut, dass sich alle Lebewesen aus Schmutz und Schlamm entwickeln würden (Spontanzeugung).

Das antike Christentum, ebenso wie das Judentum und der Islam, beinhaltete die Lehre von der Konstanz der Arten, stellte aber zudem das Dogma auf, dass die Arten nicht auf natürliche Weise entstanden sind, sondern in einem Schöpfungsakt durch Gott. Im Mittelalter gab es weitere Ansätze zur Klassifikation, Gruppierung und Zuordnung von Pflanzen und Tieren zu niederen oder höheren Stufen des Lebens, etwa durch islamische Gelehrte wie Ibn Chaldūn oder Nasir ad-Din at-Tusi. Eine wissenschaftliche Systematik oder gar der Gedanke an eine kontinuierliche Fortentwicklung der Arten fehlte in dieser weiterhin theologisch fundierten Naturphilosophie jedoch, und es wurde angenommen, die Schöpfung sei abgeschlossen.

Neuzeit

Katastrophentheorie

Georges Cuvier (1769–1832) ist Begründer der zoologischen Paläontologie. Er entwickelte die Rekonstruktionstechnik. Aufgrund des Vergleiches der Anatomie, das heißt besonders der Knochen fossiler und rezenter Tiere (Tiere der Gegenwart), entdeckte er den geordneten Zusammenhang zwischen verschiedenen Knochen unterschiedlicher Körperregionen. Scherzhaft lässt sich dieses an seinem Ausspruch: Der Teufel ist ein Pflanzenfresser, er hat Hufe und Hörner illustrieren. Cuvier kann so Fossilfunde rekonstruieren oder Gruppen zuordnen, auch wenn nur Teile des Fossils erhalten waren.

Cuvier legte die Grundlagen zur zoologischen Systematik und stellte durch vergleichende Anatomie ein System der Tiere mit den vier Hauptgruppen Weichtiere, Gliedertiere, Radiata und Wirbeltiere auf. Jede Gruppe hat ihren typischen Bauplan. Aus heutiger Sicht stellen in seinem System die Analogien ein Problem dar.

Beobachtungen:

  • Katzen, Affen und Greifvögel, die in altägyptischen Gräbern gefunden werden, unterscheiden sich nicht von rezenten Tieren. (Aus heutiger Sicht ist die Zeitspanne von wenigen tausend Jahren zu kurz für deutliche morphologische Änderungen.)
  • Ältere Fossilien sind einfacher gebaut als jüngere Fossilien.
  • Die Funde sind lückenhaft. Aufgrund der Fundlücken lassen sich aber keine Übergänge zwischen den einzelnen Arten aufeinander folgender Schichten belegen.
  • Weiterhin belegen die Fossilfunde zahlreiche neue, zum Teil auch ausgestorbene Arten, die im biblischen Schöpfungsbericht nicht vorkommen.

Theorie:

  • Arten sind unveränderlich. Sie werden einmal erschaffen, können aber aussterben.
  • Durch Naturkatastrophen werden die Arten eines Gebietes schlagartig ausgelöscht (Kataklysmentheorie).
  • Anschließend wird dieses Gebiet in einem Schöpfungsakt durch weiterentwickelte oder neue Arten besiedelt.

siehe dazu auch Geschichte der Geologie#Aktualismus und Katastrophismus

Evolutionstheorien

Die Evolutionstheorie beinhaltet eine Reihe von Aussagen. Im Zentrum steht dabei die Aussage, dass sich das Leben auf der Erde entwickelt hat. Dazu kommen Thesen wie die Abstammung aller Lebewesen von einem gemeinsamen Vorfahren, die Entstehung des Lebens selbst, der Mechanismus der Evolution und weitere Details.

Jean-Baptiste de Lamarck (1744–1829)

Jean-Baptiste de Lamarck wandte das geologische Kontinuitätsprinzip von Lyell (siehe weiter unten) auf die Biologie an: Arten sind veränderlich und verändern sich in kleinen Schritten („Die Natur macht keine Sprünge!“), können aber nicht aussterben. (Heute weiß man, dass die Mehrzahl der Tiere bereits in prähistorischer Zeit ausgestorben sind.) Lamarck ist damit ein Vertreter des Gradualismus.

Entsprechend der Vorstellung von der Stufenleiter der Natur stellte Lamarck eine Beziehung zwischen dem Grad der Vervollkommnung und dem Alter der Art her: Je vollkommener eine Art ist, umso länger muss ihre Evolution gedauert haben und umso älter ist sie. (Damit müssten Bakterien als sehr junge Arten gelten, der Mensch dagegen ist die älteste Art. Moderne Methoden der Altersbestimmung fossiler Funde ergeben allerdings ein anderes Bild.) Neue Arten müssten deshalb immer wieder durch Urzeugung entstehen. Im Laufe ihrer Evolution durchläuft eine Art, nach Lamarck, eine spezifische Reihenfolge von Stadien in Richtung auf ihre Vervollkommnung. Solche Vorstellungen einer teleologischen Zielrichtung der Evolution sind in der heutigen Evolutionstheorie nicht mehr enthalten.

Als Mechanismus des Artwandels stellte er 1809 die Theorie der Vererbung erworbener Eigenschaften auf: Den Organismen wohnt ein „Vervollkommnungstrieb“ inne. Durch Gebrauch oder Nichtgebrauch modifizieren sich Gestalt und Funktion der Organe eines Lebewesens in Anpassung an die Erfordernisse der Umwelt. Diese individuell erworbenen Veränderungen können laut Lamarcks Theorie an die Nachkommen vererbt werden.

Mit seiner Theorie stellte Lamarck die Systematik auf eine naturwissenschaftliche Basis, während Linné noch die göttliche Ordnung zu erforschen suchte. In seiner Zeit stellte Lamarcks Theorie ein tragfähiges Modell zur Erklärung zahlreicher Phänomene der Biologie dar. Die Vorstellung von der Veränderlichkeit der Arten in kleinen Schritten spielte auch für Darwin und Haeckel eine entscheidende Rolle. Die Phänomene der Biogeografie und der Artbildung durch Isolation und Konkurrenz, die bei Darwin wichtige Stützpfeiler seiner Theorie sind, wurden von Lamarck noch nicht angesprochen.

Erst etwa ab 1900 begann mit August Weismann die Erforschung der Vererbungs-Prozesse. Bis dahin war deren Wirkungsweise gänzlich unbekannt. Deshalb finden sich bei Darwin und Haeckel ähnliche Vorstellungen über die Vererbung erworbener Eigenschaften, die heute nicht mehr haltbar sind.

Bis in die heutige Zeit wurde immer wieder versucht, Lamarcks These von der Vererbung individueller Anpassungen und erworbener Eigenschaften naturwissenschaftlich zu beweisen, was jedoch nicht gelang (siehe Lamarckismus).

Étienne Geoffroy de Saint-Hilaire (1772–1844)

Étienne Geoffroy de Saint-Hilaire, ein französischer Zoologe, gilt als Begründer der Homologie-Forschung. Er wurde zusammen mit Jean-Baptiste Lamarck und Georges Cuvier als Professor für die Zoologie der Wirbeltiere an das 1793 gegründete Musée National d’Histoire Naturelle berufen.

Geoffroy Saint-Hilaire postulierte für alle damals bekannten Tiere einen gemeinsamen Grundbauplan. Damit stand er im Gegensatz zu Cuviers vier Grundbauplänen. Auf Grund des Kontinuitätsprinzips stellte er die Hypothese auf, dass die Vögel von urzeitlichen Reptilien abstammen müssten.

Er war auch einer der Ersten, die sich mit den Mechanismen der Evolution experimentell auseinandersetzten, indem er durch Veränderungen der Umwelteinflüsse Veränderungen in der Keimesentwicklung von Wirbeltieren auslöste und somit Teratologie als Untersuchungsmethode einführte.

Charles Lyell (1797–1875)

Charles Lyell gilt als Mitbegründer der modernen Geologie. Im Gegensatz zur Katastrophentheorie und Schöpfungslehre nahm er an, dass alle geologischen Erscheinungen durch langsame und stetige Veränderungen zu erklären sind (Kontinuitätsprinzip). Die Kräfte dieser Veränderungen sind auch heute noch wirksam und beeinflussen die Lebewesen (Aktualitätsprinzip). Lamarck und Darwin wandten dann dieses Prinzip auch auf die Evolution der Lebewesen an.

Als Hinweis, dass es auch globale Katastrophen gibt, welche die Lebewesen beeinflussen, gilt heute das Aussterben der Dinosaurier.

Die Auffassung, dass alle phylogenetischen Entwicklungen nur in kleinen Schritten und allmählich vonstattengehen, wird Gradualismus genannt. Im Gegensatz dazu wurde in neuerer Zeit das Konzept des Punktualismus entwickelt, die beiden Konzepte stellen aber nur unterschiedliche Möglichkeiten der Evolution dar.

Charles Darwin (1809–1882)

Über die Entstehung der Arten von Charles Darwin kann als das erste Werk angesehen werden, das die zu seiner Zeit bereits vorhandenen Ansichten zur Evolution der Lebewesen zusammenfasst und durch eine Fülle von Beobachtungen belegte:

  1. Evolutionstheorie: Organismen unterliegen im Laufe vieler Generationen einem beständigen Wandel. Dies bedeutet eine Abkehr von der Schöpfungslehre. Darwin verwendete in seinen Werken nicht den Begriff „Evolution“.
  2. Dieser Wandel erfolgt allmählich, in kleinen Schritten. Diese Sichtweise wird als Gradualismus bezeichnet und steht im Widerspruch zum Transmutationismus oder Saltationismus von Thomas Huxley.
  3. Abstammungstheorie (Deszendenztheorie): Die Herkunft aller Arten kann auf eine Stammart zurückgeführt werden.
  4. Speziation: Im Laufe der Zeit gehen aus einer Art neue Arten hervor. Mit Deszendenz und Speziation steht Darwin im Gegensatz zum Transformationismus von Lamarck, der zwar den Wandel der Arten anerkennt, dieser Wandel führt aber nicht zur Vervielfachung der Arten, sondern nur zu ihrer Vervollkommnung.

Darwin verursachte viel Verwirrung und Aufruhr im viktorianischen England: Einerseits stand seine Theorie im Konflikt mit der Einzigartigkeit des Menschen, andererseits dehnte sie bei ihrem Erscheinen auch das Zeit- und Geschichtsverständnis in kaum vorstellbare zeitliche Dimensionen. Weil er diese Reaktion befürchtete, hatte Darwin etwa zwei Jahrzehnte lang von einer Veröffentlichung seiner großenteils bereits 1839 verfassten Manuskripte abgesehen.

Die besondere Leistung von Darwin und Alfred Russel Wallace liegt in der Erklärung des Evolutionsmechanismus durch das heute noch immer gültige Prinzip der wechselseitigen Beziehung zwischen Variation und Selektion:

  1. Überproduktion: Obwohl die Tier- und Pflanzenarten weitaus mehr Nachkommen erzeugen, als schließlich überleben oder sich fortpflanzen können, verändert sich ihre Bestandsgröße kaum.
  2. Variation: Die Individuen von Tier- und Pflanzenarten sind nicht gleich, sondern weisen kleine Unterschiede in den Bau- und Leistungsmerkmalen auf, die auf die nächste Generation weiter vererbt werden.
  3. Selektion: Da die Ressourcen aber nur für eine begrenzte Zahl von Individuen ausreichen, findet um diese eine Konkurrenz statt. Diejenigen Individuen, die sich in dieser Konkurrenz gegenüber anderen durchsetzen, haben einen größeren Fortpflanzungserfolg, von Darwin als Survival of the fittest (Überleben der Tauglichsten) bezeichnet.

Aufgrund geologischer und geographischer Kenntnisse wie auch eigener Forschungen in Südamerika wusste Charles Darwin, dass der südamerikanische Kontinent lange schon existierte und mit Pflanzen und Tieren belebt war, bevor die Galápagos-Inseln in erdgeschichtlich junger Zeit aus unterseeischen Lavaausbrüchen entstanden. Auf den Inseln entdeckte er Tiere und Pflanzen, die ähnlich den Arten Südamerikas waren, aber doch eigene Arten darstellten.

Somit konnten die damals verbreiteten Lehren, dass die Lebewesen in einem einmaligen Schöpfungsakt entstanden seien und sich nicht wandeln (Konstanz der Arten) nicht stimmen. Offensichtlich waren nach der Entstehung der Galápagos-Inseln Lebewesen aus Südamerika hierher gelangt, haben sich dort fortgepflanzt und aus einzelnen Stammarten weiter entwickelt.

Darwin folgerte aus den Beobachtungen seiner langjährigen Züchtungsversuche mit Haustauben, dass die Formenvielfalt in der Natur ebenfalls durch einen Ausleseprozess entstanden ist, den er „natürliche Zuchtwahl“ nannte. Darwins Evolutionstheorie ist – ebenso wie die aus ihr entstandenen Theorien – eine Deszendenztheorie.

Ernst Haeckel (1834–1919)

Neben der Popularisierung des Darwinismus besteht der Hauptbeitrag von Ernst Haeckel für die Evolutionstheorie aus vier Teilen:

  1. Mittels des biogenetischen Grundgesetzes (die Ontogenese ist die kurze, auszugsweise Rekapitulation der Phylogenese) lassen sich Teile der Stammesgeschichte durch Vergleiche der Embryonen und ihrer Vorstufen verschiedener Tierarten rekonstruieren, von denen damals und zum Teil noch heute nur in unzureichendem Maße Fossilien vorliegen. Diese Theorie wird in dieser Form als veraltet angesehen.
  2. Ernst Haeckel entwarf die ersten detaillierten Stammbäume der Tier- und Pflanzenwelt.
  3. Er postulierte den gemeinsamen Ursprung aller Organismen. Eine Idee, die nach wie vor ihre Gültigkeit hat.
  4. Die Generelle Morphologie (1866) war das weltweit erste Lehrbuch der Biologie auf Grundlage der Evolutionstheorie Darwins.
  5. In der Anthropogenie (1874) wies Haeckel auf Grundlage der vergleichenden Anatomie und Embryologie anhand der Organsysteme die Stellung des Menschen innerhalb der Primaten und Wirbeltiere nach. Er rekonstruierte den Stammbaum des Menschen aus den Wirbeltieren und postulierte Fossilfunde, die diese Stammesgeschichte belegen. Wenn auch viele dieser Ideen im Detail empirisch überholt sind beziehungsweise verfeinert wurden, so hat die Grundidee bis heute ihre Gültigkeit bewahrt.

Zusätzlich hatte Haeckel eine erhebliche Bedeutung für die Verbreitung der Evolutionstheorie durch viele öffentliche Vorträge sowie einige teils sehr populäre Bücher: Der „Weltbestseller“ „Die Weltraethsel“ (Jena 1903) und der Kunstband „Kunstformen der Natur“ (Jena 1899). Haeckel entwarf zudem auf naturwissenschaftlicher Grundlage eine stark von der Evolutionstheorie geprägte monistische Naturphilosophie. Zwischen Haeckel und der katholischen Kirche kam es zu heftigen Auseinandersetzungen. Laut Haeckel gab es vor allem drei Gruppen, die gegen die Entwicklungstheorie eingestellt waren: Die Kirche, die dualistische Metaphysik und die Empiriker. Auf dem Internationalen Freidenker-Kongress in Rom 1904 wurde Haeckel auch deswegen offiziell als „Gegenpapst“ ausgerufen.

Richard von Hertwig (1850–1937)

Unter dem Einfluss von Ernst Haeckel verlagerte Richard von Hertwig seine Interessen vom Gebiet der Medizin auf Zoologie und Botanik. Zusammen mit seinem Bruder Oskar Hertwig entwickelte er 1881 die Coelomtheorie: Am Anfang seiner ontogenetischen Entwicklung differenziert sich der Keim bei allen mehrzelligen Tieren in verschiedene Zellschichten (Keimblätter), die sich zu bestimmten Organsystemen weiterentwickeln. In der Phylogenie der Mehrzeller entstanden zunächst zwei Keimblätter (Ektoderm und Entoderm). Diese Organisation ist zum Beispiel bei Hohltieren zu finden. Später kam ein drittes Keimblatt (Mesoderm) hinzu. Ein Coelom ist nun ein Flüssigkeitsgefüllter Hohlraum im Mesoderm. Alle Tiere, die dieses Coelom aufweisen werden unter dem Namen Coelomata zusammengefasst und sind damit auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen. Zu ihnen gehören unter anderen die Ringelwürmer (Annelidae) und die Rückensaitentiere (Chordata) mit allen Wirbeltieren.

Richard von Hertwig war auch der Erste, der durch Untersuchungen am Seeigel-Ei entdeckte, dass bei der Befruchtung Ei- und Sperma-Kern miteinander verschmelzen.

Mit seinem Neffen Günther Hertwig und seiner Nichte Paula Hertwig untersuchte er die Auswirkungen von Radiumstrahlen auf die Keimesentwicklung.

Evolutionstheoretisch bedeutende Fossilien

Archaeopteryx (ab 1860)

1860 veröffentlichte der Paläontologe Hermann von Meyer eine kurze Notiz über eine im Solnhofener Plattenkalk gefundene Feder, die er Archaeopteryx nennt. Später wird ein heute als Londoner Exemplar bekanntes Fossil an das British Museum unter Richard Owen verkauft. Die kreationistischen Deutungen von Meyer und Owen werden von Thomas Henry Huxley widerlegt. 1871 führte Huxley die Familie der Urvögel (Archaeopterygidae) ein. Die nachgewiesenen Fehler, die Owen bei seiner Beschreibung gemacht hatte, kosteten diesen einen guten Teil seiner wissenschaftlichen Reputation und schwächten so den Kreationismus in GB nachhaltig. Archaeopteryx stellte für die Evolutionstheorie schon auf den ersten Blick einen Missing Link dar, da dieses Fossil sowohl Merkmale von Vögeln als auch von Reptilien enthält und somit zwischen zwei Wirbeltiergruppen steht, die andernfalls nicht leicht voneinander abzuleiten sind.

Planorbis multiformis

Anhand der fossilen Schneckenart Planorbis multiformis, die im Steinheimer Becken vorkam, konnte Franz Hilgendorf (1839–1904) als Erster die Evolutionstheorie anhand von Fossilien belegen. Der Steinheimer Schneckensand nimmt hierdurch eine besondere wissenschaftsgeschichtliche Rolle ein.

Stammbaum der Pferde (ab 1870)

1870 erstellte Othniel Charles Marsh (1831–1899) eine morphologische Reihe von Pferdefossilien, die die Evolution von der unspezialisierten mehrstrahligen Extremität zum einzehigen Pferdebein belegen. Diese Reihe galt zu ihrer Zeit als hervorragender Beleg der Evolution.

Die Integration von Vererbungslehre (Genetik) und Populationsgenetik

Die Vererbungslehre oder Genetik war zu Darwins Zeiten ein weithin unbearbeitetes Gebiet. Erst nach seinem Tod konnten sich Ideen durchsetzen, die auch heute noch – wesentlich verfeinerter – Gültigkeit besitzen. Zu Darwins Zeiten gab es zwei Annahmen über die Vererbung, die sich mit den Stichworten blending inheritance (deutsch etwa vermischende Vererbung, wie beim Farbmischen) und „partikuläre Vererbung“ beschreiben lassen.

Eine von Darwin zur Vererbung vertretene Vererbungshypothese beruhte auf der Annahme, dass jede Zelle eines Organismus kleine Teilchen sogenannte Gemmulae ausscheide und diese sich in den Geschlechtsprodukten ansammeln; Veränderungen der Körperzellen würden so auch eine Veränderung der bei der Vererbung weitergereichten Information bedeuten. Solche Theorien der Pangenisis (Erzeugung aus dem Ganzen) besitzen ein Problem: sie können nur unter Zuhilfenahme einer Latenzhypothese mit ungeklärtem Mechanismus erklären, wieso manche Merkmale bei Großeltern und Enkelkindern nicht aber bei den Eltern auftreten – was in Mendels Erklärungsversuch keine Probleme bereitet. Immerhin besitzt bei ihnen Vererbung eine feste Basis in Form von Vererbungsteilchen – allerdings unbekannter Gestalt.

Eine Form der von vielen zeitgenössischen Biologen geteilten Vererbung erworbener Eigenschaften durch Gebrauch und Nichtgebrauch eines Organes findet sich in dem Lamarck zugeschriebenen Beispiel der Giraffen: Giraffen hätten ursprünglich normale Hälse besessen und ihre langen Hälse nur durch die Streckung derselben nach Futter in Baumkronen erhalten. Eine Giraffe mit langem Hals hat nun Nachfahren gezeugt und somit auch die langen Hälse vererbt. Darwin vertrat diese Erklärung beispielsweise bei Wassergeflügel in Gefangenschaft, deren Flügel oftmals verkümmern und die Tendenz zu kräftigeren Füßen besitzen.

Gregor Mendel (1822–1884)

Gregor Mendel führte vor 1865 wohldurchdachte Experimente mit Erbsen durch, die in ihrer Konsequenz lange unbeachtet blieben. Sie wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Hugo de Vries, Carl Correns und Erich Tschermak wiederentdeckt und gingen dann in die Genetik beziehungsweise die Evolutionsbiologie ein. Mendels Ergebnisse resultierten aus dem ersten Versuch, der zeigte, dass für jedes Merkmal in der damals noch unbekannten Erbsubstanz zwei Plätze – ein mütterlicher und ein väterlicher – vorhanden sind und dass sich somit Merkmale nicht mischen, sondern in einem dominant-rezessiven Erbgang weitergegeben werden. Dies ist ein erster Befund, der aufgrund experimenteller Ergebnisse den Hypothesen über Vererbung widersprach, die etwa Darwin oder Haeckel vertreten hatten.

August Weismann (1834–1914)

In Schulbüchern sowie populären Darstellungen der Geschichte der Evolutionstheorie findet sich meist nur ein Stichwort zu August Weismann. Er wird heute meist nur noch sehr verengt als radikaler Vertreter des Selektionsprinzips und Begründer der Keimplasmatheorie betrachtet. In der Keimplasmatheorie werden die Zellen eines Organismus in Geschlechtszellen und Körperzellen eingeteilt. Veränderungen der Körperzellen also auch der Gebrauch und Nichtgebrauch der aus Körperzellen bestehenden Organe können danach keinen Einfluss auf die Evolution der Organismen besitzen. Einfluss haben nur Veränderungen (heute: Mutationen) des Erbgutes der Geschlechtszellen. Obwohl seine Idee der Trennung von Keimzellen und Körperzellen richtig war, vermutete Weismann die Erbsubstanz im falschen Zellbestandteil: im Plasma. Nach heutigem Wissen – das erst Jahrzehnte später entstand – ist dagegen die im Zellkern liegende DNA der Träger der Erbinformation.

Weismanns aus eigenen Beobachtungen und theoretischen Arbeiten über die Evolutionstheorie entstandene Einsicht steckte erstmals den Rahmen für den Einbau einer späteren genetischen Interpretation der Evolutionstheorie ab.

Thomas Hunt Morgan (1866–1945)

1910 zeigte Thomas Hunt Morgan, dass die Chromosomen die Träger der Erbinformation sind.

Godfrey Harold Hardy (1877–1947) und Wilhelm Weinberg (1862–1937)

Der Mathematiker Godfrey Harold Hardy und der Mediziner Wilhelm Weinberg setzten 1908 mit dem Hardy-Weinberg-Gleichgewicht einen Meilenstein in der Populationsgenetik. Danach verändert sich in einer idealen Population die Häufigkeit der Allele nicht – sie befindet sich im Gleichgewicht. Das bedeutet, dass in einer idealen Population keine Evolution stattfindet. Da es aber keine idealen Populationen gibt, liegt so ein mathematischer Nachweis für Evolution vor: Geringe Populationsgrößen und die Einschränkung der Panmixie beschleunigen evolutionäre Prozesse.

Ronald Fisher (1890–1962)

Der Populationsgenetiker Ronald Fisher definierte 1930 in 'The genetical theory of natural selection' Evolution als die zeitliche Änderung der Zahl bestimmter Gene innerhalb eines Genpools.

Ausgewählte moderne Theoretiker

Ernst Mayr (1904–2005)

Ernst Mayr gilt zusammen mit Theodosius Dobzhansky als Begründer und als bis heute führender Vertreter der modernen synthetischen Theorie der Evolution, die Darwins Konzept der Selektion mit den Erkenntnissen der modernen Genetik in Einklang brachte.

Er gilt als Begründer des modernen biologischen Artkonzeptes. Wenn man Darwins Vorstellung des kontinuierlichen Wandels einer Art in eine andere Art genau betrachtet, so ergibt sich das Problem, dass damit der biologische Artbegriff aufgehoben wird, da sich in der ununterbrochenen Reihe keine Einschnitte finden, die Arten von Arten trennen. Dieser lange unbeachtete Umstand hatte tiefgreifende Folgen auch für die Praxis aller Biologen.

In der Biologie und Paläontologie existieren mehrere Artbegriffe parallel. Die wichtigsten zwei Gruppen sind der morphologische und der populationsgenetische Artbegriff. Beide Begriffe sind miteinander verbunden, aber nicht deckungsgleich:

  • Im morphologischen Artbegriff werden Merkmalsunterschiede verwendet, um Arten voneinander abzugrenzen. In der Paläontologie ist er der einzig praktikable Artbegriff.
  • Der populationsgenetische Artbegriff begreift Arten dagegen als Fortpflanzungsgemeinschaft.

Ernst Mayr untersuchte in seinem grundlegenden Werk Artbegriff und Evolution (1967), wie eine Neuinterpretation des biologischen Artbegriffes im Lichte der Evolutionstheorie aussehen kann. Zentrales Paradigma ist die Suche nach Mechanismen, die die Fortpflanzung zwischen einzelnen Populationen unterbinden oder erschweren (das heißt Hybriden besitzen einen geringeren Fitnesswert oder sind steril). Hier wären geographische Separation, zeitliche Separation (beispielsweise ungleichzeitige Fortpflanzungszeiten) und Separation durch Verhalten (unterschiedliches Balzverhalten oder Gesang) zu nennen.

Damit sind zahlreiche Fragen nach dem Mikroprozess der Evolution eröffnet. Wichtig für die Neuinterpretation war die Entdeckung von morphologischen Geschwisterarten, Arten, die gleiche Merkmale aufweisen, im gleichen Gebiet zur gleichen Zeit leben und sich trotzdem nicht miteinander fortpflanzen. Ernst Mayr definiert eine Art als „Gruppe von sich untereinander fortpflanzender Lebewesen, die reproduktiv von anderen solchen Gruppen isoliert sind“. Diese Isolation ist damit für Ernst Mayr das Kriterium, zwei Arten zu unterscheiden.

Stephen Jay Gould (1941–2002)

Stephen Jay Gould betrachtete den Zusammenhang von Evolution und Fortschritt kritisch.

In seinen wissenschaftstheoretischen Schriften wendet er sich gegen sozialdarwinistische, pseudowissenschaftliche und rassistische Überinterpretationen der Evolutionstheorie, wie er sie beispielsweise in der Intelligenzforschung findet.

Mit Richard Dawkins und anderen Evolutionsbiologen hatte Gould einen lange anhaltenden Streit über die Zulässigkeit vieler soziobiologischer Interpretationen. Dieser Streit betrifft auch die Deutung des Evolutionsmechanismus.

Richard Dawkins (seit 1941)

Richard Dawkins gilt als einer der führenden Vertreter der Evolutionstheorie und zugleich als einer ihrer nachdrücklichsten Befürworter.

Dawkins sieht das Gen als die fundamentale Einheit der Selektion, das den Körper nur als „Vermehrungsmaschine“ benutzt. Er setzt sich innerhalb der Evolutionsbiologie für die These ein, dass in evolutionären Prozessen Konkurrenzsituationen bzw. Fitnessunterschiede auf genetischer oder allenfalls individueller Ebene eine Rolle spielen, Gruppenselektion jedoch keine oder nur eine marginale Rolle spielt.

In seiner TV-Doku The Root of All Evil? antwortete Dawkins auf die Aussage, dass die Evolutionstheorie immer noch nicht das Gesetz der Evolution (Orig:"[…]still not called the law of evolution.") genannt wird, dass er sie den Fakt der Evolution nennt (Orig:"Well, I will call it the fact of evolution!").

Der Spiegel bezeichnete Dawkins als einflussreichsten Biologen seiner Zeit.

Wolfgang Gutmann (1935–1997)

Wolfgang Gutmann gilt als Hauptvertreter des von ihren Vertretern als Frankfurter Evolutionstheorie bezeichneten Erklärungskonzepts für die evolutive Abwandlung der Körperformen durch innere Prinzipien der Organismen. Diese zeitweise vor allem von Forschern des Frankfurter Senckenberg Forschungsinstituts vertretene Theorie basiert auf der von Gutmann in den 1960er-Jahren formulierten Hydroskelett-Theorie, die wiederum Aspekte der Konstruktionsmorphologie aufgriff. Gutmanns Konzept betonte innere konstruktive Zwänge und darauf beruhende Entwicklungslinien, während die Rolle der für die Darwin´sche Theorie zentralen Konzepte der natürlichen Selektion und Anpassungen (Adaptationen) für sie zwar nicht geleugnet, aber als eher unwichtig und sekundär gewertet worden sind. Diese Betonung interner Faktoren ist Grund dafür, dass sie von ihren Kritikern als eine der Spielarten der Theorie der Orthogenese eingeschätzt wird.

Literatur

  • Eve-Marie Engels (Hrsg.): Die Rezeption von Evolutionstheorien im 19. Jahrhundert. Suhrkamp (stw 1229), Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-28829-6.
  • Thomas Junker, Uwe Hoßfeld: Die Entdeckung der Evolution. Eine revolutionäre Theorie und ihre Geschichte. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2. Auflage 2009, ISBN 978-3-53422394-7.
  • Wolfgang Wieser (Hrsg.): Die Evolution der Evolutionstheorie. Von Darwin zur DNA. Spektrum, Heidelberg 1994, ISBN 978-3-86025241-3.
  • Walter Zimmermann: Evolution. Die Geschichte ihrer Probleme und Erkenntnisse. Verlag Karl Alber, Freiburg/München 1953, ISBN 3-495-44108-5.
Wikisource: Evolutionstheorie – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Capelle (Hrsg.): Die Vorsokratiker. Die Fragmente und Quellenberichte. Alfred Kröner, Stuttgart 1968, S. 214–220: Zoogonie.
  2. Wilhelm Capelle: Das Problem der Urzeugung bei Aristoteles und Theophrast und in der Folgezeit.
  3. Seeber, Englische Literaturgeschichte, S. 221.
  4. http://www.zum.de/stueber/haeckel/weltraethsel/weltraethsel.html
  5. Ernst Haeckel: Der Kampf um den Entwicklungs-Gedanken. Berlin 1905, S. 27 f.
  6. Archivlink (Memento vom 9. Januar 2007 im Internet Archive)
  7. J. Baier, A. Scherzinger: Der neue Geologische Lehrpfad im Steinheimer Impakt-Krater- Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver, N. F. 92, 9–24, 2010.
  8. Johannes Baier: Der Steinheimer Schneckensand – eine miozäne Fossillagerstätte von Weltformat. In: Fossilien. Band 29, Nr. 6, 2012, S. 368–371
  9. Jörg Blech: Glücklicher ohne Gott. In: Der Spiegel. Nr. 43, 2006, S. 188–190 (online).
  10. Igor Popov: Orthogenesis versus Darwinism. translated by Natalia Lensman. Springer, Cham 2018. ISBN 978-3-319-95143-0. Chapter 6, S. 91–92.
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