Gesine Cukrowski [ɡeˈziːnə t͡suˈkrofski] (* 23. Oktober 1968 in Berlin-Halensee) ist eine deutsche Schauspielerin.

Bekannt wurde sie 1995 durch ihre Hauptrolle der Verkäuferin Petra Rentrop in der RTL-Serie Und tschüss! und durch ihre durchgehende Serienhauptrolle als Gerichtsmedizinerin Dr. Judith Sommer an der Seite von Ulrich Mühe in der ZDF-Krimiserie Der letzte Zeuge, die sie von 1998 bis 2007 spielte. Seitdem ist sie in zahlreichen Kino- und Fernsehproduktionen zu sehen.

Leben

Herkunft und Ausbildung

Gesine Cukrowski wurde als Tochter eines Diplom-Ingenieurs und einer gelernten Krankenschwester und freischaffenden Künstlerin mit Schwerpunkt für Farbholzschnitte in Berlin-Halensee geboren und wuchs gemeinsam mit drei Geschwistern auf. Im Alter von fünf Jahren zog die Familie nach Berlin-Marienfelde. Ihre Vorfahren waren polnische Bauern, die nach Berlin auswanderten.

Sie besuchte das katholische Gymnasium St. Marien in Berlin-Neukölln. Nach dem Abitur schloss sie ein Grundstudium in den Fächern Germanistik und Theaterwissenschaften ab und studierte im Anschluss jeweils ein Semester lang Religionswissenschaften und Psychologie in Berlin. Anschließend trat sie aus der Kirche aus. Nach einigen gesammelten Bühnenerfahrungen absolvierte sie von 1992 bis 1994 ihr Studium an der Schauspielschule Maria Körber, wo sie auch ihren Abschluss machte.

Ihren Chansonmeisterkurs legte Cukrowski an der Akademie Graz bei der Brecht- und Weill-Chansonnière Gisela May ab.

Theater

Cukrowski stand ab Ende der 1980er bis Anfang der 2000er Jahre neben ihrer Arbeit in Film und Fernsehen regelmäßig auf der Theaterbühne. Erste Rollen spielte sie an der Studiobühne der FU Berlin, so in Ödön von Horváths Volksstück Italienische Nacht. Mehrfach arbeitete sie mit dem Schweizer Theaterregisseur Stefan Bachmann zusammen. In dem von ihm mitgegründeten Theater Affekt spielte sie in der Spielzeit 1991/92 in Bertolt Brechts Baal die Freundin des Baal-Jüngers Johannes Schmidt, Johanna und 1995 in Johann Wolfgang von Goethes Singspiel Lila die Rolle der Sophie, welche ihr den Friedrich-Luft-Preis einbrachte. In der Spielzeit 1996/97 war sie an der Volksbühne Berlin ebenfalls unter der Regie Bachmanns in Goethes Der Triumph der Empfindsamkeit zu sehen. Bei den Salzburger Festspielen 1999 spielte sie in William Shakespeares Drama Troilus und Cressida die Hauptrolle der Cressida. 1999 gehörte sie zum festen Ensemble des Theater Basel, wo sie unter anderem in der Bachmann-Inszenierung von Tankred Dorsts Merlin oder Das wüste Land und in Jacques Offenbachs Operette Biene Maja wirkte. Am Renaissance-Theater Berlin war sie ab April 2014 bis 2016 als Hannah an der Seite von Hans-Werner Meyer in Moritz Rinkes Wir lieben und wissen nichts zu sehen. In der Spielzeit 2018/19 trat sie an der Komödie am Kurfürstendamm unter der Regie von Martin Woelffer in der Bühnenfassung des Kinofilms Willkommen bei den Hartmanns auf.

Film und Fernsehen

Ihr Fernsehdebüt gab Cukrowski 1987 in der ARD-Vorabendserie Praxis Bülowbogen als Schwester Irene, die sie bis 1995 in 45 Episoden spielte. Auf der Kinoleinwand war sie 1993 als Elke in Hellmuth Costards Science-Fiction-Film Aufstand der Dinge erstmals zu sehen. Ihren Durchbruch hatte sie als Verkäuferin Petra Rentrop an der Seite von Benno Fürmann in der RTL-Serie aus dem Ruhrpott Und tschüss!, wo sie auch in den zwei Serien-Spielfilmen Und tschüss auf Mallorca (Doppelrolle als Petra Rentrop und Bonny Bender) und Und tschüss in Amerika mitwirkte. 1996 übernahm sie in der dritten Folge Verlorenes Leben der ZDF-Krimireihe Rosa Roth eine tragende Episodenrolle als Eva Seifert an der Seite von Iris Berben und Alexander May. Im März 1998 übernahm Cukrowski in der ZDF-Krimiserie Der letzte Zeuge, in der sie von 1998 bis 2007 an der Seite von Ulrich Mühe und Jörg Gudzuhn spielte, als Gerichtsmedizinerin Dr. Judith Sommer eine der drei festen Serienhauptrollen. Nach dem Tod Mühes erklärte sie nach Gesprächen mit dem ZDF über die Süddeutsche Zeitung, dass sie „aus Respekt und Zuneigung zu ihrem verstorbenen Serienpartner Ulrich Mühe“ für weitere Folgen nicht zur Verfügung stehen werde; die Serie wurde daraufhin eingestellt. Eine weitere größere Rolle hatte sie als junge und psychisch verstörte Claire Castien in dem Pro7-Thriller Die Schläfer (1998). Der Regisseur Roman Kuhn verglich sie im Bezug auf diesen Film mit US-Amerikanerin Sharon Stone.

Seit den 2000er Jahren übernimmt Cukrowski regelmäßig Haupt- und Nebenrollen in verschiedenen Film- und Fernsehproduktionen. In dem 2002 uraufgeführten – von der Kritik verrissenen – US-amerikanischen Psycho-Thriller FearDotCom übernahm sie als Jeannine eine Nebenrolle. Die Hauptrollen waren mit der aus Ronin bekannten Natasha McElhone und dem Academy-Award-nominierten irischen Schauspieler Stephen Rea besetzt. In den Donna-Leon-Romanverfilmungen Venezianisches Finale (2003) und Acqua Alta (2004) verkörperte sie die homosexuelle Archäologin Brett Lynch. In der Dostojewski-Romanverfilmung Die Spielerin (2005) war sie neben Hannelore Elsner als Annegret Reuther zu sehen. In dem Fernsehfilm Eine Robbe zum Verlieben (2006) und seiner Fortsetzung Eine Robbe und das große Glück (2007) übernahm sie die Rolle der alleinstehende Fischerin Anne Petersen, die gemeinsam mit ihrer Robbe William in einem Haus an der Ostsee wohnt und sich in den hannoverschen Tierarzt Thomas Krugmann (Oliver Mommsen) verliebt und schließlich heiratet. Der Regisseur Roland Suso Richter besetzte sie als Stasi-Frau Marion Niemann in seinem Fernsehfilm Das Wunder von Berlin (2008), der auf den Aufzeichnungen des ehemaligen NVA-Soldaten Tilo Koch basiert. In dem RTL-Thriller Das Papst-Attentat (2008) spielte sie die BKA-Beamtin Sara Stertz, die präventiv ein Attentat auf den Papst verhindern soll. In Ilse Hofmanns Tulpen aus Amsterdam (2010) war sie neben Chiara Schoras als ihre Schwester Lilli in der Rolle der in Amsterdam lebenden Blumengroßhändlerin Anna Lechner zu sehen. 2013 übernahm sie in Christoph Schrewes Fernsehfilm Fliegen lernen die Rolle der Apothekerin Eva Bauer, die sich nach ihrer Scheidung in einen jungen Assistenzarzt verliebt. Roland Suso Richter besetzte sie 2014 für seinen Politthriller Die Spiegel-Affäre in der Rolle der zweite Ehefrau von Rudolf Augstein, der Journalistin Katharina Luthardt. In der ZDF-Krimiserie Letzte Spur Berlin spielte sie von 2015 bis 2022 die Ehefrau von Kriminalhauptkommissar Oliver Radek (Hans-Werner Meyer).

Im September 2020 veröffentlichten Kinofilm Freaks – Du bist eine von uns, eine Koproduktion von ZDF und Netflix, spielte Cukrowski die Mutter der von Cornelia Gröschel dargestellten Schnellrestaurantbeschäftigten Wendy. In dem im Dezember 2020 erstausgestrahlten Fernsehfilm Weihnachtstöchter war sie neben Elena Uhlig und Felicitas Woll eine von drei zerstrittenen Halbschwestern, die in der Adventszeit um das Erbe ihres bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Vaters streiten. 2022 spielte sie an der Seite von Dieter Hallervorden die besserwisserische Nachbarin Nina in der ARD-Komödie Oskar, das Schlitzohr und Fanny Supergirl und übernahm im ZDF-Fernsehfilm So laut du kannst die Rolle der Hostess-Agenturchefin Ines Bezold.

Lesungen

Neben ihrer Tätigkeit als Theater- und Filmschauspielerin gestaltet Cukrowski Programme an deutschen Theaterbühnen, in denen sie regelmäßig Lesungen hält. Gemeinsam mit Ann-Kathrin Kramer und Angela Winkler Drei Frauen aus Deutschland präsentierte sie zwischen 2016 und 2021 die Geschichte der Kabarettistin Erika Mann am Renaissance Theater Berlin. Im November 2021 führte sie durch den literarisch-musikalischen Abend Erlaubst du wohl, dir ein Geschichtchen zu erzählen? über das Thema „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ in der Komödie am Kurfürstendamm im Schillertheater. Am Theater im Park in Bad Oeynhausen las sie 2021 die Weihnachtsgeschichte Ach, du heilige Nacht (mit dem Musiker Roman Ott) und 2022 über das Leben und die Werke von Astrid Lindgren. 2023 erfolgte mit EXILE – Liebe in Zeiten des Faschismus eine szenische Lesung mit Manuel Mairhofer und Anne-Marie Lux beim Österreichischen Kulturforum.

Engagement

Cukrowski unterstützt insbesondere mit dem Hamburger Verein Sternipark e.V. hilfsbedürftige Menschen. Der Verein kümmert sich unter anderem um werdende Mütter, die ihr Baby anonym zur Welt bringen möchten. Seit 2010 ist sie Vorstandsvorsitzende der in Hamburg ansässigen Stiftung Findel-Baby Mütter in Not. Im Jahr 2012 bekam sie den Hans-Rosenthal-Ehrenpreis für soziales und humanitäres Engagement verliehen. Daneben engagiert sie sich für die Welthungerhilfe und besuchte im Juli 2015 Projekte der Hilfsorganisation in Uganda. Im November 2016 wurde sie in das Kuratorium der Welthungerhilfe gewählt.

Privates

Gesine Cukrowski lebt mit ihrer 2001 geborenen Tochter und ihrem Lebensgefährten, dem Drehbuchautor Michael Helfrich, in Berlin. Nach dem Tod der Schauspielerin Susanne Lothar im Juli 2012 übernahmen Cukrowski und Helfrich die Vormundschaft für eines der Kinder aus der Ehe Lothars und des 2007 verstorbenen Ulrich Mühe, mit dem Cukrowski von 1998 bis 2007 in der Krimiserie Der letzte Zeuge zusammengearbeitet hatte.

Filmografie

Kino

Fernsehen

Fernsehfilme

Fernsehserien und -reihen

Theater (Auswahl)

Hörbücher

  • 2006: Der vierzehnte Stein. von Fred Vargas, fünf CDs, Regie: Joachim Kerzel.
  • 2007: Hals über Kopf. von Kathy Reichs, Random House Audio Köln, ISBN 978-3-86604-447-0, 6 CDs, 448 Min.

Hörspiele

Auszeichnungen

Literatur

  • Manfred Hobsch, Ralf Krämer, Klaus Rathje: Filmszene D. Die 250 wichtigsten jungen deutschen Stars aus Kino und TV. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-511-2, S. 90 f.
Commons: Gesine Cukrowski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Gesine Cukrowski: Leben und Werk. In: Kino.de.
  2. 1 2 3 4 Gesine Cukrowski, in: Internationales Biographisches Archiv 38/2018 vom 18. September 2018, im Munzinger-Archiv, abgerufen am 18. September 2018 (Artikelanfang frei abrufbar)
  3. 1 2 Gesine Cukrowski. Profil und Vita bei Castupload.com.
  4. Wolfgang Höbel: THEATER: Der Krieg der Tröpfe. In: Der Spiegel. Nr. 35, 1998 (online).
  5. Archiv / Stücke / Porträts: Wir lieben und wissen nichts von Moritz Rinke (Memento des Originals vom 20. Januar 2021 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. Fernseh-Interviews, Handlung, Kritiken bei renaissance-theater.de.
  6. Gesine Cukrowski. In: zdf.de. 27. Dezember 2010, abgerufen am 28. Januar 2018.
  7. 1 2 3 4 Rainer Tittelbach: Interview Gesine Cukrowski in: Eine Robbe und das große Glück. In: Tittelbach.tv. 14. September 2007, abgerufen am 1. April 2020.
  8. FearDotCom. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 3. März 2022 (englisch).
  9. Die Spielerin: Filmhandlung und Hintergrund. In: Kino.de (mit Szenenfoto von Gesine Cukrowski).
  10. Medien: Tulpen aus Amsterdam. In: Focus Online. 7. Mai 2010, abgerufen am 1. April 2020.
  11. Gesine Cukrowski: Das war ihr schlimmstes Weihnachtserlebnis. In: Stern.de. 4. Dezember 2020, abgerufen am 4. Dezember 2020.
  12. So laut du kannst. Handlung und Besetzung. Offizielle Internetpräsenz des ZDF. Abgerufen am 5. November 2022.
  13. Gesine Cukrowski, Ann-Kathrin Kramer & Angela Winkler in "Drei Frauen aus Deutschland" – eine literarische Revue. In: sagas.de. 24. Februar 2021, abgerufen am 24. Februar 2021.
  14. 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland auf muenchner-volkstheater.de.
  15. Lydia Böhne: „Ein Jegliches hat seine Zeit“. In: westfalen-blatt.de. 23. Dezember 2021, abgerufen am 23. Dezember 2021.
  16. Neue Westfälische: Gesine Crukowski erzählt aus dem Leben von Astrid Lindgren. In: nw.de. 4. Oktober 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022.
  17. EXILE – Liebe in Zeiten des Faschismus. Abgerufen am 23. September 2023 (deutsch).
  18. Stiftung Findelbaby bei sternipark.de
  19. Gesine Cukrowski bei schlag-agentur.de. Abgerufen am 6. Januar 2016.
  20. Gesine Cukrowski erzählt auf dem Roten Sofa von ihrem Engagement für verschiedene soziale Projekte. In: Norddeutscher Rundfunk. Abgerufen am 30. November 2016.
  21. Welthungerhilfe – Kuratorium. In: https://www.welthungerhilfe.de. Abgerufen am 30. November 2016.
  22. Berliner Morgenpost – Berlin: Gesine Cukrowski. (morgenpost.de [abgerufen am 22. Januar 2018]).
  23. Biographie: Gesine Cukrowski bei wdr.de (Memento vom 21. November 2011 im Internet Archive)
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