Gewöhnlicher Wasserdost

Gewöhnlicher Wasserdost (Eupatorium cannabinum)

Systematik
Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Asteroideae
Tribus: Eupatorieae
Gattung: Wasserdost (Eupatorium)
Art: Gewöhnlicher Wasserdost
Wissenschaftlicher Name
Eupatorium cannabinum
L.

Der Gewöhnliche Wasserdost (Eupatorium cannabinum), auch Gemeiner Wasserdost, Wasserhanf und Kunigundenkraut genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Wasserdost (Eupatorium) innerhalb der Familie der Korbblütler (Asteraceae).

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Der Gewöhnliche Wasserdost ist eine sommergrüne, ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 50 bis 175 Zentimetern erreicht. Der aufrechte, kurzhaarige, erst im oberen Bereich verzweigte, reich beblätterte Stängel ist oft rötlich überlaufen. Seine kurz gestielten oder sitzenden Laubblätter sind gegenständig angeordnet und sind meist handförmig fiederteilig mit 3–5(–7) Fiedern. Die Fiederabschnitte sind lanzettlich spitz. Selten sind die Laubblätter aber auch ungeteilt. Die Blattränder sind lappig gezähnt. Als Speicherorgan dient ein Rhizom.

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von Juli bis September. Der leicht gewölbte, schirmrispige Gesamtblütenstand enthält zahlreiche, kleine, dichtstehende, körbchenförmigen Teilblütenstände. Die wenigen stumpfen und ungleich langen Hüllblätter sind dachziegelartig angeordnet. Der Körbchenboden besitzt keine Spreublätter. Die Blütenkörbchen enthalten ausschließlich vier bis sechs Röhrenblüten. Die Röhrenblüten sind aus fünf rosafarbenen, seltener weißen Kronblättern verwachsen. Aus der Blütenröhre ragen die zwei Griffeläste des gespaltenen Griffels weit heraus.

Die fünfrippigen Achänen sind 2 bis 3 Millimeter lang. Der Pappus besteht aus vielen Borsten und ist 3 bis 5 Millimeter lang.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 20.

Systematik und Verbreitung

Die Erstveröffentlichung von Eupatorium cannabinum erfolgte durch Carl von Linné.

Der Gewöhnliche Wasserdost kommt ursprünglich in ganz Europa und östlich von Europa bis zum zentralen Asien und dem Iran sowie im westlichen Nordafrika in Marokko und in Algerien vor. In Teilen Nordamerikas und in einigen Ländern des östlichen Asiens ist er ein Neophyt.

Man kann etwa zwei Unterarten unterscheiden:

  • Eupatorium cannabinum L. subsp. cannabinum: Sie kommt im gesamten oben genannten Gebiet vor.
  • Eupatorium cannabinum subsp. corsicum (Req. ex Loisel.) P.Fourn. (Syn.: Eupatorium corsicum Req. ex Loisel.): Sie kommt in Frankreich, auf Korsika sowie Sardinien und in Italien vor.

Standortbedingungen

Der Gewöhnliche Wasserdost gedeiht meist in feuchten Wiesen, Feuchtwiesenbrachen, an Ufern von Gräben und Bächen oder an Waldrändern und in Waldschlägen. Er ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Convolvulo-Eupatorietum aus dem Convolvulion-Verband, kommt aber auch in Pflanzengesellschaften des Atropion vor.

Die ökologischen Zeigerwerte nach Ellenberg sind: Lichtzahl: 7 = Halblichtpflanze; Temperaturzahl: 5 = Mäßigwärmezeiger; Kontinentalitätszahl: 3 = ozeanisch bis subozeanisch; Reaktionszahl: 7 = Schwachsäure- bis Schwachbasenzeiger; Feuchtezahl: 7 = Feuchtezeiger; Stickstoffzahl: 8 = ausgesprochener Stickstoffzeiger; Salzzahl: 0 = nicht salzertragend; Schwermetallresistenz: - = nicht schwermetallresistent.

Entsprechend der ökologischen Zeigerwerte nach Ellenberg ist der Gewöhnliche Wasserdost ein Nitrifizierungs- und Feuchtezeiger.

Fotogalerie

Ökologie

Beim Gewöhnlichen Wasserdost handelt es sich um einen Hemikryptophyten. Die Diasporen sind die Achänen, die mittels des Pappus durch den Wind ausgebreitet werden (Anemochorie).

Die Bestäubung erfolgt durch Insekten (Entomophilie). Insbesondere Schmetterlinge und Schwebfliegen sprechen auf die Blütenstände an. Selten ist auch Selbstbestäubung zu beobachten.

Der Gewöhnliche Wasserdost ist Nektarpflanze und/oder Raupenfutterpflanze für eine Vielzahl von Schmetterlingsarten. Die Attraktivität des Gewöhnlichen Wasserdosts als Nektarpflanze für unterschiedliche Schmetterlingsarten wurde darauf zurückgeführt, dass er eine Vielzahl von Blüten mit reichlich Nektar bietet, und der Nektar auf Grund der geringen Tiefe seiner Krone auch für Arten mit kürzerem Saugrüssel, z. B. für den Kleinen Feuerfalter (Lycaena phlaeas) zugänglich ist.

So bildet z. B. für den Russischen Bär (Euplagia quadripunctaria) der Nektar des Gewöhnlichen Wasserdosts im Spätsommer eine überaus wichtige Nahrungsquelle.

Die Raupen der Wasserdost-Goldeule (Diachrysia chryson), die den Namen des Wasserdosts bereits in ihrem deutschen Namen trägt, ernähren sich u. a. bevorzugt von den Blättern des Gewöhnlichen Wasserdosts.

Trivialnamen

Für den Gewöhnlichen (oder Gemeinen) Wasserdost (lateinisch früher eupatorium und Eupatorium vulgare genannt) bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Alapkraut, Albdost, Albkraut (Schlesien), Alpkraut (Elsass, bereits 1482 erwähnt), Blauwetterkühl, Bolkenskruit, Bruchwurz (Schlesien), Donnerkraut (Niederrhein, Westfalen) Dosten (Augsburg), Drachenkraut (Schlesien), lange Garbe, Gischklee (Schweiz), Grundheil, Hanfkraut (bereits 1482 erwähnt), Hertzlile, Hirschdost, Hirschgünsel (Schlesien), Hirschklee, Hirtzklee (etwa bei Adam Lonitzer), Königundkraut, Kunigkraut (Schlesien), Lämmerschwanz (Mark bei Belzig), Leberbalsam (Schlesien), braunes Leberkraut, Lebertrost, Mannskraft, Mannsliebe, Ottig, rotes Ruhrkraut (Österreich), wild Scarleye (mittelniederdeutsch), wild Scarleyge (mittelniederdeutsch), wilde Scharleie (mittelniederdeutsch), wilde Scharlige (mittelniederdeutsch), Scherze, Schlosskraut (Elsass), Schümpferblume (im Sinne von Liebhaberblume, Henneberg, Franken), wilde Salbei, wilde Selbe, Stundenkraut, Tosten (bereits 1587 erwähnt), Tugendblume (Schlesien), Veltsalway (mittelhochdeutsch), Waterdoust, Wasserdost, Wasserhanf (St. Gallen im Oberrheintal, Schwaben), Wasserottich (Schlesien), Wassersenf, Wetterklee, Wetterkraut und Heidnisch Wundkraut.

Illustrationen

Siehe auch

Literatur

  • Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). 2. korrigierte und erweiterte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2007, ISBN 978-3-8001-4990-2, S. 478.
  • Konrad von Weihe (Hrsg.): Illustrierte Flora. Deutschland und angrenzende Gebiete. Gefäßkryptogamen und Blütenpflanzen. Begründet von August Garcke. 23. Auflage. Paul Parey, Berlin/Hamburg 1972, ISBN 3-489-68034-0, S. 1387.

Einzelnachweise

  1. BiolFlor search system. Abgerufen am 24. Januar 2020.
  2. 1 2 3 4 5 Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 908.
  3. 1 2 3 Datenblatt mit weltweiter Verbreitungskarte für Eupatorium cannabinum L. In: Plants of the World Online
  4. Datenblatt mit weltweiter Verbreitungskarte für Eupatorium cannabinum subsp. cannabinum In: Plants of the World Online
  5. Datenblatt mit weltweiter Verbreitungskarte für Eupatorium cannabinum subsp. corsicum In: Plants of the World Online
  6. Informationen zum Lebensraum und zur Ökologie von Eupatorium cannabinum L., Gewöhnlicher Wasserdost In: FloraWeb
  7. Schmetterlingsfutterpflanze Eupatorium cannabinum L., Wasserdost In: FloraWeb
  8. Corbet, Sarah A., Butterfly nectaring flowers: butterfly morphology and flower form. Entomologia Experimentalis et Applicata 96.3 (2000): S. 289–298; doi:10.1046/j.1570-7458.2000.00708.x
  9. Vgl. etwa Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 210 (Eupatorium).
  10. William Turner: The names of herbes (A. D. 1548). Hrsg. („with an introduction, an index of english names and an identification of the plants enumerated by Turner“) von James Britten. London 1881; Neudruck Vaduz/Liechtenstein 1965 (= English Dialect Society. Band 34), S. 104 (zu “water-hemp”),
  11. Adam Lonitzer: Kreuterbuch. Künstliche Conterfeytunge der Baeume, Stauden, Hecken, Kraeuter, Getreyd, Gewuertze […]. Hrsg. von Peter Uffenbach, Matthäus Wagner (Druck und Verlag), Ulm an der Donau 1679, S. 453.
  12. Karl Maria Schober: Die aus dem Pflanzenreich stammenden Heilmittel und die therapeutische Verwendung der wichtigsten unter diesen Drogen im Roßarzneibuch des Mang Seuter (1583). Veterinärmedizinische Dissertation München 1936, S. 41 f.
  13. Heinrich L. Werneck: Kräuterbuch des Johannes Hartlieb. Eine deutsche Handschrift um 1435/1450 aus dem Innviertel. In: Ostbairische Grenzmarken. Band 2, 1958, S. 71–123, hier: S. 80 („Eupatorium hayst wild salvey“).
  14. Lorenz Fries: Synonima und gerecht ußlegung der wörter so man in der artzny, allen Krütern, Wurtzlen, Bluomen, Somen, Gesteinen, Safften und anderen Dingen zuo schreiben ist […]. Straßburg 1519, Blatt XXIV (Eupatorium: „Wilde salbei“).
  15. Vgl. auch Gerhard Bahn (Hrsg.): Das „Lexicon plantarum“ (Handschrift 604 der Münchener Universitätsbibliothek): Ein Vorläufer der deutschen Kräuterbuchinkunabeln, Teil II (= Texte und Untersuchungen zur Geschichte der Naturwissenschaften. Band 3). Würzburg 1941 (Zugleich Mathematisch-naturwissenschaftliche Dissertation Berlin), S. 12 („Eupatorium […] salvia agrestis“).
  16. Vgl. auch Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 35.
  17. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 147 f.(online).
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